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Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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konservativen Kragen und Manschetten
für eine Anfängerin viel zu schwer zu nähen sind. Ein Hemd ohne Kragen, aber
mit einem kleinen Steg am Hals und einer gerüschten Ärmelkante ist ja auch viel
ausgefallener.«
    Â»Rüschen?« Mamma Carlotta schüttelte den Zweifel ab, der sie
überkam, und bestätigte alles, was Madame Perrette gesagt hatte, während sie
die getrockneten Tomaten, die marinierten Zucchinischeiben und die gegrillten
Auberginen anrichtete und alles mit blättrig geschnittenen Knoblauchzehen
überstreute. »Ecco! Man soll sich nicht überfordern. Ich habe meinen Kindern
früher erst Hosen mit Gummizug in der Taille genäht, bevor ich es gewagt habe,
einen Reißverschluss einzusetzen. Es ist ganz richtig, erst das Einfache zu
beherrschen, bevor man sich an etwas Kompliziertes traut.«
    Â»Das sagt Madame Perrette auch«, erwiderte Carolin.
    Â»Sie ist eine kluge Frau«, betonte Mamma Carlotta. »Und sie weiß,
was junge Männer wollen. Sören freut sich schon sehr darauf, endlich mal was
Modernes anzuziehen.«
    Kein Hauch der Verlegenheit stieg in ihre Wangen, während sie das
sagte. So etwas hatte nichts mit Lüge oder Wahrheit zu tun, sondern mit
Pädagogik. Kinder mussten ermuntert und bestärkt werden, und Erwachsene hatten
dafür gelegentlich etwas auf sich zu nehmen, was sie unter anderen Umständen
weit von sich gewiesen hätten.
    Carolin sah auf die Uhr. »Ich muss los! Biike sammeln!«
    Mamma Carlotta sprach ihr das Wort nach, das sich einfach nicht in
ihren Sprachschatz einfügen wollte. »Biike?«
    Carolin wurde ungeduldig. »Du weißt doch: Übermorgen ist
Biikebrennen. Vorher tragen alle Jugendlichen die Biikezweige zusammen. Wir
treffen uns bei einer Klassenkameradin am Hochkamp. Von dort geht’s los!« Sie
holte sich ihren dicken Schal und wickelte ihn so oft um ihren Hals, bis sie
aussah, als wäre sie akut an Mumps erkrankt. »Felix ist schon unterwegs.«
    Mamma Carlotta war empört. »Felice kommt nicht zum Abendessen nach
Hause? Niemand hat mir gesagt, dass ich heute für zwei Personen weniger kochen
soll!«
    Carolin ging zu ihr und drückte ihr einen Kuss aufs Ohr. »Nonna, wir
haben dir schon vor einer Woche gesagt, dass zwei Tage vor dem Biikebrennen
fürs Feuer gesammelt wird. Wir holen uns Bratwürste aus Käptens Kajüte . «
    Mamma Carlotta sah ihre Enkelin erschrocken an. »Dein Vater möchte
nicht, dass ihr in dieser … in dieser …«
    Â»Kaschemme, ich weiß! Aber wir wollen uns da nicht reinsetzen,
sondern nur ein paar Bratwürste rausholen. Dagegen hat niemand was.«
    Kopfschüttelnd stand Mamma Carlotta am Herd und betrachtete ihre
Vorbereitungen fürs Abendessen. Dieses merkwürdige Biikebrennen! Wie gut, dass
es das nur einmal im Jahr gab. Und wenn es nicht hielt, was es zumindest den
Syltern Jahr für Jahr versprach, dann würde sie nie wieder Ende Februar auf die
Insel kommen.
    Als Erik und Sören die Küche betraten, hatte das Ciabattabrot gerade
den Ofen verlassen und Platz gemacht für die Lasagne. Kurz darauf klingelte es
an der Tür.
    Sören grinste. »Wetten, dass Dr. Hillmot sich beeilt hat,
pünktlich zum Abendbrot mit dem Gebissabgleich fertig zu werden?«
    Er hatte recht. Und Mamma Carlottas Freude über den unvorhergesehenen
Gast war genauso überschwänglich, wie Erik es vorausgesagt hatte. »Dottore!
Welche Freude! Setzen Sie sich! Greifen Sie zu! Was hätten Sie gern? Pomodori
secchi? Oder lieber Prosciutto?« Schon steckte ihr Kopf im Kühlschrank, wo sie
einen Rest Parmaschinken vermutete, der die Vorspeisenplatte im Nu ergänzte.
    Â»Nur gut, dass Carolina und Felice heute Abend nicht mit uns essen«,
sagte sie freundlich zu Dr. Hillmot. »So wird wohl reichen,
was ich vorbereitet habe.«
    Dass Erik versuchte, Dr. Hillmot auf sich aufmerksam zu
machen, um von dem Ergebnis des Gebissabgleichs zu erfahren, bemerkte sie
nicht. Und der Gerichtsmediziner schien es nicht eilig damit zu haben. Er lobte
ausführlich das appetitliche Arrangement der Antipasti-Platte und erwähnte
mehrmals, dass Lasagne zu seinen Leibspeisen zählte. Erst als er sich die Serviette
vor den Bauch gespannt hatte, wandte er sich Erik und Sören zu, von denen die
Spannung längst abgefallen war. Dr. Hillmot war jemand, der stolz
auf seine Ergebnisse war, der sie gern

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