Flammenbraut
sollte. Es hatte mit dem Gewicht der oberen Stockwerke und der Platzierung der Abstützvorrichtungen zu tun. Harold kannte sich damit aus, und ich wollte alles über Harold wissen. Gehen Sie immer mit interessanten Männern aus, meine Liebe. Das Leben ist zu kurz, um es an langweilige Menschen zu verschwenden.«
»Ich werde dran denken«, versprach Theresa, bevor sie sich verabschiedete.
33
Freitag, 10. September
Ein Blick sagte Theresa, dass ihre Tanten die Kontrolle über den Kuchen übernommen hatten. Wäre es nach ihren Cousinen gegangen, hätte man ihn mit schwarzer Glasur überzogen und vielleicht mit ein paar Aasgeiern, die auf ihren Beruf als Leichenfledderer anspielten. Doch ihre Cousinen waren zweifellos mit ihren Kindern und Jobs und dem Haushalt beschäftigt und hatten es daher den Tanten überlassen. Diese hatten ein rundes, weißes Etwas ausgesucht mit pinkfarbenen Rosen und gelben Hummeln. Sie fühlte sich kein bisschen jünger angesichts der Tatsache, dass der Kuchen für ein Vorschulkind geeignet gewesen wäre, und ganz sicher auch kein bisschen weniger verlegen bei der ganzen Veranstaltung.
Natürlich würde sie das nicht davon abhalten, so viel wie möglich von dem Zuckerguss zu essen.
»Steck ja nicht deinen Finger da rein«, warnte Frank sie.
»Zu spät.«
»Das macht dick.«
»Zu spät.«
»Werdet ihr denn bald einen Totenschein für Kim Hammond ausstellen?«, fragte er unvermittelt. »Ihre Mutter ruft jeden Tag deswegen bei uns an. Ich verweise sie immer an dich, doch sie ruft immer wieder bei uns an.«
Theresa ließ den Schäferhund ihrer Tante die Reste des Zuckergusses von ihrem Finger lecken. »Christine meinte, es gäbe Probleme damit – nicht mit der Todesursache, da wird sie ganz allgemein ›Gewalteinwirkung‹ eintragen und dann ›Enthauptung‹ und ›Ausbluten‹ als Ursachen angeben. Der Papierkram ist das eigentliche Problem. Bis jetzt hat sie es nicht geschafft, die Krankenakte und die Geburtsurkunde zu beschaffen.«
»Noch ein Grund, warum die Mutter dich anrufen sollte und nicht mich.«
»Dann sag ihr das.« Theresa umarmte rasch eines der vielen Kinder ihrer vielen Cousinen und wandte sich dann wieder an Frank. »Kommt ihr weiter in Kims Fall?«
»Nein.«
»Überhaupt nicht?«
Er trank einen Schluck von der roten Bowle aus einem Plastikbecher und verzog das Gesicht. Offensichtlich fehlte für seinen Geschmack ein ordentlicher Schuss Rum. »Es ist ja toll, dass sie von den Drogen losgekommen ist, aber es sieht so aus, als hätte sie dennoch nur in der Wohnung ihrer Mutter herumgesessen und ferngesehen. Soweit wir wissen, hat sie keinen Kontakt zu ihrer alten Gang aufgenommen, war nicht wieder an den früheren Treffpunkten. Ab und zu ist sie in die Innenstadt gefahren, aber keiner weiß, was sie da getrieben hat. Vielleicht war sie nur shoppen. Ihre Mutter hat erzählt, dass sie ab und zu zum West Side Market gegangen ist.«
»Wo Peggy Hall gearbeitet hat?«
»Genau. Aber niemand hat sie je zusammen gesehen.«
Eine weitere Cousine umarmte Theresa. »Alles Gute zum Geburtstag.«
»Danke.«
»Na, die Mitte wäre überschritten, nicht wahr?«
»Ja, ab jetzt geht es nur noch abwärts.« Theresa hätte über die Bemerkung sogar gelacht, wäre sie nicht von Heather gekommen, der Tochter der jüngsten und lebhaftesten ihrer Tanten. Deren Hintern würde wahrscheinlich erst seine Form verlieren, wenn sie in Rente ging, egal, wie viele hübsche und lebhafte Kinder sie noch auf die Welt brachte.
»Nun, du siehst toll aus.«
»Danke«, erwiderte Theresa. »Aber von jetzt ab werde ich immer nur für mein Alter toll aussehen.«
Frank furchte verwirrt die Stirn, denn er war ja schließlich ein Mann und verstand daher rein gar nichts von dem Gespräch.
»Man überschreitet da als Frau eine gewisse Grenze«, erklärte Theresa ihm. »Es beginnt damit, dass die Leute einen Ma’am nennen und nicht länger Miss, als ob jeder außer dir über etwas Bescheid wüsste. Dann nimmt man auf einmal nur noch zu und nicht mehr ab, und selbst wenn man sich ausschließlich von Salat ernährt, wird man nie wieder sein Gewicht aus der Highschool erreichen. Und schließlich kann man an einer Gruppe junger Männer vorbeilaufen, ohne dass einem etwas nachgerufen wird.«
»Deprimierend«, sagte Heather.
»Nun ja, das ist eigentlich das Beste am Älterwerden«, erklärte Theresa. »Manchmal mag ich es, unsichtbar zu sein.«
»Das schien auch auf Kim zuzutreffen«, sagte Frank und gab der
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