Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
»Bist du verrückt, Frauke? Bis jetzt ist nichts geschehen, was uns Sorgen bereiten könnte. Auch will ich nicht unseren gesamten Hausrat hier zurücklassen. Es ist schon schlimm genug, dass dein Vater nicht dazu gekommen ist, das Haus zu verkaufen! Haug kann morgen früh die wertvolleren Sachen mitnehmen. Was wir sonst noch schleppen können, teilen Silke, ich und du untereinander auf.«
    Am Entschluss der Mutter war nicht zu rütteln, das spürte Frauke. Dabei schrie alles in ihr, umgehend die Flucht zu ergreifen. Doch als sie Haug ansah, senkte dieser den Blick.
    »Du hast Mutter gehört!«, murmelte er.
    »Und was sagst du, Silke?«, fragte Frauke ihre Schwester.
    »Wir können nicht einfach davonlaufen und alles, was wir uns geschaffen haben, zurücklassen. Auch wird uns wohl heute Nacht noch keine Gefahr drohen.«
    »Möge Gott uns beistehen!«, flüsterte Frauke und beschloss, sich nicht bis aufs Hemd auszuziehen, wenn sie ins Bett ging, sondern ihr Kleid anzubehalten. Wenn wirklich etwas geschah, konnte sie vielleicht noch davonlaufen.
    Kaum hatte sie diesen Entschluss gefasst, drang Lärm von draußen herein, und jemand schlug hart gegen die Haustür.
    »Los, aufmachen! Im Namen der heiligen Inquisition!«
    »Oh Gott, sie kommen!« Frauke sprang auf wie ein erschrecktes Reh und wollte zur Hintertür laufen. Doch bevor sie diese erreichte, vernahm sie auch dort Schritte und Stimmen.
    »Wir sitzen in der Falle!«, flüsterte sie mit blutleeren Lippen und sah Haug an, der ihr gefolgt war und so wirkte, als hätte ihn der Atem des Todes gestreift.
    Im Gegensatz zu ihren Kindern bewahrte die Mutter Ruhe. »Jetzt setzt euch wieder und versucht, nicht wie verstörte Vögel auszusehen. Ich werde mit den Leuten reden.« Damit trat Inken Hinrichs in den Flur, öffnete die Haustür und blickte hinaus. Vor ihr stand Magister Rübsam und schwenkte ein Blatt Papier.
    »Ist dies das Haus des Gürtelschneiders Hinner Hinrichs?«, fragte er mit triumphierender Stimme.
    »Ja!«, antwortete Inken Hinrichs knapp.
    »Es wurde Anklage gegen Hinner Hinrichs und seine Familie erhoben, und zwar wegen Leugnung der christlichen Taufe und häretischer Wiedertäuferei«, schleuderte Rübsam der Frau entgegen.
    »Da täuscht Ihr Euch aber gewaltig! Wir sind ehrliche Christenmenschen.« Durch die Erfahrung langer Jahre gewitzt, brachte Inken Hinrichs ihre Worte mit der nötigen Empörung hervor.
    Da sie alle verräterischen Schriften ihrer Gemeinschaft beseitigt hatte, wusste sie, dass die Männer des Inquisitors nichts finden würden, und gab Rübsam und dessen Gefolge den Weg frei.
    In der Küche hatten Frauke und Haug sich so weit gefasst, dass sie den Magister zwar fragend ansahen, aber nicht übermäßig besorgt wirkten.
    Rübsam ließ seine Blicke durch den Raum wandern und zählte die anwesenden Personen. »Wo ist dein Mann?«, fragte er die Mutter.
    Erst in diesem Moment begriff Inken Hinrichs das ganze Ausmaß der hastigen Flucht ihres Mannes. Während er sich und Helm in Sicherheit gebracht hatte, waren sie selbst und die drei anderen Kinder dadurch erst recht verdächtig geworden.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie achselzuckend. »Er wollte in den Adler gehen, Bier trinken und mit anderen Meistern reden. Von dort ist er noch nicht zurückgekehrt.«
    Das war nicht ganz gelogen, versicherte sie sich. Rübsam aber wies seine Leute an, das Haus des Gürtelschneiders gründlich zu durchsuchen. Zwar fanden sie nichts, doch dies hatte der Magister erwartet und daher vorgesorgt. Unbemerkt steckte Bruder Cosmas ein Bündel mitgebrachter Ketzerschriften unter den Strohsack des Ehebetts und ließ sie Dionys kurz darauf entdecken. Dieser riss sie mit einem Aufschrei an sich und überreichte sie Rübsam.
    »Hier! Seht, Herr! Dies ist ein Aufruf von Melchior Hoffmann, sich auf das Jüngste Gericht vorzubereiten und dem himmlischen Richter all jene zu nennen, die gleich ihnen das Himmelreich zu erwarten hätten. Zudem schmäht dieser Ketzer die heilige Kirche und ihre Diener auf das heftigste!«
    Rübsam nahm das Flugblatt, warf einen Blick darauf und wandte sich dann mit höhnischem Ausdruck an Inken Hinrichs. »Damit«, rief er und hielt ihr das Blatt vor die Nase, »ist eure Schuld unzweifelhaft bewiesen!«
    Die Frau starrte auf das Papier und schüttelte mit wachsendem Entsetzen den Kopf. »Nein! Nein! So etwas haben wir nie besessen!«
    »Dann hat dein Mann es vor dir verborgen. Aber da er ein Ketzer ist, seid ihr es auch. Nehmt sie

Weitere Kostenlose Bücher