Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
vorbei, auf der sich Vicky verbirgt, und geht langsamer die nächste Treppe hoch, um Daniel in die oberste Etage und fort von dem Mädchen zu locken.
Elin weiß, dass sie nur überleben muss, bis die Polizei kommt, dass sie Daniel bis dahin aufhalten muss, damit er nicht in Vickys Zimmer geht.
Die Treppe hinter ihr knarrt unter Daniels Schritten.
Sie gelangt in das oberste Stockwerk, in dem es fast völlig dunkel ist. Mit schnellen Schritten geht sie zum Kachelofen und nimmt den Feuerhaken aus dem Eisengestell. Die anderen Werkzeuge schlagen klirrend gegeneinander. Elin stellt sich mitten in den Raum und zerschlägt mit einem einzigen Schlag die Deckenlampe. Die große Krone aus Milchglas fällt zu Boden und zersplittert krachend. Scherben schlittern über den Boden, dann ist es still.
Die schweren Schritte auf der Treppe sind das einzige Geräusch.
Elin versteckt sich im Schatten neben einem Bücherregal rechts von der Türöffnung.
Daniel schnauft, als er die letzten Treppenstufen hinaufsteigt. Er hat es nicht eilig, denn er weiß, dass sie aus der obersten Etage nicht fliehen kann.
Elin versucht, möglichst leise zu atmen.
Daniel steht mit der Axt in der Hand auf dem Treppenabsatz, starrt in das dunkle Zimmer hinein und drückt auf den Schalter der Deckenlampe.
Es klickt, aber es passiert nichts. Der Raum bleibt dunkel.
169
ELIN STEHT IN DER DUNKELHEIT VERBORGEN und hält den Feuerhaken mit beiden Händen. Das Adrenalin in ihrem Blut lässt sie zittern, aber zugleich fühlt sie sich seltsam stark.
Daniel atmet sanft und bewegt sich sehr vorsichtig in den Raum hinein.
Sie kann ihn nicht sehen, aber unter seinen Schuhen knirscht Glas.
Plötzlich klickt es und einem elektrischen Surren folgt ein knackender Laut. Licht sickert durch die vielen Schlitze zwischen den Lamellen der Jalousie in den Raum. Daniel steht noch an der Tür und wartet, während die Jalousien langsam hochgleiten und Tageslicht den Raum erhellt.
Sie kann sich nirgendwo verstecken.
Er starrt sie an, und sie weicht, den Feuerhaken auf ihn gerichtet, zurück.
Daniel hält die Axt in der rechten Hand, wirft einen kurzen Blick auf sie und kommt dann näher. Sie schlägt nach ihm, aber er weicht ihr aus. Sie atmet keuchend und richtet erneut den Feuerhaken auf ihn. Ihr Fuß brennt, als sie in eine Glasscherbe tritt, trotzdem lässt sie Daniel nicht aus den Augen.
Die Axt wippt in seiner Hand.
Sie schlägt wieder zu, aber er weicht aus.
Seine Augen ruhen unergründlich auf ihr.
Plötzlich macht er eine schnelle Bewegung mit der Axt. Unerwartet und hart. Die flache Seitenfläche des Blatts trifft denFeuerhaken. Als Metall gegen Metall schlägt, hört man einen dumpfen Ton. Der Feuerhaken erzittert so heftig, dass er ihr aus der Hand geschlagen wird und zu Boden fällt.
Sie kann sich nicht mehr verteidigen, bewegt sich lediglich rückwärts und erkennt gleichsam verblüfft, dass die Sache für sie nicht gut ausgehen wird. Angst durchströmt ihren Körper und macht sie seltsam unbeteiligt, distanziert.
Daniel folgt ihr.
Sie sieht ihm in die Augen, und er begegnet ihrem Blick, aber in seinem Inneren scheint sie nichts auszulösen.
Schließlich steht sie mit dem Rücken zu der großen Fensterfront. Hinter ihr fällt die glatte Betonfassade dreieinhalb Stockwerke zu einem Steinboden mit Gartenmöbeln und Grill ab.
Elins Füße bluten und hinterlassen auf dem hellen Holzfußboden rote, schlurfende Spuren.
Sie kann nicht mehr, steht einfach nur still und denkt, dass sie verhandeln, ihm etwas versprechen, ihn zum Reden bringen sollte.
Daniel atmet schwerer, betrachtet sie einen kurzen Moment, benetzt seine Lippen und geht dann rasch die letzten Schritte auf sie zu, schwingt die Axt und schlägt zu. Instinktiv zieht sie den Kopf weg und die Axt kracht ins Fenster. Sie spürt das dicke Glas hinter ihrem Rücken vibrieren und hört das schneidende Geräusch, als die Scheibe reißt. Daniel hebt erneut die Axt, aber bevor er zuschlagen kann, lehnt Elin sich zurück. Sie presst sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen das große Fenster und spürt, dass es nachgibt. Es kribbelt im Bauch. Umgeben von Glas und glitzernden Splittern fällt sie rückwärts durch die Luft. Elin Frank schließt die Augen und spürt nicht einmal, als sie auf der Erde aufschlägt.
Daniel stützt sich mit einer Hand auf den Fensterrahmen und schaut hinab. Immer noch fallen Glassplitter vom Fensterblech. Tief unter ihm liegt Elin. Überall ist Glas. Von ihrem Kopf läuft
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