Flammen über Arcadion
genannt.« Er führte Carya und Jonan in die Küche. Auf dem Tisch standen eine Flasche Wein und ein Korb mit Weißbrot, daneben lagen eine Morgenzeitung und der Steckbrief, der Carya und Jonan zeigte. »Ich habe es vorhin gesehen, als ich die Zeitung aufschlug«, erklärte Giac.
»Verdammt, sind die schnell«, brummte Jonan in einem Tonfall widerwilliger Anerkennung.
»Hast du deshalb auf uns gewartet?«, wollte Carya wissen.
Giac nickte mit jetzt ernster Miene. »Ja. Ich war bei eurer Wohnung, Carya, aber Edoardo und Andetta sind nicht da. Eine Nachbarin sagte mir, die Inquisition habe sie gestern Nacht geholt. Was zum Teufel ist passiert? Klär mich auf, Carya. Das, was hier drauf steht, kann und will ich nicht glauben.« Er nahm den Steckbrief vom Tisch und wedelte damit in der Luft herum.
»Genau deshalb sind wir gekommen, Onkel Giac«, erwiderte Carya.
»Aber bevor wir anfangen, eine Frage«, unterbrach Jonan sie. »War die Stadtwache auf der Suche nach uns schon hier?«
Giac verzog die Miene und schüttelte den Kopf. »Nein, bis jetzt nicht.«
»Dann sollten wir nicht zu lange hier verweilen«, sagte Jonan. »Es wäre nicht gut, wenn sie uns hier fände.«
»Das wäre überhaupt nicht gut, das sehe ich auch so«, pflichteteGiac ihm bei. »Und ich habe auch schon darüber nachgedacht. Ich kenne einen Ort, wo wir uns ungestört unterhalten können.«
»Gibt es da auch etwas zu essen?«, fragte Carya. »Ich sterbe vor Hunger.« Sie sah ihn verlegen an.
»Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was wir im Augenblick dort im Schrank haben, aber ich kann uns etwas einpacken. Das geht schnell.«
Er holte ein paar Lebensmittel aus derVorratskammer und legte sie in einen Korb. Anschließend verließen sie die Wohnung. Sie liefen zur Universität hinüber, wo Giac ihnen eine Kutsche beschaffte, mit der sie das Universitätsgelände durchquerten. Bereits am östlichen Rand, nach einer erstaunlich kurzen Fahrt, befahl Caryas Onkel dem Kutscher anzuhalten und sie aussteigen zu lassen.
»Wieso sind wir die paar hundert Meter nicht zu Fuß gelaufen?«, wollte Carya wissen.
»Damit uns auf dem Campus niemand sieht«, erklärte Giac. »Unter den Studenten gibt es so viele Spitzel, dass man nicht vorsichtig genug sein kann.«
Sie überquerten die Straße und gingen auf ein großes Gebäude zu, das einen ziemlich baufälligen Eindruck machte. Obwohl ansonsten auf dem Campus viel Leben herrschte, war hier kaum ein Mensch unterwegs. Die Eingangstür war nicht abgeschlossen, aber in den dunklen Gängen war niemand zu sehen.
Carya blickte sich neugierig um. »Wo sind wir hier?«
»Im alten Gebäude für Kunst- und Literaturwissenschaft«, antwortete ihr Onkel. »Wie du vermutlich aus der Schule weißt, hat der Lux Dei nicht sonderlich viel Interesse an der akademischen Betrachtung und Lehre von Dingen, die keinen direkten Nutzen haben. Im Grunde regt mich das auf, aber in diesem Fall bin ich dankbar dafür. Denn so stört uns keiner bei dem, was wir tun.«
»Bei dem, was wir tun?«, echote Jonan argwöhnisch. »Wovon sprechen Sie?«
»Ihr werdet es gleich sehen«, sagte Giac.
Caryas Onkel führte sie eine Treppe hinunter in den Keller des Gebäudes und danach um einige Ecken und an einer langen Reihe leerer Kleiderspinde vorbei, bis sie in einer hinteren dunklen Nische des Gebäudes auf eine Tür trafen. Er klopfte zweimal kurz und nach einer kleinen Pause erneut zweimal kurz, bevor er einen Schlüssel aus der Hosentasche zog und damit die Tür öffnete.
Carya verfolgte sein Tun mit gerunzelter Stirn. So heimlichtuerisch kannte sie Onkel Giac gar nicht.
Ihre Verwunderung nahm weiter zu, als sie feststellte, dass die Räumlichkeiten, die hinter der Tür lagen, keineswegs leer waren, obwohl sich niemand auf ihr Klopfen hin gemeldet hatte. Stattdessen sah sie sich zwei Männern und einer Frau gegenüber, die allesamt den Eindruck machten, Akademiker wie Giac selbst zu sein. Die drei saßen auf einem Sammelsurium von Sitzgelegenheiten um einen niedrigen Tisch herum, tranken und rauchten. Auf dem Tisch lagen Zeitungen und einmal mehr einige Steckbriefe.
Als Giac mit Carya und Jonan eintrat, blickten die Anwesenden überrascht auf. »Liebe Freunde«, sagte Caryas Onkel. »Darf ich euch meine Nichte Carya und ihren Begleiter Jonan vorstellen – unsere Helden des Tages! Carya, Jonan, willkommen bei der Ascherose.«
Kapitel 18
B ist du wahnsinnig, Giac?« Einer der Männer, ein sehniger Kerl mit schütterem Haar und
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