Flammenbrut
verfangen.
Collins stieg ebenfalls aus.
«Keine Angst», sagte er, die Hand auf dem Griff der Beifahrertür. «Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis wir ihn finden.»
Als er sich auf den Vordersitz sinken ließ, sackte der Wagen eine Spur ab. Kurz darauf fuhren die beiden wieder los, und Kate
sah sich um, ob der Weg zur anderen Straßenseite frei war.
Vor dem wolkenverhangenen Himmel zeichnete sich der schmale Schornstein des Krematoriums ab wie ein zur Mahnung erhobener
Finger.
An diesem Abend machte sie sich ein Schinken-Käse-Omelett, dazu gab es Rosenkohl und zwei Scheiben Vollkornbrot. Rosenkohl
war zwar nicht gerade ihr Lieblingsgemüse, aber er enthielt viel Folsäure, und darauf kam es während der Schwangerschaft an.
Obwohl Kate keinen rechten Appetit hatte, war das ein Anreiz, trotzdem etwas zu essen. |299| Sie war sich der Ironie bewusst, dass sie ausgerechnet jetzt, da sie so viel essen konnte, wie sie wollte, ohne dabei ein
schlechtes Gewissen zu bekommen oder gleich ins Fitnessstudio rennen zu müssen, es gar nicht mehr recht genießen konnte.
Nachdem sie aufgegessen und das Geschirr weggeräumt hatte, war es erst acht Uhr. Also ging sie ins Wohnzimmer und starrte
für ein, zwei Stunden auf den Fernseher, bis es endlich spät genug war, ins Bett zu gehen.
Ein beharrliches Schrillen riss sie aus unruhigem Schlaf. Sie tastete nach dem Wecker, um ihn abzustellen, ehe sie realisierte,
dass der Lärm aus dem Gang kam. Sie setzte sich auf. Es war noch dunkel, ohne auch nur den Hauch jenes schwachen Lichtes,
das die Morgendämmerung anzeigt. Noch benommen vom Schlaf, brauchte Kate weitere zwei oder drei Sekunden, um zu begreifen,
was sie geweckt hatte.
Es war der Rauchmelder.
Sie warf die Decken zurück und rannte in den Flur. Das Heulen der Alarmanlage wurde sofort lauter, und nun konnte sie auch
den Rauch riechen, der den Alarm ausgelöst hatte. Sie knipste die Flurbeleuchtung an und musste in dem grellen Licht blinzeln.
In der Luft lag ein leichter, grauer Dunst, aber von einem Feuer keine Spur.
Kate rannte ins Wohnzimmer. Es war so, wie sie es hinterlassen hatte, dunkel und still. Der Geruch des Rauchs war dort schwächer.
Sie lief wieder hinaus, um in der Küche nachzusehen, und bemerkte dabei, dass der Rauch im Flur bereits dichter geworden war.
Als sie an der Treppe vorbeikam, ließ ein Geräusch sie nach unten blicken.
Unter der Wohnungstür quollen Rauchschwaden hindurch. Der Fuß der Treppe lag im Dunkeln, aber hinter der durchscheinenden
Katzenklappe war ein helles Leuchten |300| zu sehen. Die Katzenklappe war einwärtsgebogen, als hätte der Wind sie zugeweht und die Hitze des Feuers sie auf die andere
Seite gedrückt. Das Plastik zog bereits die ersten Blasen.
Kate machte auf dem Absatz kehrt und rannte in die Küche. Sie drehte beide Wasserhähne voll auf, um die Abwaschschüssel zu
füllen, ließ sie laufen und stürzte unterdessen zum Telefon. Mit zitternden Händen wählte sie 999.
«Notdienst, welche Abteilung wünschen Sie?»
«Feuer. Meine Wohnung brennt.»
Eine Sekunde später hatte sie eine andere Stimme am Apparat. Kate versuchte, die Panik aus ihrer Stimme zu verbannen, konnte
aber nichts gegen das Beben unternehmen, während sie die Situation schilderte. Im Hintergrund heulte immer noch der Feueralarm.
«Befindet sich außer Ihnen noch jemand im Haus?», fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung, eine Frau.
«Nein.» Jetzt war Kate dankbar dafür, dass die andere Wohnung leerstand.
«Können Sie raus?»
«Nein, die Wohnungstür steht in Flammen, zum Teufel nochmal!»
Sie hörte die Panik in ihrer Stimme, aber die Telefonistin blieb ruhig und gab Kate Anweisung, in ein Zimmer mit Blick zur
Straße zu gehen, die Tür zu schließen und das Fenster zu öffnen.
«Bleiben Sie am Fenster, damit man Sie sehen kann», sagte die Telefonistin. «Und hängen Sie ein Handtuch oder irgendetwas
als Kennzeichen raus.»
Der Rauch war noch dichter geworden und hatte durch das schmelzende Plastik der Katzentür jetzt eine giftige |301| Schärfe angenommen. Hustend legte Kate auf und rannte wieder in die Küche. Die Waschschüssel war übergelaufen, und ohne die
Hähne abzudrehen, nahm Kate sie mit beiden Händen auf und taumelte damit hinaus. Wasser spritzte auf das T-Shirt , das sie nachts trug. Endlich stand sie oben an der Treppe und kippte die Schale aus. Ohne abzuwarten, welche Wirkung das
hatte, stolperte sie durch den Flur
Weitere Kostenlose Bücher