Flammen im Sand
präsentierte, vor allem, wenn sie so
ausgefallen waren, dass sie die Ermittlungen voranbrachten. Dann wartete er
damit keinen Augenblick länger als nötig. Dass er sich stattdessen ausgiebig
mit den Antipasti und der Aussicht auf Lasagne beschäftigte, konnte nur eins
bedeuten: Die Tote von List war nicht identifiziert.
»Ich hoffe, Sie haben wenigstens irgendwelche besonderen Merkmale
gefunden, die uns weiterhelfen können«, sagte Erik.
Dr. Hillmot blickte ihn erstaunt an. »Wozu brauchen Sie
besondere Merkmale? Der Zahnstatus hat es zweifelsfrei ergeben: Die Tote ist
Elske Pedersen.«
Sören war schlecht gelaunt. »Warum haben Sie es so eilig?
Nach fünf Jahren kommt es doch auf eine Stunde auch nicht mehr an. Wenigstens
die Lasagne hätten wir noch essen können.«
»Die Befragung wird vermutlich nicht lange dauern«, entgegnete Erik.
»Dann werde ich meine Schwiegermutter bitten, Ihnen den Rest aufzuwärmen, ehe
Sie nach Hause fahren.«
»Rest?«, maulte Sören. »Wo Dr. Hillmot am Tisch sitzt, gibt es
keine Reste.«
Als sie das Ortsschild passierten, schien Sören sich damit
abgefunden zu haben, dass seine Portion von Dr. Hillmot vertilgt werden würde.
Er wandte sich nun endlich dem Fall zu, statt dem Abendessen
hinterherzujammern.
»Zuzutrauen wäre es Jannes Pedersen schon«, sagte er.
»Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, mehrere Körperverletzungen, einmal
sogar gefährliche. Seiner Akte kann man entnehmen, dass er ein brutaler,
rücksichtsloser Kerl ist. Was er haben will, holt er sich. Notfalls eben mit
Gewalt. Wer ihm in die Quere kommt, kriegt einen drüber, und wer sich mit ihm
anlegt, erst recht.«
»Und wer sich von ihm trennen will, wird umgebracht?«, versuchte
Erik zu provozieren.
»Warum nicht?«, fragte Sören zurück. »Wenn Gefühle im Spiel sind,
werden Gewalttäter noch gewalttätiger.«
Erik schwieg, bis er seinen Wagen vor dem Geschäftshaus in der
SteinmannstraÃe zum Stehen brachte. »Aber wie sollen wir das beweisen?«, fragte
er schlieÃlich. »Nach fünf Jahren?«
Sören wollte von seiner Mutlosigkeit nicht angesteckt werden. Er
stieg aus und sah sich angriffslustig um. Der Verkaufsraum des Modeateliers war
in das dämmrige Licht der Nachtbeleuchtung getaucht, die mit dem VerschlieÃen
der Ladentür eingeschaltet wurde, und auf der anderen Seite des Hauses, im
Fahrradladen, sah es nicht anders aus. Im Februar waren kurz vor acht die
meisten Ladentüren verschlossen.
Erik und Sören traten auf die Haustür zu, die in die Privaträume von
Jannes Pedersen führte. Ein Namensschild gab es nicht neben der Klingel,
anscheinend war das nicht nötig. Dass hier Jannes Pedersen wohnte, wusste
jeder, und auf Yvonne Perrette und Geraldine Bertrand kam es anscheinend nicht
an.
Erik drückte auf den unteren der beiden Klingelknöpfe, aber nichts
geschah. Hinter den Fenstern, die zur StraÃe gingen, blieb es dunkel. Er machte
einen Schritt zurück und blickte in die erste Etage hoch. Dort war ein schwaches
Licht zu sehen, und er meinte sogar, eine Bewegung hinter der Gardine auszumachen.
Entschlossen drückte er auf den oberen Klingelknopf, und tatsächlich
surrte kurz darauf der Türöffner. Sie traten ein und standen in einem Flur, an
dessen Ende sich eine geschlossene Wohnungstür befand. Eine Treppe führte in
die erste Etage. Die Beleuchtung flammte auf, und die Tür oben öffnete sich.
»Ja, bitte?«
Erik starrte mit leicht geöffnetem Mund auf die schlanken Beine, die
auf der obersten Treppenstufe standen, auf den kurzen Rock, der knapp über den
Knien endete, und dann in das hübsche, runde Gesicht, das sich ihm entgegenbeugte.
»Wollen Sie zu mir?«
Sören hatte vergeblich auf eine Reaktion seines Chefs gewartet,
deshalb war er es, der antwortete: »Kriminalpolizei! Wir möchten zu Herrn
Pedersen.«
Wie immer und überall tat auch hier das Wort Kriminalpolizei seine
Wirkung. Eilig kam die Frau die Treppe herunter. Als sie vor Erik stand, war
sie noch attraktiver, und ihre groÃen Augen raubten ihm den Atem.
Sören schien sie zu kennen. »Madame Bertrand, wissen Sie, wo Herr
Pedersen sich aufhält?«
Sie drehte sich zu der Tür um, die in die Erdgeschosswohnung führte.
»Keine Ahnung. Aber was ist mit meiner Schwester? Ist sie nicht zu Hause?«
Das also war die Frau,
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