Flammender Himmel
einmal kurz.
»Nicht viele Männer könnten einen Namen wie diesen tragen. Sie können es. Kommen Sie herein, Hawk.« Dann fügte sie trocken hinzu: »Du auch, Angie. Der Tee ist schon fertig.«
Ein fetter orangefarbener Kater schlängelte sich gefährlich schnell um Mrs. Careys Gehhilfe herum, während sie ihren Gästen zur Küche voranging. Schließlich konnte es Angel nicht länger mit ansehen. Sie bückte sich und nahm den schweren Kater auf die Arme.
»Tiger, du hast einfach keinen Verstand«, schimpfte sie vorwurfsvoll.
Sie rieb das Kinn sanft über den Kopf des Katers. Der Kater betrachtete Angel aus seinen weisen, gelben Katzenaugen, stupste sie einmal mit der Nase an und sprang dann wieder von ihrem Arm. Angel versuchte nicht, ihn aufzuhalten. Mrs. Carey setzte sich nämlich soeben hin und war somit nicht länger in Gefahr, ein zweites Mal über das große Pelztier zu stolpern.
»Würdest du bitte das Einschenken übernehmen?« fragte Mrs. Carey. »Muß wohl letzte Nacht auf meinen Händen geschlafen haben. Irgendwie wollen sie heute morgen gar nicht recht aufwachen.«
Angel warf Mrs. Carey einen raschen, besorgten Blick zu. »Haben Sie Dr. McKay schon angerufen?«
Die alte Dame stieß ein trockenes Lachen aus.
»Ich bin neunundsiebzig, Angie. Da ist so ein bißchen Taubheit in den Händen doch ganz berechtigt, oder nicht?«
»Ich fahre heute vormittag ohnehin mit Derry zu Dr. McKay«, sagte Angel. »Da kann ich Sie ja gleich abholen und -«
»Unsinn«, unterbrach sie Mrs. Carey entschlossen. »Schenk den Tee ein, Angie. Ein Arzt kann nichts für mich tun, was eine anständige Tasse Tee nicht ebensogut könnte. Setzen Sie sich, Hawk. Sie können das, was Sie da halten, was immer es auch sein mag, dort auf der Anrichte abstellen.«
Angel goß den Tee in die Tassen und reichte den Teller mit Bisquits herum.
»Um noch mal auf den Doktor zurückzukommen«, begann sie mit fester Stimme. »Ich finde wirklich -«
»Ich kann mich noch an einen Vorfall von vor ein paar Jahren erinnern«, unterbrach sie Mrs. Carey in ebenso festem Ton. »Derry kam völlig aufgelöst an, weil du anscheinend in deinem Studio zusammengeklappt warst. Offenbar hattest du dich überarbeitet und warst einfach umgekippt und eingeschlafen. Dr. McKay kam also, hat dich abgehört und abgeklopft, und du hast dich überhaupt nicht gerührt. Er sagte hinterher zu Derry, daß dir nichts fehlt, was eine ordentliche Portion Schlaf nicht kurieren könnte.«
»Das stimmt, aber -«
Mrs. Carey stellte ihre Teetasse mit einer energischen Bewegung hin, die Angel das Wort abschnitt.
»Nun, das einzige, was mir fehlt, ist Jugend«, sagte Mrs. Ca-rey. »An dem Tag, an dem der Doktor die Zeit zurückdrehen kann, an dem Tag werde ich ihn anrufen und ihm sagen, daß ich mich morgens erschöpft fühle.«
Angel seufzte und gab auf.
In diesem Moment klingelte das Telefon.
»Ich geh’ schon«, sagte Angel und lief rasch ins Wohnzimmer.
Mrs. Carey folgte ihr langsam.
Angel nahm ab und wechselte ein paar Worte mit der Person am anderen Ende der Leitung, dann reichte sie den Hörer an Mrs. Carey weiter. Sobald Angel die Küche betrat, fühlte sie Hawks durchdringenden Blick auf sich gerichtet.
»Tust du das oft?« fragte er.
»Ans Telefon gehen?« fragte Angel und setzte sich wieder.
»Bis zur völligen Erschöpfung arbeiten.«
Sie zuckte nachlässig mit den Schultern.
»Nein«, erwiderte sie ruhig.
»Nur dann, wenn dir etwas zu schaffen macht?« fragte Hawk so leise, daß Mrs. Carey ihn nicht hören konnte.
Angel nippte an ihrem Tee.
»Wie lange ist das her?« wollte er wissen.
»Was?«
»Daß du gearbeitet hast, bis du nicht mehr denken und nichts mehr fühlen konntest, bis du zusammengeklappt bist.«
Einen Moment lang überlegte Angel, ob sie die Frage einfach ignorieren sollte. Doch dann kam sie zu dem Schluß, daß es im Grunde egal war. Hawk konnte ja auch einfach Derry fragen.
Außerdem wollte sie es Hawk sagen. Es bereitete ihr ein fast grausames Vergnügen, ihm zu zeigen, wie sehr er sich in ihr geirrt hatte.
»Das war vor etwas mehr als drei Jahren«, erklärte sie und nahm einen Schluck Tee. »In der Nacht, nachdem Carlson mich schließlich davon überzeugt hatte, daß der Mann, den ich liebte, tot war, daß ich jedoch noch lebte und daß ich nichts daran ändern konnte, außer mich zu ihm ins Grab zu legen und auch zu sterben.«
»Aber du hast es nicht getan.«
»Carlson hat es nicht zugelassen.«
Angels Augen
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