Flammen im Sand
nur
beweisen.«
Aber Sören widersprach zu seiner Ãberraschung. »Ich bin da nicht so
sicher. Diese Aufgeblasenheit, mit der er uns abgefertigt hat! Die traue ich
ihm nicht zu, wenn er wirklich der Mörder ist. Und seine Verzweiflung, als er
hörte, dass Yvonne tot ist, kam mir echt vor.«
»Verzweiflung nennen Sie dieses Gebrüll und das Bedürfnis, alles
kurz und klein zu schlagen?«
Sören nickte. »Bei dem ist das eben so. AuÃerdem wird Tove Griess
sein Alibi bestätigen, da bin ich ziemlich sicher.«
Erik blieb stehen und sah deprimiert auf seine FüÃe. »Ein Alibi, das
ein Ganove dem anderen gibt! Damit wären wir schachmatt gesetzt.«
»Tove hält anschlieÃend die Hand auf, und Pedersen steckt ihm gern
ein paar Scheinchen rein für die kleine Gefälligkeit.«
Erik wollte gerade etwas erwidern, da hörten sie den Schrei. Und
kurz darauf ein Poltern und Klirren. Erschrocken starrten sie sich an, dann
fuhren sie herum und liefen zurück. Erik rüttelte am Türknauf, doch die Tür war
verschlossen. Da wieder ein Schrei! Ein wütendes Brüllen!
Erik hob sich auf die Zehenspitzen, um durch das kleine Fenster zu
blicken, das dafür sorgte, dass das Licht vom Büro in den Vorraum fiel. Da die
Tür geöffnet war, konnte Erik sehen, wie Jannes Pedersen versuchte, mit bloÃen
Fäusten seine Einrichtung zu zerschlagen.
Das Inselblatt hatte am nächsten Morgen zwei groÃe Meldungen
auf dem Titelblatt: Sturmwarnung für Sylt! und Weibliche Leiche unter der Biike!
Der Sturmwarnung schenkte Mama Carlotta keine besondere
Aufmerksamkeit, weil sie glaubte, den Unterschied zwischen Wind und Sturm
längst zu kennen. Anders die zweite Meldung! Gierig begann sie zu lesen, immer
in der Erwartung, in der nächsten Zeile auf den eigenen Namen zu stoÃen. Ihre Augen
rasten über die Zeilen und überflogen den Artikel noch einmal, als sie am Ende
angekommen war. Vergeblich! An keiner Stelle wurde ihr Name erwähnt, nur den
des Hundes hatte die Staatsanwältin dem Chefredakteur des Inselblattes
verraten. Carlotta Capellas Tat kam in der Berichterstattung nicht vor. Wer
diesen Artikel las, musste zu der Ansicht kommen, die Staatsanwältin selbst
habe verhindert, dass ein Mord ungesühnt blieb.
VerdrieÃlich betrachtete Mamma Carlotta das Foto, das fast die halbe
Seite einnahm. Für den Chefredakteur war also die Staatsanwältin wichtiger
gewesen als die italienische Nonna, die nicht nur die Leiche entdeckt, sondern
sogar den Hund gerettet hatte, der dem Schwager der Staatsanwältin gehörte.
Aber auch diese Tatsache wurde mit keiner Silbe erwähnt. »Maledetto!«
Sie seufzte tief auf und ging zur Espressomaschine, weil nach einer
solchen Enttäuschung die Geschmacksnerven etwas brauchten, was die Seele wieder
aufrichtete. Während sie den Espresso schlürfte, wanderte ihr Blick immer wieder
zu dem Bild der Staatsanwältin, die selbstbewusst in die Kamera lächelte. Eine
gut aussehende Frau, das musste sie widerwillig zugeben, mit modischem Schick
gekleidet, das konnte Carlotta Capella als Mitarbeiterin des Modeateliers
beurteilen.
Sie lauschte ins Haus. In Eriks Zimmer rumorte es, in den
Kinderzimmern blieb es still. Kein Wunder! Nach dem Biikebrennen war schulfrei,
das galt auch für Carolin während ihres Schulpraktikums. Felix würde wohl bis
gegen Mittag schlafen, Carolin dagegen wollte den freien Tag nutzen, um sich
die Ãrmelrüschen von Sörens Hemd vorzunehmen. Sehr bedauerlich, dass sie ihrer
Enkelin dabei nicht zur Hand gehen konnte! Aber was sollte sie machen? Der
dringenden Bitte, die Erik ihr gestern Abend übermittelt hatte, konnte sie sich
nicht verschlieÃen. Obwohl sie es empörend fand, dass Geraldine Bertrand am
Tag, nachdem ihre Schwester tot aufgefunden worden war, den Laden öffnen
wollte.
Erik hatte ihr geduldig erklärt, dass man Madame Bertrand verstehen
müsse. »Es geht um ihre Existenz!«
»Sie ist nicht die Besitzerin des Modeateliers! Sie war nur die
Angestellte ihrer Schwester!«
»Aber sie fühlt sich verantwortlich für den Laden.«
»Ecco!« Seufzend hatte Mamma Carlotta sich gefügt. »Gehe ich also
morgen ins Modeatelier!«
Dass sie sich trotz ihrer Entrüstung ein wenig freute, lieà sie
nicht laut werden. Die schöne Zeit im Modeatelier war also noch nicht vorbei!
Natürlich würde sie
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