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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Schultern. Hawk konnte ja ebensogut Derry fragen. Auf jeden Fall war’s kein Geheimnis.
    »Derry möchte Arzt werden«, sagte sie. »Das bedeutet sechs bis zehn Jahre Studium. Er wurde in Harvard angenommen, bekam jedoch kein Stipendium, denn theoretisch ist Derry wohlhabend.«
    »Eagle Head.«
    »Ja.«
    »Ich verstehe.«
    »Wirklich?« fragte Angel und blickte Hawk durchdringend an. »Laß mich doch mal sehen, ob du die Sache tatsächlich im rechten Licht siehst.«
    Sie holte tief Luft und wappnete sich gegen die Dinge, die sie nun sagen mußte.
    »Es ist nicht etwa eine kindische Laune von Derry«, sagte Angel. »Meine Eltern sind nach dem Unfall sofort tot gewesen, Derrys Mutter aber nicht. Sein Bruder auch nicht. Derry hat sie alle rausgezogen - und dann Zusehen müssen, wie sie verbluteten, weil er nicht genug über Erste Hilfe wußte.«
    Hawks Miene war vollkommen ausdruckslos, vollkommen unbewegt, seine Augen fast schwarz. Da war etwas, das er fragen wollte, aber er wußte nicht, wie er’s formulieren sollte, ohne Angel noch mehr Kummer zu bereiten.
    »Und du?« fragte er schließlich leise. »Warst du bei Bewußtsein, als Derry euch aus dem Wrack zog?«
    »Ja. Ich konnte Derry auch nicht helfen.«
    Angel hörte die Frage, die in Hawk brannte und von der er nicht wußte, wie er sie stellen sollte. Sie wußte jedoch, wie sie zu beantworten war.
    Und sie wußte auch, wie weh ihr die Antwort tun würde.
    Derry. Derry braucht Hawk, sagte sich Angel. Es ist wichtig, daß Hawk versteht.
    »Mein Schlüsselbein war zertrümmert, meine Rippen gebrochen, und ich hatte mehrfache Frakturen an beiden Beinen«, sagte sie tonlos. »Derrys Mutter war bewußtlos. Sein Bruder hatte dieses Glück nicht. Und ich lag da, konnte mich nicht bewegen und hörte zu, wie Grant -«
    Ihre Stimme erstarb. Als sie wieder sprechen konnte, klang sie wie tot.
    »Als es schließlich vorbei war«, sagte Angel langsam, »hat Derry geweint und sich die Fäuste auf dem Asphalt blutig geschlagen. Auch dagegen war ich machtlos.«
    »Angel«, murmelte Hawk sanft und fuhr mit den Fingerspitzen zart über ihre Wange. Er bereute seine Frage und den Schmerz, den er ihr damit zugefügt hatte.
    Sie wich vor ihm zurück.
    »Derry hat sich danach geschworen, Arzt zu werden und das Leben anderer zu retten als Ausgleich für das Leben der Menschen, die er nicht hat retten können«, sagte Angel. »Das ist seine Art, mit einem Leben fertigzuwerden, das grausam genug war, ihn unverletzt zu lassen, damit er Zusehen konnte, wie seine Mutter verblutete und sein Bruder unter Höllenqualen starb.«
    Sie blickte auf und hielt den Atem an. Sie hatte genug Kummer und Schmerzen gesehen, um sie jetzt in Hawks bewegtem Mienenspiel erkennen zu können.
    »Du magst Derry wirklich, nicht wahr?« sagte sie überrascht. Sie hätte nie gedacht, daß Hawk zu soviel Gefühl fähig wäre. »Er mag dich auch. Gott allein weiß, warum«, fügte sie stirnrunzelnd hinzu.
    Sie hatte die lässig-humorvolle Art, mit der Derry Hawks messerscharfe Zunge akzeptierte, nie verstanden.
    Hawks Züge verschlossen sich wieder.
    »Vielleicht erinnere ich Derry ja an Grant«, meinte er.
    »Du bist kein bißchen wie Derrys Bruder.«
    »Ach?«
    Hawks hochgezogene schwarze Braue irritierte Angel.
    »Grant war fähig zu lieben«, sagte sie kühl.
    »Dann muß er geliebt worden sein«, gab er zurück.
    »Was meinst du damit?«
    »Grants Mutter hat ihn geliebt. Derry hat ihn geliebt. Du hast ihn geliebt.«
    »Ja.« »Das muß schön gewesen sein«, meinte Hawk schlicht.
    Seine Stimme war ausdruckslos, seine Worte mehr als eine einfache Feststellung, mehr als Spott; es muß schön sein, geliebt zu werden.
    »Und du wurdest ebenfalls geliebt, nicht wahr, Angel? Von deinen Eltern, von Grant, von Derry, sogar von Carlson. Auf ihre spezielle Weise liebten und lieben sie dich alle.«
    »Ja«, flüsterte Angel. »Und ich liebe sie.«
    »Liebe, die Liebe erzeugt. Ein leuchtender, magischer, in sich geschlossener Kreis.«
    Hawks Gesichtsausdruck veränderte sich. Böse Erinnerungen, die sich wie Krallen in sein Hirn gruben.
    »Aber deine Eltern -«, begann sie und brach ab.
    Hawks hartes Lachen ging ihr durch und durch, schmerzte sie so, wie es ihn schmerzen mußte. Sie streckte die Hand aus, wie um ihn zu berühren.
    »Hawk«, flüsterte sie, »nicht.«
    Doch dann begann Hawk zu sprechen, und was er sagte, war noch schlimmer als sein Lachen.
    »Meine Mutter war im sechsten Monat schwanger, als sie meinen Vater

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