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Flammen über Arcadion

Flammen über Arcadion

Titel: Flammen über Arcadion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Perplies
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vor allem Hausfrauen und ältere Menschen den Markt besuchen. Es herrschte eine geschäftige, aber friedliche Atmosphäre, die nur von der Aufregung gestört wurde, wenn man ein Straßenkind wie Pitlit mit seinen Fingern in den Einkaufskörben oder Warenauslagen erwischte.
    An diesem Ort beherrschten Männer das Geschehen, sowohl auf Seiten der Händler als auch der Kundschaft. Nicht wenige von ihnen sahen aus, als gehörten sie irgendeiner Gang oder Gruppe von Plünderern an. Zwischen ihnen schlurften Eigenbrötler wie der alte Mann mit dem Einkaufswagen umher, einzelne, verhärmt wirkende Glücksritter, schmutzige Kinder und ein paar Wildnisbewohner, die man an ihrer vorwiegend handgefertigten Kleidung aus Wolle und Leder erkannte. Das Lachen der Leute war rauer, der Tonfall aggressiver. Doch erstaunlicherweise gab es keine nennenswerten Ausbrüche von Gewalt. Es schien eine Art unausgesprochener Marktfrieden zu herrschen. Offenbar wusste selbst der skrupelloseste Schläger, dass er ohne einen Platz wie diesen nicht lange überleben konnte.
    »Meinst du, die ganze Welt jenseits der Mauern von Arcadion sieht so aus?«, fragte Carya neben Jonan unbehaglich.
    »Nein«, sagte er. »Aber es wird viele Orte wie diesen geben. Und es wird Orte geben, an denen es noch schlimmer aussieht. Die Welt hat sich bis heute nicht vom Sternenfall und den Dunklen Jahren erholt. Arcadion war und ist sicher in den Augen vieler ein Paradies, eine Insel, in deren Mauern man durchaus ein gutes Leben führen kann.«
    »Aber zu welchem Preis?«, gab Carya zu bedenken.
    Jonan nickte gedankenvoll. Die scheinbare Idylle Arcadions wurde mit der Unerbittlichkeit erkauft, mit der der Lux Dei gegen Abweichler, Häretiker und Invitros vorging. In den Augen der normalen Stadtbewohner, die solche Wahrheiten aus ihrem Leben einfach ausschlossen, war das ein geringer Preis. Doch er stieg sprunghaft an, wenn man sich plötzlich selbst auf der falschen Seite des Ordensgesetzes wiederfand.
    Mit einem Mal kam es unten auf dem Markt in einer Ecke zu Unruhe. »Haltet den kleinen Mistkerl!«, brüllte ein Mann. Ein paar andere Stimmen trugen die Aufforderung weiter. Dann schien sich ein Handgemenge zu entwickeln.
    »Lasst mich los!«, schrie eine Jungenstimme.
    Jonan und Carya wechselten einen alarmierten Blick. »Pitlit«, sagten sie beide gleichzeitig.
    »Na großartig«, knurrte Jonan. »Du bleibst hier, ich versuche, ihn da rauszuholen.«
    »Kommt nicht in Frage«, erwiderte Carya. »Wir gehen zusammen.«
    Der Gedanke gefiel Jonan nicht, aber da sie keine Zeit hatten, um zu streiten, willigte er mit einem Nicken ein. Sie hängten sich ihre Beutel um, rutschten den Schuttberg hinunter und liefen auf den Handelsplatz zu, in dessen einer Ecke nach wie vor große Aufregung herrschte. Glücklicherweise gehörte die Ergreifung eines Straßenjungen mit allzu flinken Fingern offenbar nicht zu den großen Ereignissen eines Markttags, sodass die meisten anderen Händler und Besucher sich davon nicht stören ließen.
    »Platz da! Lassen Sie mich durch!«, rief Jonan lautstark, während er sich mit Carya im Schlepptau an den Besuchern vorbeidrängte. Das Sturmgewehr hing immer noch lose an einem Riemen an seiner Seite, aber er achtete darauf, dass die Mündung zu Boden zeigte, um niemanden nervös zu machen. Er war zwar bereit, notfalls für Pitlit zu kämpfen. Wenn sich Ärger allerdings vermeiden ließ, war ihm das nur recht.
    Sie erreichten die Quelle des Aufruhrs, einen mit einer Zeltplane überdachten Marktstand, wo ein Sammelsurium von Waren angeboten wurde. Wasserkanister und Lampenöl, Revolver und Säcke mit Saatgut fielen Jonan ins Auge. In einer Ecke parkte sogar ein erstaunlich gepflegt wirkender Pedalistenwagen. Jonan konnte sich nicht vorstellen, wer im unwegsamen Ödland ein solches Fahrzeug kaufen wollte.
    Am Eingang des Zelts stand ein kräftiger Mann, der mit seinem dunkelbraunen Bart, dem groben Wollhemd, der Lederhose und den Stiefeln wie ein Abkömmling der Piraten aussah, die an den Küsten ihr Unwesen trieben. Mit seinen breiten Pranken hielt er die Handgelenke Pitlits fest, der sich vergeblich aus seinem Griff zu entwinden versuchte. Ein Wasserkanister, zwei gerollte Wachsstoffbündel und eine aufgeplatzte Pappschachtel mit Gewehrmunition lagen auf dem Boden zu seinen Füßen. Ein paar weitere Männer hatten einen lockeren Kreis um die zwei gebildet.
    »Lass mich los, du Fettsack! Ich habe nichts getan«, zeterte Pitlit.
    »Du willst mich wohl

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