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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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getrennt hergefahren waren, wusste sie immer noch nicht mehr, wollte aber angesichts der ernsten Gesichter eigentlich auch nicht mehr wissen.
    Theresa konnte die Wellen, die ans Ufer schlugen, nicht hören, doch sie nahm den fischigen Geruch des Wassers wahr. Aus der Nähe erkannte sie, dass der Officer von der Hafenbehörde war.
    Auf den Steinen, die die Uferbegrenzung bildeten, lag die Leiche einer Frau, ihre rechte Hand trieb träge im Wasser, als ob sie die letzten Sonnenstrahlen des Sommers aufsaugen wollte. Doch war da nur ein Teil von ihr. Der Torso endete an Hals und Taille.
    Kein Unterkörper, kein Kopf.
    Diesen blutleeren Körper würde keine Sonne mehr bräunen.
    »Wow«, entfuhr es Theresa, mehr sagte sie nicht.
    »Tja«, bestätigte Angela. »So etwas sieht man nicht jeden Tag.«
    »Darauf hätte ich auch gut und gern verzichten können.« Theresa erschauderte; wegen der frischen Brise vom See, die schon einen Anflug von Winter mit sich brachte, redete sie sich ein.
    »Besteht die Chance, dass es sich hierbei um eine ganz schön verfrühte und ziemlich echt aussehende Halloween-Dekoration handelt?«
    Theresa schüttelte den Kopf. »Das hier ist definitiv ein Mensch. Oder zumindest war sie es.«
    Die Frau war dünn gewesen, sie hatte die spitzen Brüste der Jugend. Kein Schmuck, kein Nagellack, keine Verletzungen bis auf die offensichtlichen, abgesehen von einem Kratzer an ihrem linken Mittelfinger. Die Nägel waren bis aufs Nagelbett abgekaut und würden nichts über eine eventuelle Gegenwehr und fremde Hautzellen verraten können.
    Theresa ging näher heran, prüfte die Steine, bevor sie ihr ganzes Gewicht darauf verlagerte, und wappnete sich, bevor sie den zerfetzten Hals und den halbierten Körper genauer betrachtete. Auch wenn sie jeden Tag Blut und Gedärm auf dem Obduktionstisch sah, war es doch immer wieder ein Schock, dem Tod auf neue Weise zu begegnen. Die weißen Rückenwirbel, umgeben von dunkelroten Muskeln, waren nicht besonders appetitlich anzusehen und sagten ihr nicht gerade viel. Ein Pathologe würde hingegen sehr viel herauslesen können – welche Waffe benutzt wurde und wie und ob irgendwelche Spuren in der Wunde hinterlassen worden waren –, weshalb Theresa diesen Bereich besonders absichern würde.
    Frank trat vorsichtig auf die Steine hinter ihr. »Bitte sag mir, dass es ein Bootsunfall war. Sie war betrunken, ist über Bord gefallen und überfahren worden. Der Besitzer des Bootes hat es nicht angezeigt, weil er verheiratet ist und seine Frau nicht herausfinden sollte, dass er sich auf einer besonderen Vergnügungsfahrt befand.«
    Er musste nicht mehr brüllen; die Harrier war endlich gelandet, die Triebwerke waren verstummt. Jetzt konnte Theresa die Menge hören, die Geräuschkulisse aus unzähligen Unterhaltungen und Ausrufen. »Diese Einschätzung überlasse ich der Pathologie – aber ich bezweifle es. Es hängt natürlich von der Größe des Propellers ab, aber meinem Gefühl nach müsste es dann viel mehr Schnittwunden geben, und zwar von verschiedener Tiefe.«
    Frank seufzte. »Dieser Tag wird ja immer besser. Es scheint also tatsächlich mit Vorsatz geschehen zu sein – vermutlich trotzdem der Freund.«
    »Vermutlich.« Um einem Körper einen solchen Schaden zuzufügen, waren sehr viel Energie und Wut nötig. Sollte sich der Mörder nicht als der seltene Wahnsinnige herausstellen, hatte er ziemlich sicher eine persönliche Verbindung zu dem Opfer. Verbrecherorganisationen betrachteten das Köpfen zwar als abschreckende Maßnahme für ihre Feinde, doch wäre es in dem Fall absolut kontraproduktiv, die Leiche an einem Ort abzuladen, wo sie vielleicht nie gefunden wurde. Eine Enthauptung machte es sicher leichter, eine Leiche zu verstecken, doch der See kam normalerweise mit Toten aller Größen zurecht. Ein Mörder hätte sein Opfer enthaupten können, um die Identifizierung zu erschweren, doch dann hätte er wegen der Fingerabdrücke auch die Hände entfernen müssen. Dieser Killer hatte daher aller Wahrscheinlichkeit nach nichts als Hass gefühlt. Vermutlich hatte das Opfer zeit ihres Lebens viel Aufmerksamkeit vom anderen Geschlecht bekommen. Vielleicht war es irgendwann zu viel des Guten gewesen.
    »Eine persönliche Verbindung wäre in diesem Fall wirklich wünschenswert. Wenn wir sie identifizieren können, dann finden wir ihren Mörder irgendwo in ihrem Umfeld.« Angelas Optimismus klang gezwungen.
    »Es wäre auf jeden Fall hilfreich, denn die Chancen, hier

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