Flammender Himmel
heiratete«, sagte er. »Bloß, daß er nicht mein Vater war. Er wußte es damals allerdings nicht. Sie hat’s ihm gesagt, als ich sechs war. Hat einfach einen Zettel an mein Hemd gepinnt, bevor sie sich mit einem Vertreter aus dem Staub machte.«
Sein Lächeln war sardonisch.
»Nette Art«, fügte er hinzu. »Abhauen, dem Mann das Kind aufhalsen und ihm dann auch noch mitteilen, daß es nicht von ihm ist.«
Angel versuchte etwas zu sagen.
Hawk bemerkte es nicht. Seine klaren, trostlosen Augen waren auf die Vergangenheit gerichtet.
»Dad hat mich bei sich behalten«, fuhr er fort. »Hab’ nie rausgefunden, warum eigentlich. Ganz bestimmt nicht aus Liebe. Seine Mutter kam danach zu uns. Liebe war auch von der Seite nicht zu erwarten. Oh, sie waren ganz anständig, das muß ich schon sagen. Haben mich nicht verhungern lassen. Und mich höchstens mal mit einem Gürtel verprügelt, egal, wie besoffen sie waren.«
Angel zuckte zusammen. Sie mußte daran denken, wie Hawk ihr einmal erzählt hatte, daß er das Angelzeug seines Daddy ohne Erlaubnis genommen und dafür eine gehörige Tracht Prügel eingesteckt hatte. Sie dachte damals, er habe einen Scherz gemacht.
Jetzt wußte sie’s besser. Ein nicht gerade tröstlicher Gedanke.
»Ich hatte bereits gelernt, wie man arbeitet, als sich meine Mutter aus dem Staub machte«, fuhr Hawk fort. »Ich kümmerte mich um den Gemüsegarten und die Hühner, trug Zeitungen aus, was auch immer. Das Geld ging natürlich an Daddy, für Kost und Logis.«
»Aber du warst doch noch ein Kind«, sagte Angel, die das alles nicht begreifen konnte.
»Nun, sie gaben mir zu essen. Sachen zum Anziehen. Eine Decke zum Schlafen.«
Hawk zuckte mit den Schultern. Die Armut hatte ihm nicht viel ausgemacht. Nicht geliebt zu werden dafür um so mehr.
»Es war nicht so, daß sie sich auf meine Kosten die Bäuche vollgeschlagen hätten«, sagte er. »Unsere Farm war ein Witz. Zweitausend Hektar Land und nicht genug Wasser, um mehr als vierzig davon zu bewässern. Es ist ganz schön trocken in Westtexas. Verdammt trocken. Das einzige, wofür dieses Land taugt, ist Staub aufwirbeln. In jeder Beziehung. Und darin war ich wahrhaftig nicht schlecht.«
Hawk gab sich einen Ruck und ging zur Beifahrerseite von Angels Wagen. Er öffnete die Tür und setzte sich hinein.
Angel stand reglos da. Dies war eine Seite an Hawk, die sie nie vermutet hätte - seine Vergangenheit, so hart und rauh wie das Land, das er geschildert hatte.
Tausend Fragen gingen ihr durch den Kopf, Fragen, die sie brennend gerne gestellt hätte, denn sie fühlte, daß da noch mehr war, was er ihr nicht erzählt hatte.
Auch andere Jungen sind von ihren Müttern verlassen worden und haben dennoch gelernt, Frauen zu lieben und ihnen zu vertrauen. Carlson zum Beispiel. Seine Kindheit war auch nicht besser als die von Hawk. Was noch schlimmer war, er ist ein Halbblut; er mußte sich seinen Platz in der weißen Gesellschaft hart erkämpfen.
Und doch weiß Carlson, was Liebe ist, kann Liebe geben.
Warum nicht auch Hawk?
Hawk beugte sich über den Fahrersitz und öffnete die Tür, eine stumme Aufforderung an Angel, sich in ihren Wagen zu setzen. Sie schlüpfte hinters Lenkrad. Ihre Hand zitterte leicht, als sie den Schlüssel ins Zündschloß steckte und den Wagen startete. Sie warf Hawk einen raschen Seitenblick zu.
Er bemerkte es nicht, schien sich ihrer Gegenwart überhaupt nicht bewußt zu sein. Sie fragte sich, was er wohl dachte, welche Bruchstücke aus seiner Vergangenheit er wohl gerade betrachtete, welche Tönung sie hatten ... und wie viele scharfe Kanten, wie tief sie in sein Fleisch schnitten.
Aber Angel stellte keine Fragen mehr. Seine Worte von vorhin brannten ihr immer noch auf der Seele, Worte, die minutenlang Licht auf den rätselhaften Mann namens Hawk geworfen hatten. Die Farben, die er ihr dabei gezeigt hatte, waren düster und dennoch auf eigenartige Weise bezwingend - es lag ein geradezu faszinierendes Potential in ihnen.
Schweigend fuhr Angel zu Mrs. Careys Haus. Als sie den Wagen abgestellt hatte, blickte sie Hawk fragend an. Sie hätte ohnehin nicht erwartet, daß er sie begleiten würde, und wußte nun nicht, ob er mit hineinkommen oder lieber im Wagen warten wollte.
Er erwiderte ihren Blick.
»Ich nehme an, wir sind da, wo immer das auch sein mag«, sagte er.
»Mrs. Careys Haus.«
Hawk blickte Angel fragend an.
»Sie hat sich vor einiger Zeit die Hüfte gebrochen«, erklärte
sie. »Deshalb mache ich
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