Flammenherz (German Edition)
und verließ dann die Bibliothek.
Diese Gespräche mit ihr taten mir gut und sie gaben mir ein bisschen das Gefühl, auch ein Teil dieser ganzen Familie zu sein.
Ich zog mir einen Sessel an das Fenster und blickte zum Horizont, wo sich die Berge der Highlands in den Himmel erhoben. Das saftige Grün der Wiesen wich langsam einem gräulichen Braun, ein unverkennbares Zeichen, dass der Herbst kurz bevorstand. Die Tage waren zwar noch warm, doch in den Nächten sanken die Temperaturen und es war unangenehm kalt. Es war bereits Ende August und ich fragte mich, wie lange ich noch in diesem Jahrhundert gefangen sein würde.
Laut gähnend wollte ich mich gerade einer neuen Lektüre widmen, als es an der Tür klopfte und Caleb seinen Kopf hereinstreckte.
»Kann ich Euch kurz sprechen?«, fragte er mit einem bezaubernden Lächeln, das zwei tiefe Grübchen auf sein Gesicht zauberte. Ich legte das alte Buch zur Seite und deutete auf den Sessel neben mir.
»Natürlich« Caleb nahm neben mir Platz und sein Blick huschte über das vor mir liegende Buch.
»Ihr interessiert Euch für die Clans der Hebriden?«, fragte er erstaunt.
»Ich versuche nur etwas über mich herauszufinden«, log ich und vermied es dabei, ihn anzusehen. Caleb nickte zustimmend, dann räusperte er sich.
»Ich werde morgen ins Dorf reiten, um einige Dinge zu erledigen und da habe ich mich gefragt, ob Ihr mich begleiten möchtet. Es würde Euch sicher gut tun, endlich einmal etwas anderes zu sehen als diese Burg.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich erwartungsvoll an.
»Nur wir beide, oder kommt sonst noch jemand mit?«, wollte ich wissen. Falls nämlich auch Lady Adelise an diesem Ausflug teilnahm, würde ich dankend ablehnen. Caleb lachte leise und schüttelte belustigt den Kopf.
»Nur wir beide«, antwortete er.
Mein Herzschlag beschleunigte sich und bei der Vorstellung, einen ganzen Tag mit ihm allein zu sein, breitete sich ein wohliges Glücksgefühl in mir aus. Immer wenn ich ihm begegnete, erwachten die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Leben.
Ich sah ihn an, sein bronzefarbenes Haar leuchtete in der Sonne und seine Augen wirkten noch blauer als sonst. Mein Blick fiel auf seine Lippen. Sie waren sinnlich und schienen wie geschaffen zu sein, um leidenschaftlich zu küssen. Völlig in meine ganz eigenen Gedanken versunken, starrte ich wie gebannt auf seinen Mund. Als Caleb sich amüsiert räusperte und somit meinem stummen Schmachten ein Ende bereitete, blinzelte ich erschrocken.
»Ähm, ... ich würde sehr gerne mit ins Dorf kommen«, stammelte ich verlegen und spürte, wie die Röte meinen Hals hinaufkroch.
»Fein, dann reiten wir morgen nach dem Frühstück los«, entschied er zufrieden. Er erhob sich, nickte mir zu und verließ den Raum.
Ich benötigte noch einige Zeit, um mich wieder zu beruhigen. Mir war plötzlich so heiß, dass ich mir mit dem dicken Buch Luft ins Gesicht fächern musste, um mich etwas abzukühlen. Was war nur mit mir los? In Calebs Gegenwart begann ich zu stottern und lief bei der kleinsten Bemerkung rot an. Konnte es möglich sein, dass ich mich verliebt hatte? Ich schüttelte den Kopf und seufzte laut. Blödsinn. Das hat nichts mit Liebe zu tun, sondern die Situation, in der ich mich befand, war schuld daran. Es handelte sich schließlich um eine Art Ausnahmezustand. Ich war in der Vergangenheit gelandet und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Da war es doch nur verständlich, dass ich mich an jeden Strohhalm klammerte, der sich mir bot und in diesem Fall war eben Caleb der Strohhalm.
Ich hatte kaum geschlafen und mich ununterbrochen im Bett hin und her gewälzt. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das vor lauter Vorfreude nicht einschlafen konnte. Himmel, die Aussicht auf einen öden Dorfausflug raubte mir doch tatsächlich den Schlaf. Das sagt doch alles über meinen derzeitigen Gemütszustand aus, dachte ich, während ich mich anzog.
Im Speisesaal angekommen erkannte ich, dass außer mir, nur Lady Adelise anwesend war. Auch sie hatte mich bemerkt, deshalb war es zu spät, unbemerkt den Saal zu verlassen.
»Das hat mir jetzt noch gefehlt«, murmelte ich, schloss die Tür und setzte mich an den großen Tisch.
Wir sprachen kein einziges Wort, saßen nur schweigend über unserem Frühstück und warfen uns giftige Blicke zu. Normalerweise wäre ich sofort wieder gegangen, aber ich hatte Hunger und würde mir sicher nicht von dieser eingebildeten Barbie den Appetit verderben
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