Flammendes Begehren
darüber nach, was noch alles passiert wäre, wenn ihr Vater Sedgewick nicht gebremst hätte. In der jetzigen Verfassung wäre dem Baron durchaus ein Mord zuzutrauen.
Sie verbannte den beängstigenden Gedanken in die hinterste Ecke ihres Verstandes. Nein, sie würde nicht mehr an ihn denken! Ihm stand jetzt bestimmt nicht mehr der Sinn danach, seine Pläne bezüglich der Hochzeit zu verfolgen.
»War das dein Ernst, dass du de Lanceau liebst?«, durchbrach ihr Vater die angespannte Stille.
»Ja.«
»
Möchtest
du ihn denn heiraten?«
»Von ganzem Herzen.«
Sein Blick wurde weicher. »Er hat sich dir gegenüber also nicht in irgendeiner Weise … unangebracht benommen? Hat sich nichts zuschulden kommen lassen, weswegen du eines Tages deine Entscheidung bereuen könntest?«
Elizabeth schüttelte den Kopf. »Warum fragst du?«
»Weil es mir schwerfällt, das alles zu glauben.« Er fuhr sich mit steifer Hand über den Nacken. »Veronique …«
»Veronique?«,
entfuhr es Elizabeth mit lauter Stimme.
»Geoffreys Kurtisane hat mich wissen lassen, dass de Lanceau sich gegen deinen Willen mit dir gebettet hat.« Der Mund ihres Vaters verzog sich zu einem matten Lächeln. »Ich habe sie entlohnt, damit sie uns Zutritt zur Burg verschafft.«
»Geoffrey wusste, dass jemand ihn hintergangen hat«, sagte Elizabeth. »Ich bin mir sicher, dass Veronique dir niederträchtige und boshafte Lügen aufgetischt hat.«
»Ich habe keinen Moment an ihren Worten gezweifelt, es klang alles sehr glaubwürdig.«
Elizabeth blickte auf den geborstenen Stuhl, der auf der weingetränkten Streu lag. »Ich kann nicht alle von Geoffreys Handlungen gutheißen«, erklärte sie, noch immer entsetzt über die Brutalität des Barons, »aber ich liebe ihn. Er ist kein schlechter Mensch. Ich werde alles dafür tun, dass er überlebt und mein Gemahl wird.«
»Welche Ironie!« Arthurs Stimme verlor sich. »Ausgerechnet Edouard de Lanceaus Fleisch und Blut erhebt Ansprüche auf meine Tochter, in deren Augen er ein Held ist!«
Elizabeth fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Bitte versuch doch, mich zu verstehen!«
»Das kann ich nicht. Anders als du kann ich de Lanceau nicht vergeben, Tochter. Ich freue mich auf den Tag, an dem du mir die Nachricht seines Todes überbringst.«
Kapitel 19
M it einem müden Stöhnen durchforstete Arthur die Papiere, die auf dem Tisch vor ihm lagen. Während seiner Abwesenheit hatte sich jede Menge Arbeit angehäuft, die in seine Verantwortung fiel.
Er verzog das Gesicht, weil ihm sein Gewissen keine Ruhe ließ. Genau genommen fielen die ungeklärten Angelegenheiten ab sofort in de Lanceaus Verantwortung. Da der neue Burgherr jedoch mit dem Tode rang, musste sich jemand um die ungeklärten Probleme und den reibungslosen Ablauf auf der Burg kümmern, damit es nicht zu einem Aufstand kam, was ihm noch viel größere Kopfschmerzen bereiten würde, als ihn ohnehin schon quälten.
Arthur verzog das Gesicht und massierte sich die hämmernden Schläfen – eine Nachwirkung der feuchtfröhlichen Nacht, die hinter ihm lag und die den Schmerzen in seinem Bein in nichts nachstand. Er empfand es als wahren Segen, dass er die große Halle für sich allein hatte. Nicht einmal die Hunde, die der Länge nach ausgestreckt vor dem Feuer lagen, belästigten ihn am heutigen Tag. Am meisten freute er sich jedoch darüber, dass der Baron sich noch nicht hatte sehen lassen. Gefasst, aber noch immer aufgewühlt hatte Sedgewick das Mittagessen heruntergeschlungen und Arthurs Angebot, eines der Gästezimmer zu beziehen, um nach dem Essen ein Nickerchen zu machen, dankbar angenommen. Arthur hoffte, dass sich durch den Mittagsschlaf die Laune des Barons hob.
Er überflog die erste Beschwerde, die von einem Bauern vorgetragen worden war, dessen Lauch der gefräßigen Sau seines Nachbarn zum Opfer gefallen war. Entnervt warf er den Vorgang zur Seite. Lauch? Schweine? Wie konnte er sich mit so etwas Trivialem abgeben, wo ihm die Offenbarungen seiner Tochter durch den Kopf schwirrten und alles andere in den Hintergrund drängten – ähnlich einem Herbststurm, der verwelktes Laub von der Straße fegte!
Sie liebte Geoffrey de Lanceau.
Fassungslosigkeit und Bedauern lieferten sich einen erbitterten Kampf in Arthurs Herz. Trotz der Ahnung, dass er Veronique nicht über den Weg trauen konnte, hatte er ihren Worten Glauben geschenkt. Sie hatte ihn, den Baron, Aldwin und all die anderen hintergangen. Nur zu gern hatte sie das
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