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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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weniger durfte man ihm eine Gelegenheit vorenthalten, die Polizei, die ihm ebenso am Herzen lag wie Pitt, gegen ihre Feinde zu verteidigen. Überdies sah Pitt keine Möglichkeit, sein Ziel ohne Tellmans Mitwirkung zu erreichen. Er hatte niemanden sonst, dem er trauen konnte, schon gar nicht in der Bow Street. Und wenn Krieg herrschte, durfte man nicht
ausschließlich Fremde in die Schlacht schicken, um seine Freunde zu schonen. »Das ist mir bekannt«, sagte er. »Und ihm ebenfalls.«
    »Dann lassen Sie sich nicht aufhalten«, ermunterte ihn Narraway. »Ich möchte wissen, wer hinter den Anschlägen stand. War Landsborough tatsächlich der Anführer? Woher stammt das Geld für die Sprengsätze? Und vor allem, wer ist jetzt nach Landsboroughs Tod der neue Anführer? Ach, übrigens, wer hat ihn denn nun auf dem Gewissen?«
    »Das weiß ich noch nicht«, gab Pitt zu. »Carmody und Welling tun so, als seien sie überzeugt, dass es einer von uns war, was den Schluss zulässt, dass sie den Mann nicht kannten. Ein Anarchist aus einer rivalisierenden Gruppe? Einer von Simbisters Männern?«
    »Mit anderen Worten, einer von Wetrons Leuten?«, sagte Narraway kaum hörbar. »Stellen Sie das fest, Pitt. Ich will es wissen.«

    Pitt verbrachte den Rest des Tages im Umfeld der Ruinen der Häuser in der Myrdle Street. Er erkundigte sich überall nach Grover, doch war niemand bereit, viel mehr über ihn zu sagen, als dass er im mittleren der Häuser gelebt hatte und jetzt obdachlos war wie sie alle. Dass er bei der Polizei war, bestätigte ihm jeder, den er befragte, doch weiter kam er nicht. Alle waren abweisend und verschlossen und, wie er glaubte, verängstigt. Zwar sagte niemand etwas Nachteiliges über Grover, aber er sah in den Augen der Menschen, dass sie kein Mitgefühl für ihn empfanden. All das war eher dazu angetan, Carmodys Worte zu bestätigen, als sie zu widerlegen.
    Während Pitt nun tief in Gedanken versunken am Themseufer entlang der Keppel Street entgegenschritt, nahm er die Vergnügungsboote kaum zur Kenntnis, auf denen Ausflügler, die bunt geschmückte Strohhüte trugen, den Menschen am Ufer zuwinkten. Irgendwo hinter einer Flussbiegung spielte eine Kapelle, die er nicht sehen konnte. Straßenhändler boten Limonade,
Schinkenbrote und allerlei Süßigkeiten feil. In der leichten Brise, die von der Themse herüberwehte, lagen der Salzgeruch der hereindrängenden Flut, das Gelächter von Menschen, Musik und das leise Hintergrundgeräusch des Wassers, das vom Hufschlag der Pferde auf der Straße übertönt wurde.
    »Guten Abend, Pitt. Alles wie immer, wie ich hoffe?«
    Pitt blieb unvermittelt stehen. Er brauchte sich nicht umzudrehen; er wusste auch so, wem die Stimme gehörte: Charles Voisey, von Königin Viktoria in den persönlichen Adelsstand erhoben wegen des außergewöhnlichen Mutes, den er bewiesen hatte, indem er Mario Corena getötet und damit angeblich Englands Thron vor dem Umsturz durch einen der leidenschaftlichsten und radikalsten Republikaner Europas bewahrt hatte. Mittlerweile war er außerdem Abgeordneter im Unterhaus.
    Was Ihre Majestät nicht wusste und nie erfahren würde, war, dass in Wahrheit damals Voisey als Mann an der Spitze des Inneren Kreises kurz davor gestanden hatte, sein höchstes Ziel zu erreichen, das darin bestand, die Monarchie zu stürzen und auf diese Weise der erste Präsident eines republikanischen Großbritannien zu werden.
    Mario Corena hatte ihn mit seinem Dazwischentreten in eine Falle gelockt. Er hatte ihn gezwungen, ihn zu töten, um sein eigenes Leben zu retten. Das hatte Pitt die Gelegenheit gegeben, Voisey als Retter des Thrones hinzustellen und ihn zugleich in den Augen seiner Anhänger als Verräter an der republikanischen Sache erscheinen zu lassen. Ihm war klar, dass Voisey ihm das nie verzeihen würde, auch wenn er, wie es aussah, ohne die geringste Mühe auf die andere Seite gewechselt war und nahezu ohne zu zögern seine neue Stellung als Günstling der Königin dazu genutzt hatte, mit Erfolg für das Unterhaus zu kandidieren. Er kannte kein anderes Ziel als die Macht. Außer Pitt und wenigen anderen Eingeweihten hatten lediglich die Männer des Inneren Kreises seine Absicht gekannt, eine Republik ins Leben zu rufen. In den Augen aller anderen war er ein tapferer und unerschrockener Monarchist.
    Jetzt sah Pitt, wie dieser Mann lächelnd auf dem Gehweg neben der Uferstraße vor ihm stand. Auch wenn man ihn mit seiner teigigen, sommersprossigen Haut und der

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