Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
das …«
Flora errötet heftig, weiß nicht, was sie sagen soll und schaut auf die Uhr.
»Entschuldigen Sie bitte, Sie müssen gehen«, sagt er und nimmt über den Tisch hinweg ihre Hände in seine. »Ich möchte Ihnen nur noch sagen, dass ich weiß, Sie wollen diesen Menschen helfen, und das finde ich wirklich aller Ehren wert.«
Die Berührung lässt Floras Herz schneller schlagen. Bis sie aufbrechen und sich trennen, wagt sie es nicht mehr, seinem Blick zu begegnen.
37
DIE ROTEN HÄUSER von Haus Birgitta sind bei Tageslicht ein idyllischer Anblick. Joona steht neben einer riesigen Hänge-Birke und spricht mit Staatsanwältin Susanne Öst. Regentropfen lösen sich von den Ästen und fallen glitzernd durch die Luft.
»Die Polizei setzt die Befragung der Einwohner von Indal fort«, berichtet die Staatsanwältin. »Jemand ist gegen eine Ampel gefahren, und es liegen eine Menge Glassplitter auf der Erde, aber weiter … nichts.«
»Ich muss noch einmal mit den Mädchen sprechen«, sagt Joona und denkt an die Gewalt, die sich hinter den beschlagenen Fensterscheiben des Hauses abgespielt hat.
»Ich habe gedacht, der Name Dennis würde uns weiterbringen«, sagt Susanne Öst.
Joona denkt an das Isolierzimmer und wird von einer sorgenvollen Ahnung erfasst. Er versucht, sich das gewaltsame Geschehen zu vergegenwärtigen, erahnt jedoch nur Schatten zwischen den Möbeln. Die Menschen sind lichtdurchlässig wie staubiges Glas, fließend und kaum zu erkennen.
Er atmet tief durch, und auf einmal sieht er das Zimmer, in dem Miranda mit den Händen vor ihrem Gesicht liegt, klar und deutlich vor sich. Er sieht die ganze Kraft, die hinter dem verspritzten Blut und den schweren Treffern steht. Er kann jeden Schlag verfolgen und beobachten, wie sich der Winkel nach dem dritten Hieb verändert. Die Lampe beginnt zu pendeln. Mirandas Körper wird von Blut überströmt.
»Aber auf ihrem Körper war kein Blut«, flüstert er.
»Was haben Sie gesagt?«, fragt die Staatsanwältin.
»Ich muss nur kurz einer Sache nachgehen«, antwortet Joona, und im selben Moment öffnet sich die Tür des Hauses, und ein kleiner Mann in dichter Schutzkleidung tritt ins Freie.
Es ist Holger Jalmert, Professor für Kriminaltechnik an der Universität von Umeå. Umständlich nimmt er seinen Mundschutz ab, sein Gesicht ist völlig verschwitzt.
»Ich organisiere eine Vernehmung der Mädchen in einer Stunde im Hotel«, erklärt Susanne Öst.
»Danke«, sagt Joona und geht über den Hof.
Der Professor bleibt vor seinem Kleintransporter stehen, zieht die Schutzkleidung aus, deponiert sie in einem Müllsack und verschließt diesen sorgfältig.
»Die Decke ist verschwunden«, sagt Joona.
»Endlich darf ich Joona Linna kennen lernen«, erwidert der Professor lächelnd und öffnet eine neue Verpackung mit einem Einwegoverall.
»Sind Sie in Mirandas Zimmer gewesen?«
»Ja, damit bin ich fertig.«
»Es gab keine Decke in dem Zimmer.«
Holger hält inne und runzelt die Stirn.
»Stimmt, da haben Sie recht.«
»Vicky muss Mirandas Decke in ihrem eigenen Zimmer im Kleiderschrank oder unter dem Bett versteckt haben«, sagt Joona schroff.
»Ich wollte gerade damit anfangen«, erklärt Holger Jalmert, aber Joona ist schon auf dem Weg zum Haus.
Der Professor sieht ihm nach und denkt, dass die Leute sich erzählen, Joona Linna sei so hartnäckig, dass er den Tatort anstarre, bis er wie ein offenes Buch für ihn sei.
Er lässt die Plastikverpackung fallen, nimmt die Overalls mit und eilt dem Kriminalkommissar hinterher.
Sie ziehen sich um, streifen sich neue Schuhschützer und Latexhandschuhe über, bevor sie die Tür zu Vickys Zimmer öffnen.
»Da liegt anscheinend etwas unter dem Bett«, sagt Joona sachlich.
»Eins nach dem anderen«, murmelt Holger und befestigt den Mundschutz.
Joona wartet im Türrahmen, während der Professor das Zimmer fotografiert und mit Laser vermisst, um anschließend alle Funde in einem dreidimensionalen Koordinatensystem markieren zu können.
Ein Poster von Robert Pattinson mit bleichem Gesicht und dunklen Ringen unter den Augen hängt direkt über den hübschen Bibelmotiven an der Wand, und auf einem Regalbrett steht eine große Schüssel voller weißer Diebstahlsicherungen von H & M.
Joona verfolgt Holger Jalmerts Arbeit, als dieser Stück für Stück den Fußboden mit Spurensicherungsfolie abdeckt, sie mit einem Gummiroller andrückt, sanft abhebt, fotografiert und verpackt. Er bewegt sich langsam von der Tür
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