Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
vor ihm steht.
Der Mann spürt, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken läuft.
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JOONA SIEHT , dass der kleine Mann versucht, die Pistole auf ihn zu richten, verfolgt seine Bewegung, macht einen Schritt nach vorn und lenkt die Schussrichtung so ab, dass die Waffe fast senkrecht hochzeigt, packt das Handgelenk des Mannes, schlägt die Waffe gegen einen Schweineleib, so dass sie herunterfällt, und durchsticht mit aller Kraft den Handteller des Mannes. Die Klinge dringt zwischen den Rippen des Schweins tief ins Fleisch und der Mann schreit auf.
Joona lässt das Messer los und weicht zurück.
Der kleine Mann atmet heftig, tastet mit den leblosen Fingern seiner Prothese den Griff des Messers ab, gibt dann jedoch auf. Er sitzt fest und erkennt, dass er vollkommen still stehen muss, um den Schmerz ertragen zu können. Die Hand ist hoch über seinem Kopf fixiert. Blut läuft über das Handgelenk in den Ärmel seines Hemds.
Ohne ihm einen Blick zuzuwerfen, hebt Joona die Pistole auf und verlässt den Kühlraum.
Die Luft in der großen Maschinenhalle kommt ihm auf einmal warm vor, als er an der Wand entlang auf die Tür zuläuft, hinter der Tobias mit Dante verschwunden ist. Er kontrolliert hastig die Pistole, sieht, dass zumindest eine Patrone im Lauf ist und wahrscheinlich weitere Patronen im Magazin sind, öffnet die grüne Metalltür und gelangt in eine große Lagerhalle mit Waren auf Paletten und herumstehenden Gabelstaplern.
Durch schmutzige Fensterscheiben unter der Decke fällt Licht herein.
Er hört jemanden röcheln und stöhnen.
Joona erfasst die Richtung, aus der die Geräusche kommen, und rennt zu einem großen Müllcontainer. Kreiselndes Blaulicht fällt durch die Fenster auf den Boden. Er hebt die Pistole und eilt um den Container herum. Der fette Mann mit der Lederweste kniet mit dem Rücken zu Joona auf dem Boden. Er stöhnt schwer, als er Vickys Kopf auf den Boden schlägt. Wenige Meter von den beiden entfernt hat Dante sich zusammengekauert. Er weint verlassen und hell schluchzend.
Ehe sich der Mann aufrichten kann, ist Joona bei ihm. Mit einer Hand packt er unter dem Bart die Kehle des Mannes, reißt ihn hoch und von Vicky fort, bricht ihm mit der Pistole das Schlüsselbein, wirft ihn zurück, lässt den Hals los und tritt ihm so gegen die Brust, dass er durch die Glastür geschleudert wird.
Der dicke Mann fällt in einem glitzernden Regen aus Glassplittern rücklings auf die Straße und bleibt im blauen Licht liegen.
Drei Streifenpolizisten rennen mit gezogenen Waffen herbei und zielen auf den liegenden Mann, der seine Brust abtastet und sich aufzusetzen versucht.
»Joona Linna?«, fragt einer der Polizisten.
Sie starren den großen Kommissar an, der im Rahmen der zersplitterten Glastür steht, von deren oberen Rand immer noch Scherben herabfallen.
»Ich bin hier nur als Beobachter«, sagt Joona.
Er wirft die Glock von sich und fällt neben Vicky auf die Knie. Sie liegt auf dem Rücken und keucht schwer. Ihr Arm ist seltsam angewinkelt. Dante weint nicht mehr und schaut Joona verblüfft an, als dieser tröstend über Vickys Wange streicht und leise sagt, dass es nun vorbei ist. Aus ihrer Nase tropft Blut. Joona hockt neben ihr und hält ihren Kopf ganz still. Sie öffnet ihre Augen nicht und reagiert auch nicht auf seine Worte, obwohl ihre Füße zucken.
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DER MANN, DER DURCH DIE GLASTÜR GESCHLEUDERT WURDE , blieb kurz auf dem Rücken liegen, setzte sich dann auf und versuchte, wegzukriechen, wurde jedoch von zwei Polizisten übermannt, auf den Bauch gedrückt und mit Handschellen gefesselt.
Die ersten Rettungssanitäter vor Ort stabilisierten Vickys Kopf mit einer Halskrause, ehe sie auf eine Trage gehoben wurde.
Joona informierte die Einsatzleitung über die Lage, während zwei Polizeitrupps aus verschiedenen Richtungen das Gebäude betraten.
Im Kühlraum stand ein schweigender und bleicher Mann, dessen rechte Hand mit einem Messer an einem Schweineleib hing. Der Polizist, der ihn fand, rief die Rettungssanitäter und musste sich anschließend von einem Kollegen helfen lassen, um das Messer herausziehen zu können. Die Klinge knirschte über die Rippen des Tiers und kam mit einem schmatzenden Laut frei. Der Mann senkte die Hand, presste sie mit der Prothese an seinen Bauch, taumelte und setzte sich auf den Boden.
Der Mann, der von der selbstgebauten Maschinenpistole in die Brust getroffen wurde, war tot. Der junge Mann, der die Waffe gehalten und krampfhaft abgedrückt
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