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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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verrückt«, fährt die Frau mit zitternder Stimme fort, ohne auf Anjas Frage einzugehen.
    Die Leitung wird unterbrochen.
    Anja schaut von ihrem Computer auf und erklärt:
    »Der Name dieser Frau ist Flora Hansen, gegen sie liegt eine Anzeige vor.«
    »Und weswegen?«
    Anja zuckt mit ihren rundlichen Schultern:
    »Brittis von der Annahmestelle für Hinweise war es leid … Flora Hansen hat offenbar immer wieder angerufen, falsche Hinweise gegeben und versucht, Geld dafür zu bekommen.«
    »Kommt es häufiger vor, dass sie anruft?«
    »Nein, es geht nur um diesen einen Fall … Ich fand, dass du dir das anhören solltest, bevor du sie an der Strippe hast, denn das wird mit Sicherheit geschehen. Sie hat ganz offensichtlich nicht die Absicht aufzugeben, sie ruft immer wieder an, obwohl sie angezeigt worden ist, und jetzt hat sie sich bis zu meinem Apparat durchtelefoniert.«
    »Was weißt du über sie?«, fragt Joona nachdenklich.
    »Brittis meinte, dass Flora ein hieb- und stichfestes Alibi für den Mordabend hat, da sie mit neun Personen in der Upplandsgatan 42 in Stockholm eine Séance abgehalten hat«, erzählt Anja amüsiert. »Flora bezeichnet sich anscheinend als Medium und behauptet, dass sie Verstorbenen Fragen stellen kann, wenn man sie dafür bezahlt.«
    »Ich fahre hin«, sagt Joona und geht zur Tür.
    »Joona, ich wollte dir damit doch nur sagen, dass die Leute von dem Fall wissen«, sagt Anja mit einem verunsicherten Lächeln. »Früher oder später bekommen wir schon einen Tipp … wenn Vicky Bennet lebt, wird jemand sie sehen.«
    »Ja«, sagt er und knöpft sein Jackett zu.
    Anja will schon lachen, sieht dann aber in Joonas graue Augen und begreift plötzlich, worum es geht.
    »Der Stein«, sagt sie mit leiser Stimme. »Stimmt das mit dem Stein?«
    »Ja«, antwortet er und begegnet ihrem Blick. »Aber nur ich und die beiden Obduzenten wissen bisher, dass der Mörder einen Stein als Tatwaffe benutzt hat.«

98
    IN SCHWEDEN IST ES ZIEMLICH UNGEWÖHNLICH , aber in einigen Fällen hat die Polizei dennoch die Hilfe von Medien und Wahrsagern in Anspruch genommen. Joona ruft sich den Mord an Engla Höglund ins Gedächtnis. Damals engagierte die Polizei ein Medium, das eine ausführliche Personenbeschreibung von zwei Mördern lieferte. Die Beschreibung erwies sich später als völlig falsch.
    Der wahre Täter wurde schließlich gefasst, weil jemand, der eine eben gekaufte Kamera ausprobieren wollte, zufällig das Mädchen und den Wagen des Mörders fotografiert hatte.
    Vor einiger Zeit hatte Joona gelesen, dass in den USA eine unabhängige Untersuchung an dem Medium durchgeführt wurde, das weltweit am häufigsten von der Polizei beauftragt worden war. Der Bericht hält fest, dass die Frau in keinem der einhundertfünfzehn Ermittlungsverfahren, an denen sie beteiligt gewesen war, nützliche Informationen hatte beisteuern können.
    Die kühle Nachmittagssonne ist im abendlichen Schatten versunken, und Joona fröstelt, als er aus dem Auto steigt und zu einem grauen Mietshaus mit Satellitenschüsseln auf den Balkonen geht. Das Schloss der Eingangstür ist aufgebrochen worden, und jemand hat den gesamten Eingangsbereich mit rosa Tags besprüht. Joona nimmt die Treppe in die erste Etage und klingelt an der Tür mit dem Namen Hansen auf dem Briefeinwurf.
    Eine blasse Frau in abgetragenen grauen Kleidern öffnet die Tür und sieht ihn mit scheuen Augen an.
    »Ich heiße Joona Linna.« Er zeigt der Frau seinen Dienstausweis. »Sie haben mehrfach bei der Polizei angerufen …«
    »Entschuldigung«, sagt sie leise und senkt den Blick.
    »Wenn man nichts mitzuteilen hat, soll man nicht anrufen.«
    »Aber ich … ich habe angerufen, weil ich das tote Mädchen gesehen habe«, erwidert sie und begegnet seinem Blick.
    »Darf ich kurz hereinkommen?«
    Sie nickt und führt ihn durch einen dunklen Flur mit abgetretenem PVC-Boden in eine kleine, saubere Küche. Flora setzt sich auf einen der vier Stühle am Tisch und umarmt sich selbst. Joona geht zum Fenster und sieht hinaus. Die Fassade des gegenüberliegenden Hauses wird von Plastikplanen verdeckt. Das Thermometer, das an die Außenseite des Fensterrahmens geschraubt ist, zittert ein wenig im Wind.
    »Ich glaube, dass Miranda zu mir kommt, weil ich ihr bei einer meiner Séancen einen Weg von der anderen Seite herüber geöffnet habe«, setzt Flora an. »Aber ich … ich weiß nicht, was sie will.«
    »Wann war die Séance?«, fragt Joona.
    »Die ist jede

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