Flammendes Begehren
Bett.
Doch die Kammerfrau gab nicht auf. Fluchend und keifend wehrte sie sich, setzte Hände und Füße ein, bis die beiden sie bei den Armen zu packen bekamen.
»Pfeift Eure Handlanger zurück, de Lanceau, oder ich schreie so laut ich kann!«, keuchte Mildred.
»Spart Euch den Atem! Ich würde den beiden nur ungern den Befehl erteilen, Euch bewusstlos zu schlagen.«
»Pah, mir jagt Ihr keine Angst ein!« Mildred tat einen tiefen Atemzug.
Geoffrey senkte seine Stimme zu einem bedrohlichen Flüstern. »Schreit nur, aber dann wird Eurer Herrin etwas Furchtbares zustoßen, und das wollt Ihr doch sicherlich nicht, oder?«
Seine Worte zeigten sofortige Wirkung. Mildred atmete langsam aus. »Ihr … Ihr Monster! Ich werde nicht zulassen, dass Ihr Lady Elizabeth etwas antut!«
»Lebend ist sie für mich ohnehin von viel größerem Wert.«
Die Kammerfrau schürzte die Lippen. »Ihr würdet mir doch die unsäglichsten Lügen auftischen, um Euren Willen durchzusetzen, Ihr dickköpfiger, arroganter …«
Geoffrey verließ den Raum. »Bringt sie nach unten!«
*
Mit rasselndem Atem und stolperndem Schritt blieb Elizabeth stehen und hielt sich die Seite. Als sie hinter sich Schritte hörte, fragte sie sich, ob sie vom Gesinde oder von de Lanceaus Handlangern rührten.
Gespenstische Schatten huschten über die kalten schartigen Wände um sie herum. Ihr war, als dröhnte ihr bereits das kehlige, dreckige Lachen der feindlichen Männer in den Ohren, weil sie sie gefangen hatten.
Ein Unhold, der eine Jahresernte vernichtete, würde kein Erbarmen kennen – und schon gar nicht, wenn es um die Tochter seines Erzfeindes ging.
Ein Schrei der Verzweiflung brannte in Elizabeth’ Hals, doch sie schluckte ihn tapfer hinunter. Sie durfte jetzt auf keinen Fall ihrer Furcht zum Opfer fallen. Ihr Vater und sämtliche Bewohner von Wode Castle waren auf sie angewiesen.
Sie durfte nicht zulassen, dass de Lanceau siegte.
Elizabeth zwang sich weiter und bog in einen abzweigenden Gang ein. Hinter dem Qualm der Wandfackeln erkannte sie den Torbogen, hinter dem sich die Treppe verbarg. Erleichterung durchflutete sie wie klares, reines Quellwasser. Sobald sie den inneren Burghof erreichte, würde sie um Hilfe rufen.
Beim Betreten des Treppenaufgangs war nur noch das Flüstern ihres Umhangsaums zu hören, der über den kalten Boden strich. Der Geruch nach feuchtem Stein umfing sie und beschwor eine Flut von Bildern blutrünstiger Dämonen mit langen Fangzähnen in ihr herauf. Sie schüttelte sich und lief weiter in die Dunkelheit hinein, die sich nun wie ein schweres Tuch über sie legte. Die Wandfackeln waren erloschen. Elizabeth biss sich auf die Lippe und tastete vorsichtig nach der Wand. Doch die Steine waren zu glitschig, als dass sie ihr Halt boten. Sie rutschte ab.
Hatte ihr Vater nicht befohlen, dass der Treppenaufgang stets zu beleuchten war?
Elizabeth zögerte kurz und verspürte den Impuls, wieder umzukehren.
Nein, sie musste weiter, musste jetzt an nichts anderes als an die Sicherheit der Burg denken.
Stufe für Stufe tastete sie sich nach unten. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein.
Noch eine Handvoll Stufen, und sie war am Ziel.
Plötzlich vernahm sie ein schlurfendes Geräusch hinter sich.
Ihr gefror das Blut in den Adern. Sie war nicht allein.
Elizabeth hielt den Atem an … wartete … lauschte in die Stille hinein.
Wer immer ihr gefolgt war, gab sich größte Mühe, möglichst leise zu sein, doch sie hatte ihn dennoch gehört.
Im nächsten Augenblick stieß eine Hand gegen ihre Schulter.
Mit einem Schrei auf den Lippen trat Elizabeth die Flucht nach vorn in die Dunkelheit an. Sie hörte, wie ihr Verfolger einen leisen Fluch ausstieß. Plötzlich geriet sie ins Straucheln, verlor das Gleichgewicht. Ehe sie wusste, wir ihr geschah, prallte sie mit Kopf und rechtem Arm gegen die Wand.
Leicht benommen rappelte sie sich auf.
Im selben Moment versuchte ihr Verfolger abermals, sie zu fassen zu bekommen.
Doch Elizabeth gab nicht auf, klammerte sich mit aller Kraft an den Gedanken, dass sie den Innenhof erreichen musste.
Auf einer besonders ausgetretenen Stufe rutschte sie ab und verlor die Kontrolle über ihre Beine. Als sie spürte, dass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte, schrie sie auf.
Mit einem Mal füllte sich der Treppenaufgang mit Licht, und Elizabeth erkannte, dass sie es bis zum Fuße der Treppe geschafft hatte. Ihre Ohren füllten sich mit tiefen Stimmen und klirrenden Waffen. Flink
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