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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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schon.
    Er starrte
die Frau an. Ihr Gesicht schien zu schrumpfen.
    Sein Blick
bändigte sie — wie der Dompteur eine Raubkatze. Aber noch immer schwebte die
glühende Spirale über seiner Hand.
    „Treten Sie
zwei Schritt zurück!“ sagte er.
    Sie rührte
sich nicht.
    „Treten Sie
zurück!“
    Es war fast
lächerlich, wie sie schielte. Das war kein Silberblick mehr, das war eine
Betrachtung der Nasenspitze. Stand dort die Entscheidung?
    Vorsichtig
richtete er sich auf. Nur keine Hektik, um bei dieser Verrückten keinen Reflex (unwillkürliche
Bewegung) auszulösen.
    Denn erpicht
darauf, sich mit dem Tauchsieder brandmarken zu lassen, war er trotz aller
Entschlossenheit nicht.
    In ihrem
Gesicht schien sich etwas zu lösen — wie ein Krampf.
    Langsam wich
sie zurück — schräg nach rechts, wo dann ein Sessel den Krebsgang stoppte.
    Gunter griff
mit der zweiten Hand zu und wälzte sich über die Fensterbank. Er trat auf das
Kabel, und der Stecker des Tauchsieders rutschte aus der Wandbuchse. Die
Spirale glühte ab.
    Erst jetzt
wurde ihm bewußt, daß er in der rechten Hand — immer noch — den abgerissenen
Papierfetzen hielt.
    Ein Blick
genügte. Es handelte sich um den hektographierten ( vervielfältigten )
Text eines Erfahrungsberichts über biologische Nahrungsmittel.
    Eine
nützliche Sache, zweifellos. Aber diesmal sehr zweckentfremdet.
    Wieder sahen
sie sich an.
    „Ich...
ich... hätte es nicht tun können“, stammelte sie.
    „Hat Honold
die Todesfalle gebaut?“
    Sie nickte.
    „Extra für
mich?“
    Wieder
stummes Nicken.
    „Was hat er
gegen mich, daß er so weit geht?“
    „Sie...
Sie... verfolgen ihn. Und... letzte Nacht haben Sie das Schimmelhaus
angezündet.“
    Gunter
lehnte sich an die Wand. Zum Teufel mit diesem Glibbergefühl in den Knien!
Woher kam das nur? Zu viel Arbeit? Zu wenig Fitness? Werde ab sofort mehr
Tennisspielen! dachte er — und dann: Ach so! War ja eben in Lebensgefahr.
    „So“, sagte
er. „Habe ich also das Schimmelhaus angezündet. Ich war zwar zwischen elf und
eins, nachts, in der Weinstube ,Zur letzten Lese’ und kann als Zeugen nicht nur
meine Verlobte anführen, sondern noch eine Reihe honoriger Kupfernasen. Aber
Honold, dieser Arsch, weiß es offenbar besser.“
    „Er... er
weiß es von... Korac.“
    „Aha. War
der hier?“
    „Nein. Nicht
nochmal. Nur als er mich...“ Sie stockte.
    „Ach so!
Dann verdanken Sie dem das Hörnchen am Haupt?“
    „Ja“,
antwortete sie matt. „Er war das. Und Bossert, sein Freund.“
    Sie öffnete
die Hand und ließ den Tauchsieder fallen. Schwäche überkam sie, und sie sank
auf den Sessel.
    Gunter
fragte diesmal nicht, ob sie einen Schluck Wasser wolle oder eines Cognacs
bedürfe. Sein Mitleid war auf null reduziert (gemindert ).
    „Weiter im
Text, wertes Fräulein! Honold weiß es also von Korac.“
    „Weil der
doch anrief...“
    Nach und
nach erfuhr er von ihr, in welches Lügengespinst dieser Korac ihn verwoben
hatte: ihn, Locke und Tom.
    Damit war
der traute Dialog ( Zwiegespräch ) nicht beendet. Aber es schellte, und
Gunter schleppte das Früchtchen zur Gegensprechanlage. Vielleicht kehrte Honold
zurück, wollte aber nicht gleich hereinplatzen, sondern erstmal hören, wie es
stehe.
    Doch Lockes
Stimme antwortete.
    „Hier ist
Nina Rehm! Ich will meinen Vater sprechen.“
    „Wieso bist
du nicht in der Schule?“ fragte Gunter in die Sprechrippen.
    „Denkst du,
wir lassen uns das entgehen, wenn du als Fassadenkletterer an Hochhäusern
herumturnst.“
    „Dann ist
Tom also auch da. Kommt hoch!“ Er drückte auf den Summer.
    Claudia
bediente sich an der Hausbar. Gunter paßte auf, daß sie nur Cognac nahm und
nicht etwa E 605 (tödliches Gift), um sich so den Folgen ihrer Tat zu
entziehen. Aber sie schien mit mildernden Umständen zu rechnen, und nach dem
dritten Doppelten war sie wieder ganz fröhlich.
    Locke
umarmte ihren Papi und überfiel ihn mit einer Sturzflut von Fragen. Auch Tom
machte ein neugieriges Gesicht.

    Gunter
schilderte ihnen, was geschehen war.
    Die Schoeffe
verkroch sich fast in ihrem Sessel, als sie die Blicke der beiden Teens auf
sich spürte.
    „Sie sagt,
sie hätte es nicht tun können“, sagte Gunter. „Ich will das mal glauben. Viel
fehlte allerdings nicht mehr, und der Mord hätte stattgefunden. So viel!“
    Mit Daumen
und Zeigefinger markierte er den Abstand zwischen einer glühenden
Tauchsiederspirale und seinem Handrücken.
    Wieder
wandte er sich an die Frau.
    „Eins müssen
Sie mir noch

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