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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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freundlich Kontakt aufzunehmen. »Und wie heißt du?«
    Das Mädchen wendet den Blick nicht von dem Fernseher ab. Es läuft die Wiederholung einer Folge der Serie Blue Water High. Der Ton ist laut gedreht, und kühles Licht verbreitet sich im Raum.
    »Kennst du das Märchen von Däumelinchen?«, fragt die Psychologin. »Ich fühle mich oft wie sie. So klein wie ein Daumen … Und wie fühlst du dich?«
    »Wie Jack the Ripper«, antwortet das Mädchen mit seiner hellen Stimme, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden.
    Joona setzt sich in einen Sessel vor dem Fernseher. Eines derMädchen auf der Couch sieht ihn mit großen Augen an, senkt jedoch lächelnd den Blick, als er sie grüßt. Sie ist untersetzt, hat abgekaute Fingernägel und trägt eine Jeans und einen schwarzen Sweater mit der Aufschrift »Razors pain you less than life«. Sie hat blauen Lidschatten aufgetragen und trägt ein glitzerndes Haargummi um das Handgelenk. Das zweite Mädchen scheint älter zu sein und trägt ein aufgeschnittenes T-Shirt mit Pferdemotiv und einen Rosenkranz mit weißen Perlen um den Hals. In ihrer Armbeuge erkennt man Injektionsnarben, und hinter ihrem Kopf liegt als Kissen eine zusammengerollte Militärjacke.
    »Indie?«, fragt die Ältere gedämpft. »Bist du reingegangen und hast geguckt, bevor die Bullen gekommen sind?«
    »Auf Albträume kann ich verzichten«, antwortet das korpulente Mädchen träge.
    »Arme kleine Indie«, ärgert die Ältere sie.
    »Wieso?«
    »Du hast also Angst vor Albträumen, wenn …«
    »Ja, hab ich.«
    »Das ist ja echt so verdammt«, lacht die Ältere, »so total egoistisch …«
    »Halt’s Maul, Caroline«, ruft das rothaarige Mädchen.
    »Miranda ist ermordet worden. Das ist vielleicht ein bisschen schlimmer als …«
    »Ich finde es einfach nur schön, sie los zu sein«, sagt Indie.
    »Du bist total krank«, erwidert Caroline lächelnd.
    »Ach Scheiße, die war doch nicht ganz dicht, die hat mich mit einer Zigarette verbrannt …«
    »Hört auf herumzuzicken«, unterbricht das rothaarige Mädchen sie.
    »… und mich hat sie mit dem Sprungseil geschlagen«, fährt Indie fort.
    »Du bist wirklich eine Zicke«, seufzt Caroline.
    »Aber was soll’s, wenn du dich dann besser fühlst, kann ich es jaruhig sagen«, meint Indie neckisch. »Es ist echt supertraurig, dass die dumme Kuh tot ist, aber ich …«
    Das kleine rothaarige Mädchen hämmert wieder mit dem Kopf gegen die Wand und schließt die Augen. Die Haustür öffnet sich, und die beiden Mädchen, die weggelaufen waren, treten zusammen mit Gunnarsson ein.

18
    JOONA HAT SICH ZURÜCKGELEHNT , sein Gesicht ist ruhig, das dunkle Jackett hat sich geöffnet und fällt in sanften Falten herab, sein muskulöser Körper ist entspannt, aber seine Augen sind grau wie eine eisbedeckte Meeresbucht, während er die hereinkommenden Mädchen beobachtet.
    Die anderen buhen und lachen laut. Lu Chu geht mit übertrieben wackelnden Hüften und macht mit den Fingern das V-Zeichen.
    »Lesbian loser«, ruft Indie.
    »Wir können gerne mal zusammen duschen«, entgegnet Lu Chu.
    Daniel Grim tritt hinter den Ausreißern ein. Es ist unübersehbar, dass er Gunnarsson dazu bewegen will, ihm zuzuhören.
    »Ich möchte ja nur, dass sie bei den Mädchen behutsam vorgehen«, sagt Daniel und senkt die Stimme, ehe er weiterspricht. »Ihre bloße Anwesenheit macht ihnen schon Angst …«
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, erklärt Gunnarsson.
    »Aber das tue ich.«
    »Was?«
    »Ich mache mir Sorgen«, sagt er.
    »Tja, wenn das so ist, dann können Sie mich mal. Gehen Sie mir aus dem Weg und lassen Sie mich meine Arbeit machen.«
    Joona sieht, dass der Therapeut unrasiert ist und sein T-Shirt unter der Jacke verkehrt herum trägt.
    »Ich möchte Ihnen doch nur klarmachen, dass … Für dieseMädchen verkörpert die Polizei nicht unbedingt Sicherheit und Geborgenheit.«
    »Do-och«, scherzt Caroline.
    »Schön, das zu hören«, sagt Daniel Grim, schenkt ihr ein Lächeln und wendet sich anschließend wieder an Gunnarsson. »Aber im Ernst … bei den meisten unserer Schützlinge war die Polizei in der Nähe, als ihr Leben am schlimmsten war.«
    Joona sieht, dass der Therapeut durchaus versteht, wie lästig er in den Augen der Polizei ist, aber trotzdem beschließt, noch eine weitere Frage anzusprechen:
    »Ich habe mit dem Koordinator draußen über die Unterbringung der …«
    »Eins nach dem anderen«, unterbricht Gunnarsson ihn.
    »Aber es ist wichtig,

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