Flammendes Begehren
braune Wolltunika glatt. »Der Baron ist nicht mit leeren Händen gekommen. Er hat einen Karren voller Wein mitgebracht – Bordeaux, um genau zu sein. Ein erlesener Tropfen, um die bevorstehende Hochzeit und seine neue Braut zu feiern.«
»Wie großzügig!«, brachte Elizabeth mühselig hervor. »Schade nur, dass wir niemals heiraten werden.«
Arthur humpelte auf sie zu und nahm ihre Hände. »Tochter, genau darüber möchte ich mit dir sprechen.«
»Worüber genau?«, hörte sie sich fragen und merkte, wie ihr mit jedem Herzschlag die Farbe mehr und mehr aus dem Gesicht wich.
»Sedgewick hat den Wunsch geäußert, die Hochzeit voranzutreiben.«
So, als spräche er durch eine dichte Wand aus Nebel zu ihr, hörte Elizabeth, wie der Baron mit säuselnder Stimme sagte: »Mein Täubchen, ich kann es kaum erwarten, dich zu meiner Angetrauten zu machen!«
Ihr Vater griff nach ihrer Hand. Sofort wurde sie ein wenig ruhiger. »Es tut mir leid, wenn du auf diese Neuigkeit nicht vorbereitet warst, Elizabeth. Der Baron meinte, wir könnten nur schwer abschätzen, welche Höllenqualen du während deiner Gefangenschaft durchlebt hast, aber er hat mir versprochen, dich mit Güte und Nachsicht zu behandeln. Er wird alles in seiner Macht Stehende tun, damit du die grausamen Erinnerungen abstreifst, und wird dir ein liebender Gemahl sein.«
Elizabeth dröhnten die Ohren. Sie befreite ihre Finger und widerstand nur mit größter Kraftanstrengung dem Drang, den Kopf in den Nacken zu legen und wie am Spieß zu schreien. Sie sah ihrem Vater in die Augen und sagte: »Ich kann den Baron unmöglich heiraten. Ich bin mit Geoffrey verlobt. Das hast du selbst auf Branton Castle verkündet, und Hunderte von Zeugen haben es gehört.«
»Pah, welch eine Farce!« Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Ich bin heilfroh, dass es zu dieser Ehe niemals kommen wird. Früher oder später stirbt de Lanceau an den Verletzungen. Sobald der Allmächtige ihn von den Qualen erlöst hat, bist du frei.« Er lächelte und sah an ihr vorbei. »Frei, um Sedgewick zum Manne zu nehmen.«
Panik befiel Elizabeth. Sie würde niemals den Baron heiraten! »Du verstehst mich nicht.«
Ihr Vater streckte die Hand aus und berührte sie an der Wange. »Es wäre das Beste, wenn du …«
»Ich liebe ihn.«
»Stimmt das?« Arthur lachte und blickte zum Baron, der laut schlürfend von seinem Kelch trank. »Ausgezeichnet! Sedgewick hat mir versichert, dass es dir an nichts fehlen wird.«
»Ich liebe Geoffrey!«
Ihre Worte hallten laut von den Wänden wider.
»Du … liebst …« Arthur stockte der Atem.
Sedgewicks Kinnlade fiel herunter.
Stolz schwang in Elizabeth’ Stimme mit, als sie abermals das Wort ergriff. »Ich schwöre es bei meinem Leben.«
»Ihr liebt den Sohn eines Verräters?«, fragte der Baron angewidert und spie Wein und Brot wieder aus. »Er hat Euch entehrt!«
Elizabeth’ Wangen brannten, doch sie weigerte sich, auch nur einen Zoll nach hinten zu weichen, obwohl er sie anklagend anfunkelte. »Das hat er nicht.«
Der Baron stellte unsanft den Kelch ab. »Wollt Ihr etwa leugnen, dass er Euch Eurer Jungfräulichkeit beraubt hat?«
»Tochter?«, flüsterte Arthur.
Jede Faser ihres Daseins füllte sich mit Liebe für Geoffrey. »Er hat mich nicht gezwungen. Ich habe mich aus freien Stücken zu ihm gelegt.«
»Beim Allmächtigen!« Wut und Entrüstung verzerrten das Gesicht ihres Vaters.
Elizabeth faltete die Hände, um ein Zittern zu unterbinden.
Der Baron klammerte sich an die Rückenlehne des Stuhls, auf dem er gesessen hatte. Im Kontrast zu dem dunklen Eichenholz wirkten seine fetten Finger wie Lilienknospen. »Ihr habt mich hintergangen!«, brüllte er. »Ihr habt die Beine für ihn breit gemacht, als Ihr noch mit
mir
verlobt wart!« Sein Arm fegte über den Tisch. Kelche, Teller und Essen fielen klirrend zu Boden. Jaulend suchte einer der Hunde das Weite. Sedgewick warf ihm einen Stuhl nach, der auf dem Boden zerbarst.
Als er die Tischkante umfasste, tat Elizabeth’ Vater einen hinkenden Schritt auf ihn zu. »Baron!«
Sedgewick richtete sich auf, puterrot im Gesicht. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Mylord.« Sein Kiefer mahlte, und es war ihm anzusehen, welch große Mühe es ihn kostete, sich einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. »Ein Spaziergang wird mir jetzt bestimmt guttun.« Ohne sich noch einmal umzusehen, verließ er die große Halle.
Elizabeth atmete aus. Sie zitterte noch immer am ganzen Körper und dachte
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