Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
Wasser eines Swimmingpools umarmt. Am unteren Rand des Hochglanzfotos steht August 1968.
Die Straße führt abwärts, und das Gewicht der Ladung aus Stabeisen lässt das ganze Gefährt schneller rollen.
Weit voraus sieht man in der Furche zwischen den Bäumen eingrelles blaues Licht im grauen Regen blinken. Ein Streifenwagen blockiert die Fahrbahn.
Pia Abrahamsson spürt, dass ihr Herz schneller und härter schlägt. Sie starrt das Polizeiauto und eine Frau in einem dunkelblauen Pullover an, die mit dem ganzen Arm winkt. Noch ehe der Lastzug zum Stehen gekommen ist, öffnet Pia die Tür. Das Motorengeräusch ist plötzlich sehr laut, und es knirscht unter den Reifen.
Als sie hinuntersteigt und zu der wartenden Polizistin eilt, ist ihr schwindlig.
»Wo ist das Auto?«, fragt die Polizistin.
»Wie bitte? Was sagen Sie?«
Pia Abrahamsson starrt die andere Frau an und versucht, ihrem nassen Gesicht etwas abzulesen, aber ihr ernster Blick verängstigt Pia nur noch mehr. Sie hat das Gefühl, dass ihre Beine jeden Moment nachgeben werden.
»Haben Sie das Auto gesehen, als Sie an ihm vorbeigefahren sind?«, erläutert die Polizistin.
»Vorbeigefahren?«, fragt Pia schwach.
Mads Jensen tritt zu ihnen.
»Wir haben nichts gesehen«, sagt er zu der Polizistin. »Sie müssen die Straßensperre zu spät errichtet haben.«
»Zu spät? Ich habe doch diese Straße genommen, ich bin auf dieser Straße gekommen …«
»Aber wo zum Teufel ist dann das Auto?«, fragt er.
Mirja Zlatnek läuft zum Streifenwagen zurück und nimmt Kontakt zu ihrem Kollegen auf.
»Lasse?«, fragt sie keuchend.
»Ich habe dich gerufen«, sagt er. »Du hast dich nicht gemeldet …«
»Nein, ich war …«
»Ist alles glatt gelaufen?«, fragt er.
»Wo zum Teufel ist das Auto?«, schreit sie beinahe. »Der Lastzug ist hier, aber das Auto ist verschwunden.«
»Es gibt hier keine anderen Straßen«, sagt er.
»Wir müssen eine Fahndung auslösen und die Sechsundachtzig in der anderen Richtung sperren lassen.«
»Ich kümmere mich sofort darum«, sagt er und unterbricht die Verbindung.
Pia Abrahamsson ist zum Streifenwagen gekommen. Die Nässe ist durch ihre Kleider gedrungen. Polizeimeisterin Mirja Zlatnek sitzt auf dem Fahrersitz, die Autotür steht offen.
»Sie haben mir versichert, dass Sie ihn kriegen werden«, sagt Pia.
»Ja, ich …«
»Sie haben es gesagt, ich habe Ihnen geglaubt, als Sie das gesagt haben.«
»Ich weiß, ich verstehe das einfach nicht«, erwidert Mirja. »Das kann doch gar nicht sein, auf diesen Straßen kann man keine zweihundert fahren, es gibt nicht die geringste Chance, dass der Wagen schon über die Brücke gefahren war, bevor Lasse seinen Posten bezog.«
»Aber irgendwo muss er doch sein«, sagt Pia Abrahamsson hart und zieht den Priesterkragen aus ihrem Hemd.
»Warten Sie«, sagt Mirja Zlatnek plötzlich.
Sie kontaktiert die Einsatzzentrale.
»Hier spricht Wagen 321«, sagt sie schnell. »Wir brauchen sofort eine weitere Straßensperre … vor Aspen … Da gibt es eine kleine Straße, wenn man die kennt, kann man von Kävsta aus nach Myckelsjö fahren … Ja, genau … Wer? Gut, dann ist er in acht, höchstens zehn Minuten da …«
Mirja steigt aus dem Wagen und blickt die schnurgerade Straße hinunter, als würde sie immer noch erwarten, dass dort der Toyota auftaucht.
»Mein Junge – ist er verschwunden?«, fragt Pia sie.
»Sie können nirgendwo hin«, antwortet Mirja und ist bemüht, geduldig zu klingen. »Ich verstehe natürlich, dass Sie sich Sorgenmachen, aber wir werden das Auto finden – sie müssen irgendwo abgebogen sein und gehalten haben, aber sie kommen hier nicht weg …«
Sie verstummt, streicht sich den Regen aus der Stirn, atmet tief durch und fährt fort:
»Wir riegeln die letzten Straßen ab und setzen einen Rettungshubschrauber ein …«
Pia öffnet die obersten Knöpfe ihres Hemds und stützt sich mit einer Hand auf die Motorhaube des Streifenwagens. Sie atmet viel zu schwer, versucht, sich zu beruhigen, die Panik schnürt ihr die Brust zu. Sie weiß, dass sie Forderungen stellen sollte, kann aber nicht klar denken, empfindet nur verzweifelte Angst und Verwirrung.
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OBWOHL ES IMMER NOCH IN STRÖMEN GIEßT , fallen zwischen den Bäumen im Wald nur vereinzelt Tropfen auf den Erdboden.
Ein großer weißer Bus, eine mobile Einsatzzentrale, steht zwischen den Gebäuden von Haus Birgitta auf dem Kiesplatz. Der Bus ist mit einer Funkzentrale ausgestattet, und um
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