Flammende Sehnsucht
würde sagen, er sieht mir aus wie einer, der gerade noch mit heiler Haut davongekommen ist. Ja, wie einer, der um sein Leben rennt.«
»Er hat einfach erkannt, dass wir nicht zusammenpassen.« Sie zwang sich zu einem unbeschwerten Ton, als spiele das alles keine Rolle. Das tat es natürlich auch nicht. Er war ganz und gar nicht das, was sie sich unter einem Ehemann vorstellte.
»Was er schon nach wenigen Minuten festgestellt hat, wie?«
Christian zog skeptisch eine Braue in die Höhe.
»Vielleicht solltest du mir noch mal schildern, wie nett du zu ihm warst.«
»Nett, netter, am nettesten«, murmelte sie.
Christian schnaubte ungläubig. »Was immer du über ihn gehört haben magst, Berkley ist eine hervorragende Partie.«
»Ich hab’s schon gehört, als du es mir zum ersten Mal gesagt hast, und du kannst es noch hundert Mal wiederholen, und ich werde trotzdem nichts drauf geben. Du weißt ganz genau, dass ich keine Lust habe, einen Lebemann zu heiraten oder zu bekehren.«
»Ich hab das schon hundert Mal von dir gehört und wage zu behaupten, dass ich es noch hundert Mal hören werde.« Christian lächelte süffisant. »Und ich werde weiterhin nichts darauf geben.« Er schob sich den Käse in den Mund.
»Die Art, wie ihr - du, Leo und Drew - fortwährend mei-ne Ansichten und Wünsche im Hinblick auf einen eventuellen Ehemann ignoriert, ist allmählich nur noch öde.« Sie schnaubte frustriert. »Warum glaubt ihr immer noch, dass ich zu dumm bin, in einer Angelegenheit, die für mein weiteres Leben eine so große Bedeutung hat, meine eigenen Entscheidungen zu treffen?«
»Ganz im Gegenteil, Schwesterherz, wir halten dich für gescheiter, als gut für dich ist. Wir glauben, dass du zu viele Meinungen hast und einige davon völlig abwegig sind.
So glaubt zum Beispiel jeder außer dir, Cass, dass bekehrte, auf den Pfad der Tugend zurückgeführte Lebemänner die besten Ehemänner abgeben. Das ist sozusagen Gemeingut. Schließlich werde ich selbst irgendwann einmal ein ausgezeichneter Ehemann werden. Irgendwann in ganz ferner Zukunft.«
Er schenkte ihr das unwiderstehliche Lächeln, das all ihren Brüdern gemeinsam war. Das Lächeln, das er seiner Mutter zufolge der Gunst Fortunas verdankte. Das Lächeln, bei dem arglose Frauen weiche Knie bekamen und mit dem unzählige Männer von zweifelhaftem Ruf gesegnet waren.
Cassie war alles andere als arglos.
»Ich beneide das närrische Weib nicht - wer immer sie auch sein mag -, die es sich vornimmt, dich zu einem tugendhaften Gatten zu bekehren«, sagte sie resolut, konnte aber ein zärtliches Lächeln nicht ganz unterdrücken.
Sie hatte ihre Brüder wirklich gern, alle drei; sie waren sehr unterhaltsam, auch wenn sie ihr Verhalten nicht immer billigte. Wenn sie es recht bedachte, und das Thema hatte sie in letzter Zeit häufig beschäftigt, hatten sie eine Menge damit zu tun, warum sie sich für Männer von schlechtem
Ruf und Charakter nicht interessierte. Natürlich waren Leo, Drew und Christian im Großen und Ganzen gar nicht übel, aber Cassie hatte all die Jahre über beobachtet, wie sie eine Bahn durch die Gesellschaft schlugen und eine Spur aus gebrochenen Herzen hinterließen.
Dennoch hatte sie kaum Mitleid mit jenen armen irregeleiteten Geschöpfen, die sich nach ihren Brüdern verzehrten. Das Wesen dieser Männer war kein Geheimnis, und jede Frau, die sich mit ihnen einließ, kannte die Folgen und verdiente sie.
Nur eine Närrin konnte sich mit Männern wie ihren Brüdern einlassen. Ihr Blick wanderte zurück zu Berkley. Oder einem wie ihm. Cassandra Effington aber war keine Närrin. Sie kannte diesen Männertyp so gut, wie sie sich selbst kannte.
Lange hatte sie irgendwo im Hinterkopf den Verdacht gehegt, ihre erklärte Abneigung gegen Lebemänner, Männer von üblem Ruf, sei nur eine List. Dass sie sich in Wirklichkeit von Männern, die stets am Rande des Skandals schlitterten, sogar stark angezogen fühlte. Von Männern, die wie ihre Brüder nach ihren eigenen Regeln lebten. Männer, die unzuverlässig, aber charmant waren. Männer, die ihr das Herz brechen würden.
Männer wie Lord Berkley einer war. Er war gefährlich. Sehr gefährlich, und sie tat gut daran, ihn in Zukunft zu meiden - was sicher nicht schwierig war angesichts ihres liebenswürdigen Verhaltens ihm gegenüber.
Es war am besten so: Der Mann, den sie sich wünschte, der ideale Mann, Lord Perfect, wartete irgendwo in der Zukunft auf sie. Und sie war überzeugt, dass sie sich
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