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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gekommen waren.
    »Gut!« Krechting trat zurück und sah kurz zu Bockelson hin, der unmerklich nickte und dann das Wort erhob: »So spricht der Herr, unser Gott: Ein Versprechen den Feinden des wahren Glaubens gegenüber ist null und nichtig. Straft daher die, die es gewagt haben, Hand an den Stellvertreter unseres Herrn Jesus Christus auf Erden zu legen.«
    Mit grimmiger Miene wandte Krechting sich den Handbüchsenschützen zu. »Ihr habt den König gehört. Gebt Feuer!«
    »Nein! Ihr habt doch …«, schrie Heinrich Mollenhecke entsetzt auf.
    Dann erstickte die Salve der Schützen jedes weitere Wort. Die meisten Verschwörer sanken getroffen zu Boden. Viele waren tot, aber etliche nur verwundet. Daher ließen Bockelson und Knipperdolling sich Schwerter reichen und streckten jeden nieder, der sich noch rührte. Um zu verhindern, dass einer sich tot stellte, befahl Bockelson, allen die Köpfe abzuschlagen. Dann verließ er samt seinem engsten Gefolge den Platz.
    Frauke starrte ihm nach und fühlte nun erst, dass sie schon die ganze Zeit zitterte. Neben ihr fluchte Lothar leise vor sich hin. Ihm war klar, dass dies die letzte Möglichkeit gewesen war, die Macht der Wiedertäufer in Münster zu brechen. Doch mit ihrem unvernünftigen Vorhaben, Bockelson zu fangen und mit ihm die anderen zu erpressen, hatten Heinrich Mollenhecke und seine Männer ihre Chancen sinnlos aus der Hand gegeben und dafür mit dem Leben bezahlt.
    »Gehen wir nach Hause«, sagte Lothar.
    Während sie durch die nächtlichen Gassen schritten, lachte er auf einmal bitter auf.
    »Was ist?«, fragte Frauke besorgt.
    »Ich habe nur daran gedacht, dass Bockelson ein Narr war, seiner Rachsucht nachzugeben. An seiner Stelle hätte ich die Verschwörer gefangen genommen und verhört, um zu erfahren, wer noch mit ihnen im Bunde steht. Nun kann keiner mehr verraten, dass Helm und Faustus mit im Rathaus waren.«
    »Zwei können es«, wandte Helm ein, »nämlich Arno und Gresbeck!«
    »Die beiden werden schon aus eigenem Interesse schweigen«, antwortete Lothar und hoffte, dass er sich nicht irrte.

8.
    D ie rigorose Art, mit der Bockelson die Verschwörer hatte niedermachen lassen, brach jeglichen Anflug von Widerstandsgeist in Münster. Die Einwohner wussten nun, wie man mit ihnen verfahren würde, wenn sie den Zorn des selbsternannten Königs auf sich lenkten. Wer bislang noch heimlich darüber geschimpft hatte, wie Rothmann und Bockelson die Heilige Schrift auslegten, hielt von da an selbst in der Familie den Mund. Die Frauen, die am Brunnen jeden Morgen das Wasser holten, wagten es nicht einmal mehr, über die immer schlechter werdende Versorgungslage zu sprechen.
    An der Gesamtsituation änderte sich kaum etwas. Die Truppen des Bischofs belagerten weiterhin die Stadt und begannen, sich im Schutz eines Erdwalls der Stadtbefestigung zwischen dem Hörster- und dem Mauritztor zu nähern. Gleichzeitig feuerten die Belagerer aus etlichen Kanonen, um zu verhindern, dass die Wiedertäufer Gegenmaßnahmen ergreifen konnten.
    Allerdings verfügten die Verteidiger über weit mehr Geschütze als die Truppen des Bischofs, und so starben viele der zu den Schanzarbeiten gezwungenen Bauern und Landsknechte durch gezieltes Feuer aus der Stadt. Auch Heinrich Krechtings Handbüchsenschützen nahmen die Schanzarbeiter immer wieder aufs Korn.
    Helm, der zu den Verteidigern gehörte, die bereitstehen sollten, falls ein Ausfall befohlen wurde, begegnete an dieser Stelle seinem Vater. Im Gegensatz zu diesem war er nur mit einem Spieß und einem kurzen Schwert bewaffnet.
    Hinner Hinrichs bedachte seinen Sohn mit einem missbilligenden Blick. »So sieht man dich wieder, du Lump! Was ist das für eine Art, sich ein Weib ohne den Segen des eigenen Vaters zu nehmen? Wenn es wenigstens ein Mädchen mit Einfluss gewesen wäre. Aber so bist du an irgendeinem Landtrampel hängengeblieben! Frauke ist genauso dumm wie du, allerdings kann ihr Student, wenn er sich von Herrn Rothmann, dem Worthalter unseres erhabenen Königs, ausbilden lässt, ein Prediger unserer Sache werden. Dagegen lobe ich mir meine Silke. Die war wenigstens gescheit genug, sich den fettesten Bissen zu angeln, den es auf der Welt gibt, nämlich Seine Majestät persönlich.«
    Helm stellte erstaunt fest, dass ihn das Schimpfen und die Vorwürfe seines Vaters kaltließen und die Angst vor ihm geschwunden war. Nun sah er Hinner Hinrichs so, wie Außenstehende es taten, als einen Mann ohne besondere Gaben und ohne Mut,

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