Flammen über Arcadion
Enzo. »Davon versuche ich dich ja schon lange zu überzeugen.«
»Ich will nicht in der Wildnis wohnen«, erwiderte die Frau namens Gamilia. »Ich liebe Arcadion, das weißt du. Auch wenn sich der Lux Dei alle Mühe gibt, uns diese Liebe auszutreiben.«
»Egal, reden wir nicht weiter darüber«, brummte Enzo. »Was kannst du mir noch sagen? Ein Mann namens Jonan Estarto ist bei mir aufgetaucht und behauptet, die Inquisition habe diese Carya geschnappt.«
»Es ist zumindest wahr, dass Carya wegen Hochverrats gesucht wird. Und dieser Jonan auch. Seit ungefähr einer Woche hängen in jeder Straße Steckbriefe der beiden. Man erzählt sich, Carya hätte mitten in einem Prozess auf den Großinquisitor und seine Schergen geschossen. Aber ob sie mittlerweile erwischt wurde? Hm … warte mal einen Moment. Ich möchte etwas nachschauen.« Eine Weile lang drang nur Rauschen aus dem Empfänger.
»Du kannst auch gerne reinkommen«, rief Enzo halblaut, ohne sich umzudrehen. »Ich weiß, dass du hinter der Tür stehst.«
Verlegen kam Jonan der Aufforderung nach. »Verzeihung. Ich wollte nicht stören, aber ich habe Caryas Namen gehört. Mit wem sprechen Sie?«
»Mit einer Bekannten aus Arcadion, Gamilia. Ihr gehört dort ein Café. Eine gute Seele. Ihr Laden ist ein geheimer Treffpunkt für Invitros. Jahrelang war das kein Problem. Doch jetzt musste sie in kurzer Zeit zweimal umziehen, weil irgendjemand in der Nachbarschaft unschöne Gerüchte über sie gestreut hat.« Er machte ein grimmiges Gesicht.
Die Interferenzen im Lautsprecher nahmen kurz zu. »Enzo, bist du noch da?«, fragte Gamilia.
Der alte Soldat wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Funkgerät zu. »Natürlich. Wie sieht es aus?«
»Ich habe eben die Morgenzeitung durchgeblättert. Dort habe ich eine Meldung entdeckt. › Die Verräterin Carya Diodato wurde von den Ermittlern des Tribunalpalasts in der Wildnis aufgespürt und festgenommen, wo sie sich bei einer Mutantensippe versteckt gehalten hat. ‹ Dann folgt ein bisschen Propaganda. Und hier: › Der Verbrecherin wird noch heute der Prozess gemacht, dem Großinquisitor Aidalon nach eigener Aussage persönlich vorzusitzen gedenkt. Eine Urteilsverkündung ist binnen Tagesfrist zu erwarten. ‹ «
»Was?!«, entfuhr es Jonan. »So bald schon?«
»Enzo?« Gamilia klang auf einmal verwirrt. »Wer ist da?«
»Das ist Jonan«, sagte er.
»Wir müssen etwas unternehmen!«, rief Jonan. »Die Zeit drängt. Bitte!«
»Schon gut, schon gut.« Enzo machte eine abwehrende Geste. »Gamilia. Danke für deine Informationen. Ich melde mich wieder. Wenn du Neuigkeiten in der Sache erfährst, versuch mich zu kontaktieren.«
»Das werde ich. Pass auf dich auf, Enzo.«
»Du auch.« Der Invitro schaltete das Funkgerät aus und erhob sich. »Also gut«, brummte er. »Dann wollen wir mal deine Prinzessin retten.«
»Sie helfen mir?«, fragte Jonan von freudiger Überraschung erfüllt.
»So sieht es wohl aus.«
»Ich danke Ihnen.«
»Tja, ich habe eben ein weiches Herz. Also lauf in mein Zimmer und hol deine Waffen. Erwarte mich unten am Pier. Ich muss noch ein paar Sachen zusammenpacken und meinen Leuten Bescheid geben, dass sie jemanden schicken sollen, der meinen Posten übernimmt, bis ich zurückkehre. Dann komme ich nach.«
»In Ordnung.«
Kurz darauf trafen sie sich unten bei den Booten. Enzo tauchte mit einem alten, aber gut gepflegten Motorrad auf, an dem er einen Anhänger befestigt hatte. Auf diesem standen zwei mit Seilen gesicherte Kisten. Jonan nahm an, dass der Invitro darin Werkzeug untergebracht hatte.
Mit einem flachen, floßartigen Boot setzten sie zum Seeufer über. Während Enzo das Wassergefährt unter einem Stapel Gerümpel verbarg, holte Jonan sein eigenes Motorrad aus dem Gebüsch hervor. Danach machten sie sich auf den Weg.
Die Fahrt zurück zum Dorf der Mutanten ging schneller vonstatten als die Hinreise, denn nun kannte Jonan den Weg. Vielleicht lag es auch an den beunruhigenden Nachrichten, die sie aus Arcadion erhalten hatten, dass er ein besonders scharfes Tempo vorlegte.
Daher war es noch nicht einmal Mittag, als sie bereits die schmale Straße zum Dorf der Mutanten hinaufrollten. Diese letzten Meter fuhr Jonan absichtlich langsam, um den nach dem Überfall vor zwei Tagen zweifellos nervösen Wachposten Zeit zu geben, ihn als Freund zu identifizieren.
Im Dorf herrschte rege Geschäftigkeit. Alles schien auf den Beinen und damit befasst zu sein, die Schäden des Kampfes gegen die
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