Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
zwei von seinen Männern ein Zeichen. Wie unförmige Dämonen huschen sie durch die Dunkelheit. Sie sind beide groß, bewegen sich jedoch fast lautlos. Man hört nichts als den dumpfen, wabernden Widerhall von Halftern, Schutzwesten und schweren Overalls, bis sie an Joonas Seite sind.
Joona hat nicht einmal seine Pistole gezogen, sieht aber, dass die Männer der Eingreiftruppe bereits ihre Finger an die Abzüge der Sturmgewehre gelegt haben.
Durch die Fenster des Wagens lässt sich kaum etwas erkennen.Auf dem Boden liegt eine kleine Lampe. Ihr Licht fällt auf aufgerissene Kartons, leere Flaschen und Plastiktüten.
Zwischen zwei Sitzen liegt von einem Seil zusammengehalten ein großes Bündel.
Das Licht der kleinen Lampe beginnt zu zittern. Der ganze Wagen vibriert schwach. Vielleicht wird irgendwo in der Ferne das Gleis benutzt.
Durch Wände und Decke dringt ein Donnern.
Man hört ein schwaches Wimmern.
Joona zieht vorsichtig seine Pistole.
Weiter hinten im Gang des Wagens gleitet ein Schatten nach hinten. Ein dicklicher Mann in Jeans und schmutzigen Turnschuhen entfernt sich krabbelnd.
Joona führt die erste Patrone in das Patronenlager ein, dreht sich zum Einsatzleiter um, zeigt die Position des Mannes im Wagen an und gibt das Zeichen zum sofortigen Zugriff.
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ES KNALLT KURZ , als die mittlere Tür aufgebrochen wird und in den Schotter fällt und die Eingreiftruppe den U-Bahn-Wagen stürmt.
Fenster zerbersten, und Splitter regnen auf aufgeschlitzte Sitze herab und rasseln zu Boden.
Der Mann im Wagen schreit mit röchelnder Stimme.
Die Gasflasche kippt mit einem dumpfen Geräusch um, und Argon strömt aus, während sie unter den Wagen rollt. Alle Innentüren im Wagen werden mit harten Schlägen aufgebrochen.
Joona steigt über schimmlige Decken, Eierkartons und zertrampelte Zeitungen. In dem Wagen verbreitet sich beißender Gasgeruch.
»Liegen bleiben!«, brüllt jemand.
Die Lichtkegel von zwei Waffenleuchten suchen den Wagen Sektion für Sektion ab, leuchten zwischen Sitze und durch schmutziges Plexiglas.
»Nicht schlagen«, schreit ein Mann aus der anderen Sektion.
»Ruhe!«
Das abgeschlagene Ventil der Gasflasche wird vom Einsatzleiter zugeklebt.
Joona eilt nach vorn, zur Fahrerkabine.
Vicky Bennet und Dante sind nirgendwo zu sehen.
Es stinkt nach Schweiß und verdorbenen Lebensmitteln. Wände und Fenster sind zerkratzt und mit Tags bemalt.
Jemand hat auf dem Fußboden ein gegrilltes Hähnchen in fettigem Papier gegessen und zwischen den Sitzplätzen liegen Bierdosen und Bonbonpapiere.
Auf dem Boden raschelt Zeitungspapier unter seinen Füßen.
Das Licht von außen wird gebrochen, als er die zerbrochenen Fensterscheiben passiert.
Joona geht zur Fahrerkabine, für die der Schlüssel mit dem Namen Dennis bestimmt ist.
Die Tür ist von der Eingreiftruppe aufgebrochen worden, und Joona tritt ein. Der enge Raum ist leer. Die Wände sind voller Kratzer und Gekritzel. Auf dem Armaturenbrett liegen eine Spritze ohne Nadel, rußiges Aluminiumpapier und leere Plastikkapseln. Auf dem schmalen Regalbrett vor den beiden Pedalen stehen eine Packung Kopfschmerztabletten und eine Tube Zahncreme.
Hier versteckte sich Vickys Mutter von Zeit zu Zeit, zu dieser Kabine passte der Schlüssel, den sie vor Jahren ihrer Tochter gab.
Joona sucht weiter und findet festgekeilt in der Federung unter dem Sitz ein rostiges Teppichmesser, Bonbonpapier und ein leeres Gläschen Babykost, in dem Dörrpflaumenpüree gewesen ist.
Durch das Seitenfester sieht er, dass die Eingreiftruppe den Mann in Jeans hinausschleift. Sein Gesicht ist sehr zerfurcht. Seine Augen schauen ängstlich. Er hustet Blut auf seinen Bart und schreit. Seine Arme sind mit Plastikfesseln auf dem Rücken fixiert. Er wird in Bauchlage auf den Schotter gepresst und die Mündung eines Sturmgewehrs auf seinen Hinterkopf gerichtet.
Joona schaut sich in dem engen Raum um. Sein Blick fliegt über Knöpfe und Schalter, das Mikrofon und den Schaltknüppel mit dem lackierten Holzgriff, aber er weiß nicht, wonach er suchen soll. Er sollte in den Wagen mit den Sitzreihen zurückkehren, zwingt sich aber, noch ein wenig länger zu verweilen, den Blick über das Armaturenbrett und den Fahrersitz schweifen zu lassen.
Warum hatten Vicky und ihre Mutter Schlüssel für diese Kabine?
Hier gibt es nichts.
Er richtet sich auf und untersucht die Schrauben, mit denen das Gitter vor der Lüftungsklappe befestigt ist, als sein Blick nach links gleitet und auf
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