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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Kraft.«
    Laut quietschend löste sich der festgenagelte Kistendeckel. Angel legte das Brecheisen beiseite und streifte ein Paar feiner, glatter Lederhandschuhe über. Bruchglas besaß schärfere Kanten als jedes Rasiermesser.
    »Sei vorsichtig«, sagte Derry.
    Sie warf ihm einen Dulderblick zu. Er grinste nur und zuckte mit den Schultern.
    Keiner von beiden hatte bemerkt, daß Hawk, angelockt vom Geräusch der quietschenden Nägel, im Türrahmen ihres Studios aufgetaucht war.
    »Das Zeug ist höllisch gefährlich«, meinte Derry und beäugte mißtrauisch die Kiste.
    »Nur wenn man nicht aufpaßt.«
    »Und wer hat dich verbunden, als du dich das letzte Mal geschnitten hast?« fragte er trocken.
    »Ich«, meinte Angel, ohne aufzublicken. »Du warst nämlich gerade in Vancouver und hast mit deinen Kumpels einen draufgemacht.«
    »Das ist eine Verleumdung!«
    »Die nackte Wahrheit.«
    Angel warf ein Häufchen Verpackungsmaterial beiseite und stieß einen entzückten Laut aus.
    »Jess hat mir einen ganzen Haufen Preßglas geschickt!« rief sie begeistert.
    Aufgeregt, aber dennoch vorsichtig, wickelte sie die Stücke eins nach dem anderen aus und sortierte die jeweils größten Scheiben nach Farben in ein offenes Regal, das sich über eine ganze Studiowand erstreckte.
    Der größte Teil des Bruchglases bestand aus Preßglas, einem Billigglas, das sie gerade wegen seiner Fehler schätzte. Eine einzige Preßglasscheibe wies unzählige Variationen in Material, Dicke und Farbe auf. Preßglas verlieh ihren Buntglaskreationen eine Tiefe, die Angel immer wieder begeisterte.
    »Das Ding sieht ja teuflisch aus«, sagte Hawk.
    Überrascht warf Angel ihm einen Blick über ihre Schulter zu. Dann wandte sie sich wieder der etwa serviertablettgroßen Glasscheibe zu, die sie gerade in den Händen hielt. Die Grundfarbe war Purpurrot, und ihre Schattierungen reichten von Blaßrosa bis fast Schwarzrot. Wirbel, Wellen und Blasen durchbrachen willkürlich die glatte Oberfläche des Glases.
    Angel machte eine anmutige Drehung und hielt die Scheibe ins Licht des großen Nordfensters. Sofort erwachte das Glas zum Leben, purpurrotes Licht in allen Schattierungen durchflutete den großen Raum und verbreitete eine eigenartige, wundervolle Atmosphäre.
    »Ein herrliches Stück«, sagte sie und ließ die Scheibe langsam sinken.
    »Aber fehlerhaft«, sagte Hawk.
    »Wie das Leben. Oft machen gerade die kleinen Fehler seine Schönheit aus.«
    Hawk wurde auf einmal ganz still. Nicht nur Angels Worte hielten ihn gefangen, sondern auch die Flut farbigen Lichts, die den Raum noch einmal in ein Kaleidoskop von Rottönen tauchte, bevor Angel das einzigartige Stück in ein Fach mit anderen violetten Glasscherben legte. Hawk sagte nichts, doch er beobachtete sie mit einer Intensität, die seine zu Schlitzen verengten Augen wie leuchtende, hellbraune Glassplitter erscheinen ließ.
    Angel merkte nichts davon. Sie hatte soeben eine besonders ungewöhnliche Scherbe in der Kiste entdeckt.
    »Was ist denn das?« fragte sie und wühlte eilends das Verpackungsmaterial beiseite.
    Zwischen all den Preßglasscheiben befanden sich auch ein paar Glasscheiben, die nicht eingefärbt, sondern aus farbigen Schichten zusammengefügt worden waren. Die dominierende Farbe des Zweischichtenglases bestand aus einem erstaunlich klaren, satten, kastanienbraunen Ton. Unter der dünnen, leuchtend braunen Glasschicht befand sich eine Schicht aus bronzefarbenem Glas. Wenn man die obere Schicht mit Säure verätzte, dann schimmerte die Bronzeschicht durch und verlieh dem Braunglas mehr Tiefe und Brillanz.
    »Wie Falkenfedern, die in der Sonne glänzen«, murmelte Angel.
    Oder die Goldflecken in Hawks Augen.
    Sie sagte es jedoch nicht laut, denn sie fühlte, daß Hawk sich ihr näherte, daß er in der nächsten Sekunde bei ihr sein würde. Ein warmes Prickeln überlief Angel, ein Schaudern, das sie nicht kontrollieren konnte.
    Je häufiger sie mit ihm zusammen war, desto mehr fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Sie wußte nicht, ob es ihm ebenso ging. Sie konnte sein Schweigen nicht deuten.
    Hawk schritt, angezogen von der Schönheit des Glases und von der des Mädchens, zu Angel. Er trat so dicht an sie heran, daß er ihr Haar über seine Brust streichen fühlte, als sie den Kopf zu ihm umwandte.
    »Entspricht das hier mehr Ihrem Geschmack?« fragte sie.
    Sie wich leicht vor ihm zurück und hielt das durchsichtige, tiefbraune Glas ins Licht des Nordfensters.
    Es funkelte wie ein

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