Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
Vom Netzwerk:
Toilette?«
    »Ich bin nicht lange genug geblieben, um mich genau umzusehen, meine Liebe. Ich kann mich nur an Regale erinnern, rohe Holzteile aus Latten. An einem habe ich mich hochgezogen und mir dabei einen Splitter in die Hand gerammt.«
    »Was bewahrte er in den Regalen auf?«
    »Nicht viel, soweit ich mich erinnere. Flaschen und Einmachgläser wie in seinem Büro. Einen Papierstapel und eine Schreibmaschine.«
    »Irgendwelche medizinischen Instrumente? So etwas wie ein Stethoskop oder … Messer?«
    Irene grinste, um zu zeigen, dass die vorsichtige Ausdrucksweise an ihr verschwendet war. »Um seine Opfer damit zu zerstückeln? Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern, aber ich habe wie gesagt auch nicht darauf geachtet.«
    »Und dann sind Sie hinausgerannt.«
    »So schnell, wie mich meine dicken Beinchen trugen.«
    »Und Sie haben niemand sonst gesehen? Die anderen Mieter waren bereits nach Hause gegangen?«
    »Ja. Ja …« Irene nippte an ihrem Tee.
    »Sie wirken unsicher«, drängte Theresa.
    »Ich habe niemanden gesehen . Aber … oh, das war es. Der Hund.«
    »Ein Hund?«
    »Der Mann im Büro nebenan muss einen Hund gehabt haben. Er hat an der Wand neben mir gekratzt und gejault, als ob er uns gehört hätte und wusste, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Tiere wissen so etwas immer. Sie spüren es. Oder vielleicht wollte er auch nur, dass wir ihn rauslassen.« Sie schüttelte den Kopf, sodass die schlecht gefärbten Haare in alle Richtungen flogen. »Seltsam, ich hatte das alles bis jetzt vergessen. Wahrscheinlich, weil ich dachte, dass Sie Menschen meinten mit Ihren Fragen.«
    James Miller hatte in seinem Notizbuch eine Anmerkung über Hundehaare gemacht. »Und Sie sind sich sicher, dass der Hund in dem anderen Büro war? Nicht im Flur oder vor dem Gebäude?«
    »Nein, das Kratzen klang nahe, und es war eindeutig Holz, an dem gescharrt wurde. Das war deutlich zu hören.«
    »Hat er gebellt?«
    »Ja, ein- oder zweimal. Offensichtlich war niemand da, der ihn hätte hören können, außer Dr. Louis, der Bastard.«
    »Warum hätte jemand über Nacht seinen Hund im Büro einsperren sollen?«
    »Schätzchen.« Irene Schaffers Augen funkelten über ihrer Teetasse. »Damals gab es keine Alarmanlagen, die die Polizei verständigten, sobald ein Einbrecher die Tür aufbrach oder ein Fenster einwarf. Und damals gab es viele Diebe. Die Menschen waren verzweifelt.«
    »Ich verstehe. Irene, ich versuche, einen Bauplan des Gebäudes zu beschaffen, und bringe ihn mit. Dann können wir uns den Grundriss genauer ansehen.«
    »Klar, tun Sie das. Ich werde mir schon die Zeit für Sie freischaufeln können.«
    »Danke.« Theresa setzte ihre Teetasse vorsichtig auf dem mit einem Spitzendeckchen versehenen Beistelltisch ab. »Ich muss leider gehen, sonst komme ich zu spät zu meiner eigenen Geburtstagsparty.«
    »Wie alt werden Sie denn?«
    Theresa verzog das Gesicht. »Vierzig.«
    Sie hätte erwartet, dass die einundneunzigjährige Irene etwas in der Art sagen würde wie vierzig sei ja kein Alter, doch sie erwiderte nur: »Autsch.«
    »Ja, exakt.« An der Tür drehte Theresa sich noch einmal um. »Sagen Sie, Sie haben mir immer noch nicht die Geschichte von dem Bankraub erzählt.«
    Irenes Augenbrauen schoben die Runzeln auf ihrer Stirn bis zum Haaransatz. »Ich würde doch keine Bank ausrauben, meine Liebe. Ich habe niemals etwas genommen, das nicht mir gehörte, egal, wie knapp das Geld war.«
    »Aber Sie sagten doch …«
    »Ich sagte, ich habe eine umgehauen. Das ist ein Unterschied.«
    Theresa wartete, das Grinsen der alten Dame erwidernd.
    »Es war die Union National Bank auf der Euclid Avenue. Sie haben sie in den Fünfzigern abgerissen und einen Woolworth hingestellt. Mein damaliger Freund – Harold irgendwas – hat für die Abrissfirma gearbeitet, und ich habe bei ihm in der Führerkabine gesessen, als er die Abrissbirne in das Gebäude gelenkt hat.«
    »Ich verstehe. Sie haben sie auseinandergenommen.«
    »Haargenau. Jedes Mal, wenn die Kugel in die Wände einschlug, bebte die Erde, wir spürten die Erschütterungen bis in unsere Kabine, bis meine Zähne klapperten. Das Herz hat mir gegen die Rippen geklopft. Das war schon ein besonderes Gefühl.«
    »Cool.«
    »Ehrlich gesagt wurde es nach einer Weile eher langweilig. Das ging ja nicht Schlag auf Schlag, sondern man musste die Kugel nach jedem Schwung anhalten und nachsehen, was sie erwischt hatte, dann musste man entscheiden, wohin der nächste Schlag gehen

Weitere Kostenlose Bücher