Flammen des Himmels
damit getan, Mönninck einfach niederzuschlagen. Daher holte der Soldat einige seiner Kameraden, und kurz darauf lag der Wiedertäufer gut verschnürt und geknebelt in einem Sack. Zwei Männer luden ihn auf einen Schubkarren und fuhren ihn zum Dominikanerkloster.
Weil Jacobus von Gerwardsborn nur seinen eigenen Leuten vertraute, erfuhren Magnus Gardner, dessen Sohn und die anderen Herren aus der Gefolgschaft des Fürstbischofs nichts von Mönnincks Gefangennahme. Auch widerstand der Inquisitor dem Wunsch, sich den Ketzer sofort anzusehen. Er ließ Lothar rufen und forderte diesen zu einem Spiel auf.
Da sich seine Gedanken jedoch mehr um Mönninck drehten als um Bauern, Springer, Türme, Damen und Könige, musste Lothar sich einiges einfallen lassen, um das Spiel zu verlieren. Obwohl er bisher gerne Schach gespielt hatte, hatte er das Spiel mittlerweile zu hassen begonnen. Er hätte Gerwardsborn in sechs von zehn Partien schlagen können, musste aber absichtlich Fehler begehen, um den Inquisitor nicht zu reizen. Gerwardsborn war so von seiner Überlegenheit durchdrungen, dass er sich mit einem Sieg dessen Zorn zugezogen hätte. Als er endlich schachmatt war, stand er auf und verneigte sich vor dem Inquisitor.
»Erlauben Eure Exzellenz, dass ich mich zurückziehe?«
»Gerne, mein Sohn! Geh in die Kapelle und bete zu Sankt Paulus, auf dass er dich mit mehr Klugheit auszeichnet. Du hast heute ein paar arge Fehler gemacht, die mir den Sieg zu leicht werden ließen.«
Lothar fragte sich, wie ein Mensch so von sich überzeugt sein konnte. Der Inquisitor musste doch merken, dass die Menschen um ihn herum sich nur aus Angst vor ihm und seiner Rache kleinmachten. Doch Gerwardsborn hielt sich sogar noch die Fehler zugute, die andere vorsätzlich begingen, um ihn nicht zu übertreffen.
Mit diesen Gedanken verließ Lothar das Dominikanerkloster und streifte ziellos durch die Stadt. Er hoffte, das junge Mädchen wiederzusehen, das er letztens gewarnt hatte. Auch wenn sie eine Ketzerin sein mochte, so fühlte er doch Mitleid mit ihr. Außerdem sehnte er sich nach einem Menschen, vor dem er nicht den Nacken beugen und sich selbst verleugnen musste.
8.
L othar traf zwar nicht auf Frauke, wurde aber unterwegs von einem Torwächter angesprochen.
»Verzeiht, mein Herr, aber steht Euer Herr Vater nicht in den Diensten des Fürstbischofs?«
»Das stimmt«, antwortete Lothar und fragte sich insgeheim, was der Mann von ihm wollte.
»Wisst Ihr, Herr, ich bin einer der Stadtknechte, die an den Toren Wache halten. Heute ist etwas Eigenartiges geschehen. Ein Fremder wollte die Stadt betreten, und ich habe ihn, wie vom Rat befohlen, befragt und nichts gefunden, dessentwegen ich ihm den Eintritt hätte verwehren können. Doch als ich ihn durchlassen wollte, hat ihn einer der Waffenknechte des Inquisitors in die Wachstube gerufen, und aus der ist der Reisende nicht mehr herausgekommen. Dafür hat der Waffenknecht zwei seiner Kameraden geholt und gemeinsam mit ihnen einen großen Sack weggeschafft. Nichts für ungut, aber ich denke, Euer Herr Vater sollte das wissen. Es ist gegen das Gesetz, Leute heimlich zu verhaften und dies vor den Behörden der Stadt zu verbergen.«
»Da hast du wohl recht«, stimmte Lothar dem Mann zu. »Hab Dank für die Nachricht. Ich werde sie gleich meinem Vater mitteilen. Gott befohlen!« Damit drehte er sich um und eilte zum Kloster zurück, um seinen Vater aufzusuchen.
Der Stadtknecht sah ihm nach, kratzte sich am Genick und überlegte. Da die Wachen des Inquisitors den Fremden gefangen genommen hatten, musste es sich bei diesem um einen Mann handeln, der in Verdacht stand, ein Ketzer zu sein. Nun hatte er gerüchteweise gehört, dass Hinner Hinrichs und dessen Familie ebenfalls der Ketzerei beschuldigt wurden. Wenn dies so war, würden die Männer des Inquisitors auch diese festsetzen. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie Silke Hinrichs vom Inquisitor verhört und von dessen Untergebenen gefoltert wurde.
»Silke soll er nicht kriegen!«, schwor er sich.
Er war nur ein schlichter Stadtknecht und damit keiner, dem ein Handwerksmeister wie Hinner Hinrichs die Tochter zum Weibe geben würde. Ein freundliches Wort, vielleicht sogar einen Kuss auf die Wange sollte ihr seine Warnung aber schon wert sein. Mit dieser Hoffnung schlug er den Weg zum Haus des Gürtelschneiders ein.
Auf sein Klopfen hin öffnete Frauke die Tür. Auch sie war ein hübsches Ding, aber in seinen Augen noch recht kindlich.
»Gottes
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