Flammenherz (German Edition)
irgendwelche Fragen zu stellen. Nach einiger Zeit wandte sich Lady Adelise zu Caleb und schürzte die Lippen.
»Was, wenn sie keine Lady ist, sondern nur eine gewöhnliche englische Siùrsach?«
Nun hob ich doch meinen Kopf und sah fragend zu Caleb. Ich hatte keine Ahnung, was eine Siùrsach war, aber ihrem abfälligen Tonfall nach zu urteilen, war es nichts Gutes.
Anstatt mir zu erklären, was dieses Wort bedeutete, wurde sein Gesicht dunkelrot. Mit vor Wut funkelnden Augen fuhr er Adelise an.
»Ihr seid Gast in meinem Haus, also verhaltet Euch dementsprechend und behandelt die Bewohner dieser Burg mit Respekt. Wenn Euch das nicht möglich sein sollte, bin ich gerne bereit, Eure Heimreise zu arrangieren.«
Ich wusste zwar noch immer nicht, was es mit diesem Ausdruck auf sich hatte, aber wenn ich Calebs Reaktion richtig deutete, musste es ein sehr schlimmes Schimpfwort sein.
Ich nahm mir fest vor, ihn danach zu fragen, wenn wir wieder alleine waren, doch jetzt wollte ich nicht weiter darauf eingehen.
Lady Adelise zuckte gelangweilt die Schultern und widmete sich wieder ihrer Mahlzeit. Es hatte den Anschein, als würde sie jetzt endlich Ruhe geben, aber bereits eine Minute später wusste ich, dass dem nicht so war. Sie sah mich einige Augenblicke lang an und beäugte mich von oben bis unten.
»Die Kleidung einer Magd steht Euch ausgezeichnet, so als wäre sie für Euch gemacht.« Ich antwortete nicht, sondern schluckte den Kommentar, der mir auf der Zunge lag hinunter.
Diese dumme Kuh hatte es anscheinend auf mich abgesehen. Vielleicht würde sie aufgeben, wenn ich nicht auf ihre Sticheleien reagierte. Da hatte ich mich jedoch gründlich getäuscht. Dass ich sie einfach schweigend ignorierte, brachte sie jetzt erst so richtig in Fahrt.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr für Eure Unterkunft und Eure Mahlzeiten arbeiten werdet? Sicher wollt Ihr nicht als Schmarotzer gelten?«
Ihre Augen blitzten mich triumphierend an. Im Stillen wünschte ich ihr die Pest an den Hals, doch bevor ich etwas antworten konnte, schlug Caleb mit der flachen Hand auf die Tischplatte.
»Genug jetzt! Ich bin es leid, mir Eure abfälligen Bemerkungen bei Tisch anhören zu müssen. Lady Janet ist Gast auf Trom Castle, genau wie Ihr. «
Mein Herz machte einen Freudensprung und ich war Caleb über alle Maßen dankbar, dass er Partei für mich ergriffen hatte. Ich wollte es mir jedoch nicht nehmen lassen, auch etwas zu sagen.
»Ich scheue mich nicht vor harter Arbeit«, entgegnete ich, noch immer auf meinen Teller konzentriert. Dann hob ich meinen Kopf und sah ihr geradewegs in ihre kalten Augen, die mich herausfordernd anfunkelten.
»Welcher Tätigkeit geht Ihr nach, wenn ich fragen darf? Oder arbeitet Ihr etwa nicht und lebt wie ein Schmarotzer auf Kosten anderer Leute?«
Lady Adelise klappte die Kinnlade nach unten und Caleb verschluckte sich an seinem Wein. Es war nicht zu übersehen, dass er sich stark konzentrieren musste, um nicht lauthals loszulachen.
Ich hatte Adelise mit ihren eigenen Waffen geschlagen und von diesem Moment an hörte ich keinen Ton mehr von ihr. Den restlichen Abend saß sie mit einem so verkniffenen Gesicht am Tisch, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
Nach dem Essen verabschiedete ich mich und eilte auf mein Zimmer, wo ich erneut das Notizbuch hervorzog. Es gab nichts Wichtigeres für mich, als einen Weg zurück in meine Zeit zu finden. Angestrengt las ich Imogens Zeilen. Dann begann ich, zu rechnen.
Ich war im selben Zeitfenster gereist wie Imogen. Im Jahr 1632 reiste sie zurück in ihre Zeit und landete 1983. Seither waren 26 Jahre vergangen. Wenn ich nun diese 26 Jahre zu der Jahreszahl 1632 hinzuzählte, kam ich auf das Jahr 1658, in dem ich mich nun befand.
Beide reisten wir also exakt 351 Jahre zurück in die Vergangenheit. Aber warum genau 351 Jahre? Das ergab keinen Sinn. Eine Weile sinnierte ich darüber nach, ob diese Zahl irgendeine Bedeutung hatte, gab jedoch schnell auf und konzentrierte mich wieder auf das Heft in meiner Hand.
Als ich das Buch etwas genauer inspizierte, fiel mir auf, dass Imogen im hinteren Teil eine fast unleserliche Notiz hinterlassen hatte, die ich nur mit sehr viel Mühe entziffern konnte.
Meiner liebsten Freundin Jarla habe ich mein Geheimnis anvertraut und sie gebeten mich zurück in meine Zeit zu begleiten. Nach langen Überlegungen entschied sie sich dagegen, was mich sehr traurig machte. Ich schrieb eine Kopie des Rituals für sie auf und wir
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