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Flammen im Sand

Flammen im Sand

Titel: Flammen im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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sie sich begegneten, vielleicht gar nicht auf
sie aufmerksam werden. Wenn ihre Enkelin nicht abgeholt, nicht beschützt und
erst recht nicht beaufsichtigt werden wollte, dann konnte diese Strickmütze nur
von Vorteil sein. Notfalls würde sie heimlich über Carolin wachen und ihr unbemerkt
vom Hochkamp zum Süder Wung folgen, damit ihr nichts geschah.
    Erik war mittlerweile ins Schlafzimmer gegangen, er würde nicht
mitbekommen, dass seine Schwiegermutter das Haus verließ. Zum Glück konnte sie
gerade noch verhindern, dass der Wind ihr die Tür aus der Hand riss und ins
Schloss warf. Sie schlich die Treppenstufen hinab, die zum Bürgersteig führten,
duckte sich gegen den Wind und drückte die Mütze auf den Kopf, damit sie nicht
davonflog.
    Das Haus, in dem Carolins Mitschülerin wohnte, war schon von Weitem
zu erkennen. Unzählige Fahrräder standen davor, hinter allen Fenstern brannte
Licht. Plötzlich erschien Mamma Carlotta ihre Sorge übertrieben. War es doch
ein Fehler gewesen, herzukommen, um über Carolins Sicherheit zu wachen?
Unsicher machte sie ein paar Schritte auf den Eingang von Käptens Kajüte zu.
Vermutlich hatten Carolin und ihre Klassenkameraden längst ihre Bratwürste
vertilgt, also könnte sie eigentlich dort auf einen Schlummertrunk einkehren,
ohne gesehen zu werden. Jetzt, wo sie schon mal da war …
    Dann sah sie, dass es hinter den Fenstern der Imbiss-Stube dunkel
war. Tove Griess hatte die Eingangstür wohl schon verschlossen, nach elf waren
keine Gäste mehr zu erwarten.
    Gerade wollte sie sich wieder abwenden, da entdeckte sie den
Lieferwagen. Wenn der vor der Tür stand, war Tove noch in seiner Imbiss-Stube.
Und selbst wenn er sie schon geschlossen hatte, würde er ihr noch einen Rotwein
aus Montepulciano eingießen, wenn sie nur lange genug an sein Fenster klopfte!
    Sie nahm den Wagen genauer in Augenschein. Er hatte eine neue
Lackierung erhalten, was Tove schon lange geplant, aber aus Geldmangel nie in
die Tat umgesetzt hatte. Sogar alle Buchstaben von »Käptens Kajüte« prangten
wieder an der Seite. Ob er ihr beim Rotwein aus Montepulciano verraten würde,
warum er mit einem Mal Geld für solche Maßnahmen hatte? Und warum Fietje sein
Jever nicht zu bezahlen brauchte und seinen Köm auch nicht?
    Sie trat ans Fenster. Durch die Tür, die hinter der Theke in die
Küche führte, fiel ein schmales senkrechtes Licht. Tove hielt sich also in der
Küche auf, vermutlich, um aufzuräumen. Wie sollte sie ihn auf sich aufmerksam
machen?
    Schräg gegenüber, in dem Haus, in dem die Jugendlichen sich nach dem
Biikesammeln aufwärmten, öffnete sich eine Tür, und zwei Jungen traten heraus.
Kurz darauf glimmten zwei rote Punkte auf, die beiden hatten sich Zigaretten
angezündet. Ob sie zu Käptens Kajüte herüberblickten, konnte Mamma Carlotta
nicht ausmachen, aber besser war es, sich unauffällig zu verhalten.
    Sie blieb also hinter dem Lieferwagen stehen und verzichtete vorerst
darauf, so laut an ein Fenster zu klopfen, dass Tove es in der Küche hören
konnte. Als ein Wagen in den Hochkamp einbog, machte sie einen vorsichtigen
Versuch, denn das Motorengeräusch gab ihr Schutz, aber sie hatte wohl nicht
laut genug geklopft. In Käptens Kajüte regte sich nichts.
    Erschrocken duckte sie sich, als das Brummen des Motors direkt
hinter Toves Lieferwagen erstarb. Die Fahrertür öffnete sich, jemand stieg aus.
    Mamma Carlotta kam sich vor wie ein Dieb in der Nacht, obwohl sie
doch gar nichts Böses vorhatte. Wenn man mal davon absah, dass sie Rotwein in
einer Spelunke trinken wollte, vor der Erik sie mehr als einmal gewarnt hatte.
In welche Situation hatte sie sich nur hineinmanövriert? Sie musste unbedingt
ungesehen wieder auf die Straße gelangen und dann zügig zurück in Richtung
Westerlandstraße gehen. So, als wäre sie eine Altenpflegerin, die sich um einen
Patienten gekümmert, oder eine Kellnerin, die soeben Feierabend gemacht hatte.
    Dann aber sah sie etwas, was sie an ihren Platz nagelte. Der Fahrer
des Wagens drehte sich mit einer winzigen Bewegung in Mamma Carlottas
Blickfeld. Breitbeinig stand er da, stark, muskulös, grob. Sie konnte sehen,
wie er ein Handy aus seiner Hosentasche zog und eine Nummer wählte. Kurz darauf
ertönte irgendwo hinter dem Gemäuer von Käptens Kajüte ein schwaches Signal.
Der Mann sagte: »Ich bin

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