Flammen im Sand
Hinweis, den Mamma Carlotta sofort verstand. Und es war keine
Frage, dass sie sich für diese wichtige und äuÃerst interessante Information
revanchieren musste!
Ein paar Minuten später wusste Frau Kemmertöns, dass Geraldine
womöglich auch Elske Pedersen auf dem Gewissen hatte, denn das Argument, sie
sei zu diesem Zeitpunkt nicht auf Sylt gewesen, zählte nicht mehr. »Sie lebte
in Flensburg, als Elske verschwand. Von Flensburg nach Sylt â das ist doch nur
ein ⦠wie sagt man?«
»Katzensprung!«, antwortete Frau Kemmertöns und brauchte für die
Verarbeitung dieser Erkenntnis einen weiteren Schnaps.
Es dauerte eine geraume Weile, bis Jannes Pedersen glauben
konnte, dass die Polizei nicht wegen seiner Auseinandersetzung mit Tove Griess
gekommen war.
»Das war nur eine kleine Meinungsverschiedenheit! Nichts, was die
Polizei etwas angeht!« Er baute sich breitbeinig vor der Tür auf und warf Tove,
der schleunigst zu seinem Lieferwagen gelaufen war, einen verächtlichen Blick
hinterher. Pedersen trug nur einen leichten Pullover, die Hitze seines Streites
schien ihn ausreichend zu wärmen. Jedenfalls hatte er nicht das Bedürfnis, so
schnell wie möglich ins warme Haus zurückzukehren.
Auf Eriks Wunsch, ihn und Sören einzulassen, schüttelte er energisch
den Kopf. »Diese Sache regle ich mit Tove selbst.«
»Worum geht es überhaupt?«, fragte Sören und achtete nicht auf den
vorwurfsvollen Blick seines Chefs, der in diesem Fall Pedersens Meinung war:
Das ging sie nichts an, ihr Besuch hatte einen viel wichtigeren Grund.
»Um eine Lieferung«, erklärte Jannes Pedersen. »Ich habe ihm ein
paar Werkzeuge geliefert. Steckschlüsselsätze! Was man im Fahrradhandel
benötigt, kann auch ein Gastronom gebrauchen, der seine Bude auf Vordermann bringen
will.«
»Gastronom«, wiederholte Erik spöttisch. »Aber Sie haben recht! Wenn
Sie Tove Griess zu wenig geliefert oder zu viel berechnet haben, so ist das
wirklich Ihre Sache.«
»Sag ich doch!« Jannes Pedersen kreuzte die Arme vor der Brust und
machte sich damit noch breiter.
»Wir müssen Sie sprechen, Herr Pedersen. Lassen Sie uns bitte rein.«
Ehe Pedersen protestieren konnte, ergänzte Erik: »Es geht nicht um Tove Griess,
sondern um Yvonne Perrette.«
Er beobachtete Pedersen scharf. Wenn er für den Mord an Yvonne
Perrette verantwortlich war, dann glaubte er jetzt womöglich, dass das
Biikefeuer gerade dabei war, sämtliche Spuren seiner Tat zu verwischen. Dann
fühlte er sich sicher.
Allerdings sah Pedersen in diesem Augenblick keinesfalls sicher aus.
Zögernd gab er den Weg ins Haus frei und lieà die beiden Polizeibeamten
vorausgehen. Sie betraten den kleinen Vorraum der Werkstatt, in dem es einige
Spinde für die persönlichen Gegenstände der Mitarbeiter gab, und von dort das
noch kleinere Büro. Ein improvisiert eingerichteter Raum, der genauso wenig wie
Elskes Zimmer zur teuren Ausstattung des übrigen Hauses passte. Erik hatte
einen überheizten Raum erwartet, aber zum Glück empfing ihn angenehme Kühle. Er
konnte seine Jacke geschlossen lassen. Das gab ihm die Illusion, hier nur einen
kurzen Besuch zu machen, der schnell zu einem Ergebnis führen würde.
Ohne ein Wort wies Jannes Pedersen erst auf seinen Bürostuhl, dann
auf einen niedrigen Hocker, der vor einem hohen Regal stand, damit man mit
seiner Hilfe an die Akten in den oberen Reihen gelangen konnte. Sören lieà sich
bereitwillig darauf nieder, während Erik am Schreibtisch Platz nahm. Er fühlte
sich nicht wohl auf diesem Stuhl und hätte sich lieber auf die Fensterbank
gehockt, wie Jannes Pedersen es jetzt tat. Indem er dessen angestammten Platz
einnahm, fühlte er sich dem Fahrradhändler näher, als er wollte.
Pedersen sah nun sogar ängstlich aus. Wovor fürchtete er sich? Dass
sein Plan nicht aufgegangen war? Oder war er nur in Sorge um seine
Lebensgefährtin? Erik wollte es nicht gelingen, frei von Vorurteilen an seine
Arbeit zu gehen. Hatte er sich nach dem Auffinden von Elske Pedersens Leiche
noch sagen können, dass ein gewalttätiger Mann wie Jannes Pedersen nicht
unbedingt auch ein Mörder sein musste, fiel es ihm jetzt schwer, an einen
anderen Täter zu glauben.
Pedersen sah ihn ungeduldig an. »Was ist mit Yvonne?«
»Das Biikebrennen ist vorzeitig beendet worden«, begann Erik, zog
die Beine
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