Flammen des Himmels
Bischofs vor der Stadt und forderte die Bürger mit lauter Stimme zur Übergabe auf. Die Bedingungen waren so gestellt, dass allen, die der wiedertäuferischen Lehre entsagten, Pardon gewährt würde und sie in der Stadt bleiben dürften. Jenen, die dies nicht tun wollten, wurde freigestellt, Münster zu verlassen.
Da Frauke nach dem Tod der Mutter auch wieder an den Befestigungsanlagen mitarbeiten musste, hörte sie die Worte des Herolds und vernahm auch die Antwort, die Bernhard Rothmann diesem gab.
Der Prediger erschien in schlichter Gewandung auf der Mauer und hielt ein Blatt Papier in der Hand. Einen Augenblick blickte er die arbeitenden Frauen beifallheischend an, dann starrte er auf den farbenprächtig gekleideten Herold hinab. »Du stehst im Namen zweier Popanze hier, von denen sich einer Franz von Waldeck nennt und der andere Papst Clemens VII. Ich aber stehe für den wahrhaftigen Gott, und ich sage dir, keiner deiner Herren konnte mir einen Mann schicken, dem es gelungen wäre, meine Auslegung der Heiligen Schrift zu widerlegen. Weshalb also sollen wir kapitulieren, da Gott auf unserer Seite steht?«
Damit waren die Verhandlungen auch schon wieder beendet.
Das, was sie eben gehört hatte, verdrängte in Frauke für eine Weile sogar die Trauer um die Mutter. Sobald sie konnte, eilte sie zu Lothar, um ihm zu erzählen, was sie erfahren hatte.
»Das Angebot galt nicht Bockelson und seinen Leuten, sondern denen, die insgeheim noch zum Bischof halten. Er will uns damit sagen, dass die, die ihm zu der Stadt verhelfen, Gnade vor seinen Augen finden werden«, sagte Lothar nachdenklich.
Frauke blickte ihn fragend an. »Du meinst, Helm und Faustus sollen Arno und Gresbeck helfen?«
»Das war von Anfang an meine Meinung. Aber jetzt warte ich auf etwas anderes. Eine Belagerung ist wie ein Schachspiel. Einer macht einen Zug, und der andere reagiert darauf. Bislang konnten die Wiedertäufer jeden Zug des Bischofs mit einem eigenen beantworten. Jetzt frage ich mich, was sie als Nächstes tun werden.«
»Die einzige Möglichkeit wäre ein Ausfall. Aber dafür sind die Lager, die der Bischof um die Stadt herum hat errichten lassen, zu gut befestigt«, wandte Frauke ein.
»Das ist mir klar! Gerade deshalb habe ich Angst vor dem, was kommen wird.«
Lothar versuchte zu lächeln, um seinen düsteren Worten das Gewicht zu nehmen. Doch ebenso wie seine Geliebte wusste er, dass Bockelson, Knipperdolling und deren Vertraute über Leichen gingen, um ihr Ziel zu erreichen.
Die beiden mussten nicht lange warten, bis der nächste Zug der Wiedertäufer erfolgte. Nur wenige Tage später wurde in aller Herrgottsfrühe die Tür der Hütte aufgerissen, und mehrere Bewaffnete quollen herein. Noch bevor einer der vier etwas sagen konnte, schnauzte der Anführer der Söldner Helm an.
»Wie viele Weiber sind hier?«
»Nur meine Ehefrau und die meines Freundes Faustus«, brachte Helm mühsam hervor.
»Keine weiteren Weiber sonst?«
Helm schüttelte den Kopf. »Der ehrwürdige Prediger war der Ansicht, dass wir noch zu jung und wenig gefestigt seien, um die Verantwortung für mehr als ein Weib tragen zu können.«
»Also nur zwei Weiber! Können bleiben!« Mit diesen Worten verließ der Söldner die Hütte. Seine Männer folgten ihm, und kurz darauf hörten Frauke und die anderen, wie sie in das Nebenhaus eindrangen.
»Was geht hier vor?«, fragte Frauke und wollte zur Tür.
Doch Lothar hielt sie zurück. »Bleib hier! Es könnte sein, dass es draußen zu gefährlich ist.«
»Aber wir können doch nicht …«
»Es ist irgendetwas mit den Frauen. Ich glaube, es ist besser, wenn Faustus und ich nachsehen«, unterbrach Helm sie.
»Muss das sein?«, fragte Faustus, den das Hereinplatzen der Söldner in Panik versetzt hatte.
»Wir müssen wissen, was los ist. Komm jetzt!«, forderte Helm ihn auf und verließ die Hütte. Mit einem merklichen Zögern folgte ihm Faustus.
Nun vermochte Lothar auch Frauke nicht mehr in der Hütte zu halten und ging mit ihr hinaus. Nicht lange, da wurden sie auf eine Gruppe Frauen aufmerksam, die von etlichen Söldnern auf das nächstgelegene Tor zugetrieben wurden.
»Bruder, was geht hier vor?«, fragte Helm einen der Männer.
»Der König hat befohlen, alle überflüssigen Weiber und Kinder aus der Stadt zu treiben. Aber das wird er euch gleich selbst sagen«, erklärte der Söldner und wies auf Bockelson, der von seiner Leibwache umgeben herankam.
»Was soll das?«, rief ihm eine Frau empört
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