Flammender Himmel
ein Mann wie du je verstehen könnte«, sagte sie ruhig. »Wenn Eagle Head verkauft wird, geht das ganze Geld an Derry. Alles. Aber das kannst du nicht glauben, nicht? Dein gutes Recht, Hawk.«
Angel blickte auf die Hand, die ihr Handgelenk umklammert hielt. Ihre Stimme klang ruhig, ihr Ton endgültig.
»Laß mich los.«
Er starrte sie einen Moment lang wortlos an, dann gab er sie frei. Als sie die Kajütentür hinter sich zugezogen hatte, wurde ihm bewußt, daß er ihr am liebsten gefolgt wäre, sie in den Arm genommen und die Leere aus ihren Augen und aus ihrer Stimme vertrieben hätte.
Erst dann wurde ihm klar, daß er ihr glauben wollte, daß er glauben wollte, daß sie ihn ohne Hintergedanken angelächelt, mit ihm gesprochen hatte, mit ihm zusammengewesen war, daß sie ihn meinte und nichts anderes, wenn ihre Augen ihn voller Leidenschaft und Sehnsucht anblickten.
Plötzlich verfluchte er sich, verfluchte seine eigene Dummheit so heftig wie schon seit langem nicht mehr.
Ich habe an meinem achtzehnten Geburtstag alles gelernt, was es über Frauen zu wissen gibt. Die Lektion ist mir seitdem noch einige Male eingebleut worden. Bin ich wirklich so dumm, daß ich mit fünfunddreißig noch eine Auffrischung brauche?
Die Tatsache, daß Angel, was ihre Jungfräulichkeit betrifft, nicht gelogen hat, bedeutet noch lange nicht, daß sie auch ansonsten ehrlich ist.
Hawk rollte zur Seite und griff nach seinen Kleidern. Da sah er Angels frisches Blut auf seinem Unterleib. Eine Woge von Gefühlen übermannte ihn in der einen Sekunde, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Selbst für dieses winzige Anzeichen von Schwäche haßte er sich.
Jungfräulichkeit bedeutete gar nichts. Alle Frauen fingen einmal so an. Angel hatte einfach nur länger als andere gebraucht, um ihren Preis festzulegen.
Aber was war ihr Preis?
Die Frage senkte sich wie mit Klauen in sein Herz, packte und zerdrückte ihn, sobald er sich abwenden wollte.
Wenn nicht Geld, was dann ? Was hatte Angel über Derry gesagt? Daß sie ihm etwas schuldig war...
Plötzlich fielen ihm ihre Worte wieder ein: Ich schulde Derry mehr, als ein Mann wie du je verstehen könnte.
Ihre Jungfräulichkeit zum Beispiel? fragte sich Hawk mit zorniger Verachtung. Ein kleiner Gefallen für einen fetten Deal?
Sein Mund verzog sich zu einer kalten, zynischen Grimasse. Angel unterschätzte ihn, wenn sie dachte, er würde nichts verstehen. Er verstand sehr wohl. Sie war genauso wie die anderen. Keinen Deut besser.
Und wenn ihm bei diesem Gedanken schlecht wurde und die Wut erneut in ihm hochschoß, dann war das sein Problem. Er war alt genug, um es besser zu wissen. Alt genug, um nicht auf eine süße Fassade mit traurigen grünen Augen hereinzufallen.
Hawks Weltbild, das vorübergehend ins Wanken geraten war, stand wieder stark und fest. Er fühlte sich besser.
Dann riß ihn das Geräusch des Anlassers aus seinen Gedanken. Er zog sich rasch fertig an, öffnete die Tür zum Ruderhaus und trat Angel gegenüber.
»Ein bißchen spät zum Angeln, oder?« fragte er zynisch und wies mit einer unbestimmten Handbewegung auf die Sterne, die durch die Bullaugen funkelten.
»Ja.«
Sie achtete darauf, daß die Positionslichter eingeschaltet waren, bevor sie sich ihren Weg zwischen den großen und kleinen Booten, die in der Bucht vor Anker lagen, hindurch bahnte. Sobald sie die Bucht hinter sich gelassen hatte, erhöhte sie die Geschwindigkeit, blieb jedoch weit unter dem Tempo, das sie bei Tageslicht gefahren wäre und das sie fahren wollte.
Fliegen. Fliehen. Sich in Luft auflösen.
Aber das waren nur Wunschträume. Die Realität sah anders aus. Angel mußte den Weg bis zum Campbell River zurück schaffen und dann die Fahrt mit dem Wagen zum Haus, bevor sie sich auf ihr Zimmer flüchten konnte.
Der Gedanke allein überstieg beinahe ihre Kräfte. Stumm kämpfte sie gegen die Emotionen, die sie zu zerreißen drohten.
Immer nur eine Minute nach der anderen. Diese Minute. Bloß diese.
»Du willst unseren kleinen Ausflug also frühzeitig beenden?« fragte Hawk.
»Ja.«
»Und was ist mit Derrys Grundstücksverkauf?«
Hawk sah einen Anflug von Emotion über Angels bleiches Gesicht huschen. Die Tatsache, daß er richtig geraten hatte, was ihren Preis betraf, machte ihn noch wütender.
»Was ist mit all dem, was du Derry schuldest?« fragte er.
»Entweder du kaufst Eagle Head, oder du kaufst es nicht«, erwiderte sie ruhig.
»Keine Führung, kein Geschäft, schon
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