Flammen des Himmels
eine Ohrfeige.
»Kannst du nicht aufpassen?«, schalt sie, während Helm sich die getroffene Wange hielt.
»Ist das wahr?«, fragte er und hatte den Schlag schon vergessen.
Lothar erwürgte Helm und Faustus in Gedanken und griff unter sein Kleid, um notfalls den Dolch ziehen zu können. Dabei war ihm bewusst, dass er Fraukes Bruder niemals verletzen oder gar töten konnte.
»Du bist es!«, flüsterte Faustus und bedauerte, dass er auf dem Platz saß, der am weitesten von der Tür entfernt war. Wenn er jetzt zu fliehen versuchte, würde Lothar ihn aufhalten und umbringen.
Frauke und Silke redeten inzwischen auf ihren Bruder ein. »Wage es nicht, Lothar zu verraten! Er hat unser beider Leben und das unserer Mutter gerettet«, sagte Silke, während Frauke ihm erklärte, dass er danach nicht mehr ihr Bruder wäre und sie hohnlachend zusehen würde, wenn die Landsknechte ihn beim Sturm erschlugen.
»Ihr habt aber eine verdammt schlechte Meinung von mir!«, rief Helm empört. »Oder habt ihr vergessen, dass Lotte mich im letzten Winter mit euch zusammen gesucht und vor dem Erfrieren bewahrt hat?«
»Gut, dass du dich daran erinnerst«, antwortete Frauke spitz und funkelte dann Faustus an. »Was ich meinem Bruder gesagt habe, gilt auch für dich. Wenn du Lothar verrätst, wirst du es für den Rest deines Lebens, das dann nur noch sehr kurz sein wird, bereuen!«
Faustus kroch förmlich in sich zusammen. »Ich verrate ihn schon nicht«, sagte er weinerlich. »Ich will fliehen! Kommt denn keiner mit mir?«
»Ich überlege es mir!« Lothar erschien es die einzige Möglichkeit, sich der Rache der Wiedertäufer zu entziehen. Andererseits wollte er die Stadt nicht ohne Frauke verlassen, und die würde niemals ohne ihre Geschwister und ihre Mutter gehen.
»Wir sollten alle vernünftig sein und die Nacht ausnützen, um uns aus der Stadt zu schleichen. Frauke, wenn du zusammen mit Silke eure Mutter führst, wird sie gewiss mitkommen.«
»Sie verlässt ihre Kammer nicht mehr. Wir haben es schon versucht«, antwortete Silke.
»Ich fürchte, sie ist nicht mehr bei Sinnen. Sie spricht kaum mehr, und wenn, dann nur wirres Zeug. Manchmal vergisst sie sogar, zu essen und zu trinken. Erst gestern musste ich sie wieder füttern wie ein kleines Kind.« Frauke seufzte. Der Himmel schien es wirklich nicht gut mit ihnen zu meinen.
»Ich fliehe auf jeden Fall!«, stieß Faustus hervor. »Bis morgen muss jeder Mann und jede Frau in der Stadt verheiratet sein. Wer sich weigert, wird umgebracht!«
Frauke nickte traurig. »Das ist leider wahr! Bockelson hat heute mit eigener Hand eine Frau erschlagen, die sich geweigert hat, sein Weib zu werden. Kurz danach hat Knipperdolling eine Bürgerin umgebracht, deren Mann geflohen ist. Diese Männer kennen keine Gnade.«
Die anderen zogen den Kopf ein, und Faustus dachte, dass er dann eben auf eigene Faust die Stadt verlassen musste. Doch im nächsten Moment wurde ihm bewusst, dass er allein nicht den Mut dazu aufbringen würde.
»Komm mit mir, bitte!«, flehte er Lothar an.
Dieser schwankte und sah Frauke an. Wenn sie hier zurückblieb, würde sie ebenfalls heiraten müssen, und das wollte er keinesfalls. Doch welche Möglichkeit gab es?, fragte er sich.
»Notfalls müssen wir eure Mutter tragen«, meinte er nach einer Weile.
Unterdessen wanderte Fraukes Blick von Lothar zu ihrem Bruder und wieder zurück. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, so verrückt, dass sie ihn kaum auszusprechen wagte. »Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit. Wenn Helm Lotte heiraten würde, könnte Lothar in der Stadt bleiben, ohne entdeckt zu werden!«
»Das ist unmöglich!«, rief Lothar aus, und Helm sah sie entgeistert an.
»Bist du von Sinnen? Ich kann doch keinen Mann heiraten!«
»Es ist ja nur zum Schein, und die Ehe gilt auch nicht, da zwei Männer nicht heiraten können. Und es wäre die beste Gelegenheit für uns, zusammenzubleiben.«
Helm verzog angewidert das Gesicht. »Ich will aber richtig verheiratet sein!«
»Es steht dir frei, den fast vierzigjährigen, holländischen Drachen zu nehmen«, spottete Frauke. »Außerdem ist es nur für kurze Zeit. Wenn das hier zu Ende ist, kannst du dir ein Mädchen wählen, das dir gefällt.«
»Aber was ist mit dir?«, fragte Lothar Frauke angespannt. »Wenn du nicht heiratest, schwebst du in höchster Gefahr. Knipperdolling schlägt dir mit Vergnügen den Kopf ab, schon als warnendes Beispiel für andere!«
Fraukes Blick traf Faustus, der wie ein
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