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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Sieche und Irre. Vor einigen Jahren hatte Fürst Perjan Lomis das verrufene Viertel räumen lassen. Die Stadtgarde sorgte dafür, daß sich niemand mehr in den heruntergekommenen Häusern niederließ.
    Im Herzen des Viertels der Träumer lag ein vergessener Friedhof. Ein flechtenumrankter Steinbogen markierte den Eingang; dahinter führten Pfade in verschiedene Richtungen ab, eingeschlossen von hohen Mauern, die keinen Blick auf das Meer zuließen. Die verfallenen Mauern kündeten vom Niedergang des Friedhofs. Zwischen ihnen schlich eine Gestalt umher, ein großgewachsener Mann in einer Priesterkutte. Zielstrebig huschte er durch die engen Gassen.
    Rumos Rokariac schlug die Kapuze der Kutte zurück, während er über die Geröllhaufen hinwegstieg. Sein Blick wanderte über die ihn umgebenden Mauern hinweg. Mannshohe Steinplatten waren in die Wände eingelassen; sie trugen verwitterte Schriftzeichen, alte gyranische Lettern. Auf dem Friedhof hatten die Besatzer ihre Toten bestattet. Hinter jeder Steinplatte ruhte ein Leichnam, dessen Gesicht dem Wasser zugewandt war; denn das Meer war den Gyranern heilig.
    An der kommenden Wegbiegung führte eine Treppe abwärts. Sie bestand aus wenigen Stufen, und diese waren halb zerschlagen und mit Moos überwachsen. Sie endete vor der Rückwand des Kalkfelsens. Fünf Grabplatten waren in den Felsen eingelassen; offenbar handelte es sich um die Ruhestätte einer reichen Familie. Rumos stieg langsam die Stufen herab und stellte sich vor der mittleren Platte auf. Ihre Inschrift war im trüben Licht kaum zu entziffern.
    »Ich wußte, daß ich es wiederfinde«, murmelte Rumos. Er tastete den oberen Rand der Steinplatte ab. Schließlich fanden seine Finger eine Vertiefung, zerrten an einem verborgenen Ring. Ein Knirschen ertönte. Staub löste sich von der Oberseite der Platte. Dann glitt sie mit einem schleifenden Geräusch zur Seite und gab die Sicht auf eine Höhle frei.
    Rumos senkte das Haupt und trat ein. Die Höhle war leer; ihre Wände waren mit Salzkristallen überzogen. Im einfallenden Licht glitzerten schmutzige Verfärbungen unter der Salzschicht. Auf der hinteren Wand der Höhle prangte eine pechschwarze Zeichnung - die Umrisse einer menschlichen Gestalt. Ihr Kopf war nichts als ein Oval, ohne Augen, ohne Mund. Sie hatte die Hände erhoben, als wollte sie den Eindringling grüßen. Rumos Rokariac entnahm der Tasche seines Gewandes ein Stoffbündel. Vorsichtig wickelte er einen Gegenstand aus. Es war ein graues Knochenstück. Auf der Oberseite war das Symbol einer verblühenden Rose eingebrannt. »Der Ort, an dem alles seinen Anfang nahm«, wisperte der Zauberer. »Der Ort, an dem ich mich von meiner Schwäche befreite und die Ewige Flamme in mir erweckte.« Er starrte auf den Boden und fand dort einen dunklen Fleck, der den salzigen Untergrund färbte. »Der Ort, an dem ich verraten wurde und den Tod besiegte.« Seine Finger umkrallten das Knochenstück. Dann sprach Rumos mit dunkler Stimme einen Vers:
»Der Rosenstock trägt keine Blüten mehr und Mondschlund schweigt noch herrscht der Tag doch bald sinkt schwer die Finsternis in unsre Sinne und hüllt in Schatten, was kein Mensch erblicken darf…«
    Risse bildeten sich auf dem salzigen Gestein, zogen sich wie ein Spinnennetz über die Höhlenwände, und die pechschwarze Zeichnung erwachte zum Leben; die Konturen der aufgemalten Gestalt krümmten sich, zogen sich zusammen und dehnten sich wieder, erst langsam, dann in immer schnellerem Wechsel, gleich dem Zucken eines verwundeten Tieres, das mit den Gliedern um sich schlug. Eine Stimme schwoll an, ein Jammern aus weiter Ferne: »Wer stört mich… wer quält mich aufs neue, läßt mich nicht zur Ruhe kommen…« Es klang wie das Geheul eines geprügelten Hundes.
    Rumos richtete das Knochenstück gegen die Wand. »Erkennst du mich nicht? Erkennst du nicht den, der dich aus sich erschaffen hat?«
    Die Stimme wurde deutlicher und verzweifelter. »Du bist es…Rumos, mein Herr…mein Herr Rumos…ja, nun erkenne ich dich…« Die schwarzen Linien wollten nicht zur Ruhe kommen, wanden sich auf dem Gestein. »Es wäre eigenartig, wenn du mich vergessen hättest«, höhnte Rumos. »War es nicht ich, der dich an diesen Ort fesselte? Bist du nicht ein Teil von mir, unsterblich wie ich und ewig an mich gebunden?«
    »…ewig an dich«, klagte die Erscheinung, »an meinen Herrn Rumos, an Rumos, meinen Herrn…ja, ich erkenne dich.. .lange warst du fort, viele Jahre…« Flehend hob

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