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Flammen über Arcadion

Flammen über Arcadion

Titel: Flammen über Arcadion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Perplies
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Und dennoch drohte diese in der Hand des Arztes über ihr wie das Richtbeil eines Henkers auf dem Schafott.
    Carya versuchte sich zu wehren, kämpfte gegen ihre Fesseln an. Aber es war unmöglich, diese zu lösen, auch mit der Kraft der Verzweiflung nicht. Einer der beiden Weißbekittelten hielt ihren rechten Arm fest, der andere verabreichte ihr das unbekannte Medikament. Den Stich spürte sie kaum, aber von der Stelle, an der ihr das Mittel injiziert worden war, breitete sich ein eigentümliches Kribbeln in ihrem Körper aus, das sich wie Heerscharen von Insekten unter der Haut den Arm hinauf in ihre Brust ergoss und von dort in ihren Kopf aufstieg.
    Loraldi rieb sich die Hände. »Jetzt bin ich gespannt, welche Wirkung Ihr Wundermittel hat, Signori. Ich hoffe, Sie haben recht, dass es keine unerwünschten Nebenwirkungen hat. Der Großinquisitor macht Sie einen Kopf kürzer, wenn die Angeklagte vor dem Prozess das Zeitliche segnet. Und ich … «, Loraldi warf den beiden Männern einen warnenden Blick zu, »… werde persönlich das Schwert schwingen.«
    Carya sah, dass die beiden Männer unbehagliche Blicke wechselten. »Wir verbürgen uns für unsere Arbeit«, sagte der eine Arzt.
    »Was … was ist das?«, fragte Carya, die sich zunehmend seltsam fühlte. Ihre Sinne schienen auf einmal unglaublich geschärft. Sie glaubte,jede kleinste Wölbung der Pritsche im Rücken zu spüren, und wenn sie den Arm bewegte, fühlten sich selbst die winzigen Härchen darauf wie Fremdkörper an. Das schwache Licht im Raum stach ihr plötzlich in die Augen, und die Stimmen der Männer klangen unangenehm laut.
    Gleichzeitig fiel es ihr zunehmend schwer, sich zu konzentrieren. Hatte sie gerade eben etwas gesagt? Oder hatte sie sich die Frage nur eingebildet? Warum hielt sich Loraldi auf einmal links von ihr auf? Hatte er nicht eben noch rechts gestanden?
    »Ein kleines Mittel«, sagte Loraldi, »um deine inneren Barrieren zu durchbrechen. Wärst du ein anderer Gefangener, ein Invitro gar, würde ich einfach hiermit operieren.« Wie herbeigezaubert hielt er ein glänzendes Skalpell in der Hand. »Aber Aidalon will einen öffentlichen Prozess, daher müssen wir deinen Körper schonen.« Er drehte das Skalpell auf die Spitze und setzte es ganz leicht auf Caryas Unterarm. Das feine Messer drückte sich durch ihre Haut, und ein Tropfen Blut quoll hervor.
    Heißer Schmerz, als habe ihr jemand ein glühendes Messer in den Leib gerammt, brandete ihren Arm empor, und Carya stieß einen spitzen Schrei aus.
    »Glücklicherweise«, sagte der Inquisitor im Plauderton, und auf einmal stand er einen Meter weiter in Richtung Fußende, als habe er einen Satz gemacht, »scheinen unsere Dottori hier eine wundervolle Lösung gefunden zu haben.« Er legte seine behandschuhte Linke auf Caryas Bein und schob das weißgraue Wollkleid übers Knie nach oben. »Auch wenn es sich ein bisschen wie Betrug anfühlt. So viel Wirkung und so eine geringe Ursache.« Er ließ die Skalpellspitze auf ihren nackten Oberschenkel herabsinken. Wieder floss ein Tropfen Blut. Die Schmerzen trieben Carya die Tränen in die Augen.
    »Hören Sie auf!«, schrie sie, und ihre eigene Stimme hallte seltsam in ihrem Schädel nach. »Ich kann Ihnen nichts sagen.«
    »Doch du kannst es«, gab Loraldi zurück. »Kannst es … «, echote ein zweiter Inquisitor. »Kannst es … «
    Sie blinzelte, als sich die Welt und alle Dinge darin in ihre Einzelteile aufzulösen schienen. Standen da wirklich zwei Loraldis? Nein, das war unmöglich. Warum schwankte nur alles so?
    Ein stechender Schmerz explodierte in ihrem rechten Oberschenkel. Ein langgezogener Schrei kam über ihre Lippen, der nachhallte, als befände sie sich in einem riesigen Tunnel. Der Laut geisterte von ihr fort und kehrte zu ihr zurück, brandete über sie hinweg und betäubte sie.
    » WOHER … «
    »… kommst … «
    »… du?«
    Die Frage hämmerte von mehreren Seiten auf sie ein. Eine taumelnde Gestalt richtete ein grelles Licht auf Caryas Augen, und ein Kaleidoskop von Farben brodelte durch ihre gepeinigten Sehnerven.
    » Wohin … «
    »… gehst … «
    »… DU ?«
    Vier acht , ging es ihr durch den Sinn. Oder sprach sie es laut aus? Punkt sieben zwei.
    Ein Peitschenschlag schien auf ihren Arm niederzugehen. Ihre Haut platzte auf wie die einer überreifen Tomate. Eine blutrote Feuerblume des Schmerzes erblühte vor Caryas geistigem Auge. » REDE !«, donnerte eine Stimme.
    »Fünf zwei sieben acht«, flüsterte Carya.

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