Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
entschuldigte er sich
auch bei Heidenreich — jedenfalls schrieb er nicht mal einen Strafzettel aus,
und der Baulöwe stieg ein und fuhr davon.
    „Finde ich
empörend“, sagte Locke. „Rollere ich mit 51 Sachen durch die Stadt — sofort
haben sie mich. Und dem Heidenreich passiert nichts.“
    „51 Sachen?“
zweifelte Tom. „Da muß dich aber ein Orkan schieben. Rückenwind genügt nicht.
Nicht bei deinem Hirschkalb, dem bei 28 Sachen schon die Zunge raushängt.“
    „Sei doch
nicht so pinselig. Auf diese Feinheiten kommt’s gar nicht an. Bewiesen ist, daß
sich dieser Großklotz alles erlauben kann.“
    Tom grinste.
„Die erste Ohrfeige kriegt er nachher, wenn seine Illegalen einkassiert werden.
Vielleicht ist unser Schupo dann dabei — und jetzt nur milde, weil er weiß, was
auf Heidenreich zukommt.“
    „Wir sollten
hinfahren, sonst verpassen wir das Beste.“
    Es war nicht
mehr weit bis zur Feldkirchner Straße.
    Sie verlief
in Ost-West-Richtung, am Rande der City, und die Sonnenseite der Straße war
bereits vollgeklotzt mit Büro- und Geschäftshäusern. Die hatte man erst vor
kurzem erbaut. Also bestand kein einleuchtender Grund, sie wieder abzureißen,
um neue Bauaufträge — seitens der Stadt — zu vergeben.
    Aber
gegenüber!
    Alte
Mietskasernen hatten dort das Auge beleidigt. Die hatte man abgerissen — ohne
Rücksicht auf Rentner und kleine Leute mit schmalem Geldbeutel, die nur schwer
eine neue Wohnung fanden, die sie bezahlen konnten.
    Gegenüber
also, auf einer Großbaustelle, entstand jetzt das Spiegelbild von der Sonnenseite
der Straße, und Heidenreichs Otto leitete dieses gewaltige Vorhaben.
    Ein Bauzaun
— nicht ganz so lang wie die Chinesische Mauer — schirmte zur Fahrbahn hin ab.
    Locke und
Tom fanden keinen Parkplatz, stellten ihre Roller schließlich ins Parkverbot
und hofften auf einen ebenso milden Schupo wie den von vorhin.
    Hand in Hand
schlenderten sie am Bauzaun entlang — bis dort hin, wo das Tor war. Unermüdlich
lieferten Lastwagen Material an. Einige Bauten waren fast fertig, andere halb,
mehrere erst im Entstehen begriffen.
    Tom — der
mit dem Gedanken liebäugelte, einstens seine Brötchen, und den Kaviar, als
Architekt zu verdienen — war befähigt, seiner Freundin mit fachlichen
Erklärungen zu dienen: im Interesse ihrer geistigen Abrundung.
    Er zeigte
ihr, was das ist: ein Stahlbetonskelett, der Rahmen, die Randbalken,
Betonfette, der Unterzug, die Voute, Schüttwand und Glattstrich, Verschwertung
und Spundwand.
    Locke sagte:
„Jaaahhh! Ehern! Sehr interessant. Pfui Teufel! Da pinkelt ein Arbeiter in
einen komischen Kübel.“
    „Das ist
kein Kübel. Das ist eine Betonmischmaschine. Dieses Ferkel! Warum geht der
nicht auf den Abort. Jede Baustelle hat die tragbaren Häuschen. Dort, dort, und
dort! Naja.“
    Sie hatten
das Gelände betreten. Draußen hing ein Schild, das Unbefugten das Betreten
strengstens untersagte. Aber hier kümmerte sich niemand um die beiden.
Vielleicht hielt man sie für Neffe und Nichte von Heidenreich, die ihren Onkel
mal in voller Aktion erleben wollten.
    Denn Otto
Heidenreich war da.
    Er stand im
vierten Stock auf einer Stahlbetondecke, trat soeben — höchst unwillig — gegen
herausspießende Anschlußeisen und redete mit einer Handvoll Männer, die wie
Vorarbeiter aussahen.
    Locke und
Tom verzogen sich hinter einen Zementsilo.
    „Allzu viele
sind noch nicht da“, sagte Locke.
    „Stimmt.“
    „Das heißt,
Koracs Arbeitskolonnen werden noch erwartet.“
    „Stimmt.“
    Ganz in
ihrer Nähe teilten Brettertrennwände Berge von Zuschlagstoffen ab: Kies und
Sand mit verschiedener Korngröße.
    „Die Polizei
ist auch noch nicht da“, meinte Locke.
    „Logisch!
Die kommt erst, wenn die Illegalen kommen.“
    Und die
kamen — und zwar jetzt!
    Drei Busse
rollten durchs Tor. Es waren Busse von anno Tobak, vom Rost zernagt und
klapprig. Ein Wunder, daß der TÜV die noch zuließ, falls er sie zuließ.
    Die Busse
wurden gesteuert von drei bekannten Gesichtern: Avdi Korac, der den ersten
chauffierte, Mollai und Luka.
    Sie hielten.
    „Sind
vollgepfropft bis obenhin“, stellte Locke fest. „Schlachtvieh dürfte man sooo
nicht transportieren.“
    „Es sind
doch nur Menschen“, meinte Tom bitter. „Da kommt’s nicht so drauf an.“
    Die
Illegalen stiegen aus, vielmehr: schubsten, stießen und boxten sich gegenseitig
ins Freie. Jeder offenbar hatte Platzangst in den überfüllten Vehikeln.
    „Du“, sagte
Locke. „Den, den und

Weitere Kostenlose Bücher