Flammenbraut
jagen.«
»Haha, lustig.« Theresa rieb sich die Augenbrauen. Die wenigen Stunden Schlaf, die sie daheim noch bekommen hatte, hatten nicht viel gebracht.
»Wenn das hier eine Fernsehserie wäre, dann hätten wir so was tatsächlich.«
»Wenn das hier eine Fernsehserie wäre, dann wäre ich zehn Kilo leichter und zwanzig Jahre jünger. Und Leo würde vom People Magazine zum Sexiest Man Alive gewählt werden.«
Die nächsten dreißig Sekunden kicherten beide, Theresa leicht hysterisch.
»Ernsthaft«, sagte sie schließlich und wischte sich die Augen trocken. »Wir haben Peggy Hall über eine Vermisstenanzeige ihrer Schwester identifiziert, die bei ihr übernachtete und auf die Kinder aufpasste, während Peggy arbeitete. Der Ehemann ist nach einem Arbeitsunfall seit zwei Monaten im Krankenhaus – irgendwas mit einem Gabelstapler –, er hat die Schwester angerufen, als seine Frau nicht zu ihrem täglichen Besuch auf dem Heimweg vom Markt bei ihm vorbeikam. Es gibt keine Akte über sie. Sie war eine reizende Frau, die sich aufgearbeitet hat, um ihre Familie zu versorgen.«
»Wow«, sagte Don, »die Schwester wird jetzt ganz schön lange auf die Kinder aufpassen müssen.«
»Wir müssen den Kerl schnappen, und das heute Nacht.« Nachdem der Mörder ein Frühaufsteher zu sein schien, war das Opfer des heutigen Tages sicher längst schon entführt worden. Jede Polizeistelle im Cuyahoga County war in Alarmbereitschaft und würde der Mordkommission jede Vermisstenanzeige des heutigen Tages weiterleiten, vor allem die von erwachsenen Männern; außerdem alle Anzeigen der letzten achtundvierzig Stunden. Die Medien veröffentlichten Warnungen vor möglichen Entführungen. Die Einwohner des Countys sollten besondere Maßnahmen für ihre Sicherheit ergreifen und auf verdächtiges Verhalten jeglicher Art achten, besonders in den Stunden zwischen Abend- und Morgendämmerung. Das brachte den Mörder möglicherweise dazu, seine Gewohnheiten zu ändern oder sich zu verstecken, was eine Festnahme wiederum erschweren würde. Doch es bestand immerhin die Chance, dass sein nächstes Opfer durch die Vorsichtsmaßnahmen vorgewarnt war und seiner Ermordung entging. »Frank wird an jeder der vier Ecken einer Quadratmeile zwischen der Fifty-fifth und Kingsbury Run Leute postieren, außerdem noch einen an der Bahnstation. Und heute Nacht wird wahrscheinlich eine Herausforderung. Das fünfte Opfer des ersten Torso-Mörders, wenn man die Frau aus dem See mitzählt, war ein junger Mann – er wurde nie identifiziert, trotz seiner vielen Tätowierungen –, und neben seiner Leiche hat man eine große Blutlache gefunden.«
Für einen Moment verlor sich Theresa in der Vorstellung der damaligen Ereignisse, bis Don sie wieder in die Gegenwart holte. »Und?«
»Er war also eines der wenigen Opfer, die auch am Fundort getötet worden waren. Die anderen hatte der Mörder fast alle woanders umgebracht, sie gesäubert und dann abgelegt. Unser Killer kann sein Opfer nicht einfach irgendwo abwerfen. Er muss es an einen bestimmten Ort bringen, es töten, enthaupten, den Kopf in die Hose einwickeln und diesen dreihundert Meter weit transportieren. Das wird schwierig werden in einem offenen Tal, das von Cops umzingelt ist.« Wenn nicht gar unmöglich, so hoffte sie, um der Stadt und um des Opfers willen. Stadtrat Greer hatte sich, nachdem die Sache mit seinem Abrissprojekt geregelt war, ein neues Betätigungsfeld gesucht und die Furcht der Stadt zu einer rechtschaffenen Empörung über die Unfähigkeit der Polizei angestachelt, vor allem aber hatte er sie und Frank explizit erwähnt. Schlimm genug, dass er sein verletztes Ego an ihr ausließ, doch Frank öffentlich zu kritisieren, weil dieser keinen Zauberstab schwingen und den Killer damit aufspüren konnte, weckte Theresas aufrichtige Empörung. Nur eine Ergreifung des Mörders würde Greers Angriffen ein Ende bereiten.
»Ich verstehe«, erklärte Don. »Der Kerl wird also mit dem Opfer der heutigen Nacht aufkreuzen, und dein Cousin und die halbe Polizei von Cleveland wird auf ihn warten.«
»Und ich auch.«
Irene Schaffer saß in einem Rollstuhl und starrte mit einem so abwesenden Gesichtsausdruck hinaus in den Sonnenuntergang, dass Theresa sich Sorgen zu machen begann – vielleicht hatte Irene gute und schlechte Tage, und heute war eben ein schlechter. Doch als sich die alte Dame umwandte und Theresa erblickte, überzog ein breites Lächeln ihr faltiges Gesicht. »Sie sind
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