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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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zum Schlafzimmer um und nimmt das Hemd vom Stuhl.
    Mit geistesabwesenden Bewegungen zieht er es an, und während er es zuknöpft, geht sein Blick ins Leere.
    Fast hätte er einen logischen Zusammenhang zu fassen bekommen, aber im selben Moment hat sich der Gedanke schon wieder verflüchtigt. Er versucht, zu ihm zurückzukehren, spürt jedoch, dass er ihm nur immer weiter entgleitet.
    Es ging um Vicky, den Schlüsselanhänger und ihre Mutter.
    Er zieht das Jackett an und stellt sich erneut ans Fenster.
    Ging es um etwas, was er gesehen hatte?
    Er blickt wieder zum Karlaplan hinunter, wo ein Bus in den Kreisverkehr biegt und an der Haltestelle bremst, an der Fahrgäste einsteigen. Etwas weiter entfernt steht ein älterer Mann mit einem Rollator und beobachtet lächelnd einen Hund, der rund um einen Papierkorb schnüffelt.
    Eine Frau mit roten Wangen und einer aufgeknöpften Lederjacke läuft zur U-Bahn-Station. Sie scheucht einen Schwarm Tauben auf dem Platz auf. Die Vögel heben ab und fliegen gemeinsam in einem Halbkreis, ehe sie wieder landen.
    Die U-Bahn.
    Es geht um die U-Bahn, denkt Joona und zieht sein Handy aus der Tasche.
    Er ist sich fast sicher, dass er recht hat, muss nur noch ein paar Details überprüfen.
    Schnell blättert er zu einer Nummer, und während es klingelt, geht er in den Flur und zieht seine Schuhe an.
    »Holger Jalmert …«
    »Hier spricht Joona Linna«, sagt er und verlässt die Wohnung.
    »Guten Morgen, guten Morgen, ich habe  …«
    »Ich muss Sie direkt etwas fragen«, unterbricht Joona ihn undschließt die Tür ab. »Sie haben doch die Tasche untersucht, die wir am Damm gefunden haben?«
    Er läuft die Treppen hinunter.
    »Ich habe Fotos gemacht und den Inhalt aufgelistet, ehe die Staatsanwältin anrief und meinte, der Fall sei nicht mehr so wichtig.«
    »Ich darf Ihren Bericht ja nicht lesen«, sagt Joona.
    »Da gab es ohnehin nichts Besonderes«, meint Holger Jalmert und raschelt mit Blättern. »Ich habe sicher das Messer erwähnt, das …«
    »Sie haben von einem Fahrradwerkzeug gesprochen – sind Sie der Sache nachgegangen?«
    Joona gelangt auf die Straße hinaus und eilt den Valhallavägen hinab zu seinem Auto.
    »Ja«, antwortet Holger Jalmert. »Als typischer Nordschwede habe ich dafür natürlich ein bisschen länger gebraucht … Es war kein Werkzeug, sondern ein Schlüssel für die Fahrerkabinen in der U-Bahn …«
    »Hat er früher an einem Schlüsselanhänger gehangen?«
    »Woher zum Teufel soll ich …«
    Plötzlich verstummt Holger Jalmert und betrachtet das Foto in seinem Bericht.
    »Sie haben natürlich recht, die Innenseite der Öse ist blankgewetzt«, sagt er.
    Joona bedankt sich für das Gespräch und ruft Anja an. Er läuft das letzte Stück und denkt daran, dass Elin Frank meinte, Tuula würde allen in ihrer Umgebung hübsche Sachen stehlen. Es ging um Ohrringe, glänzende Stifte, Münzen und Lippenstifthülsen. Tuula machte den schönen Schlüsselanhänger mit der hellblauen Blume los und legte den hässlichen Schlüssel in die Tasche zurück.
    »Ghostbusters«, meldet sich Anja mit schriller und heiterer Stimme.
    »Anja, kannst du mir bitte helfen und mit jemandem sprechen, der für das Stockholmer U-Bahn-System verantwortlich ist«, sagt Joona und fährt los.
    »Ich könnte stattdessen die Geister befragen …«
    »Es eilt«, unterbricht Joona sie.
    »Bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden?«, murmelt sie beleidigt.
    Joona fährt in Richtung Stadion.
    »Weißt du eigentlich, dass alle Waggons der Stockholmer U-Bahn einen Personennamen haben?«, fragt er.
    »Ich habe heute in Rebecka gesessen, sie ist wunderschön und …«
    »Ich glaube nämlich nicht, dass Dennis der Name eines Menschen ist, sondern der eines U-Bahn-Wagens, und ich muss herausfinden, wo sich dieser Wagen im Moment befindet.«

102
    JEDER WAGEN IM U-BAHN-SYSTEM hat natürlich eine eigene Nummer, so wie überall sonst auf der Welt auch, aber seit vielen Jahren haben die Wagen in Stockholm zusätzlich auch einen Personennamen. Es heißt, die Tradition habe 1887 mit den Namen der Pferde begonnen, die damals die Straßenbahnen durch die Stadt zogen.
    Joona ist sich ziemlich sicher, dass der Schlüssel, den Vicky von ihrer Mutter Susie bekommen hat, in das mechanische Schloss passt, das alle U-Bahn-Züge öffnet, der Schlüsselanhänger jedoch auf einen ganz bestimmten Wagen hindeutet. Vielleicht hat die Mutter in einer der Fahrerkabinen des Wagens persönliche Habe verwahrt,

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