Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
Verantwortung zu groß sei.
Damals war Jack noch in sie verliebt und war einverstanden, als sie vorschlug, dass sie eine Bereitschaftspflegefamilie für Kinder werden könnten, die in ihren eigenen Familien Probleme hatten und deshalb für eine Weile einen Tapetenwechsel benötigten.
Elin rief das Jugendamt in der Bezirksverwaltung Norrmalm an, und Jack begleitete sie zu einem Treffen mit einer Sachbearbeiterin, die ihnen Fragen zu Wohnsituation, Arbeit, Familienstand und eigenen Kindern stellte.
Einen Monat später wurden sie beide zu eingehenderen Gesprächen in verschiedenen Zimmern eingeladen. Es handelte sich um eine Unmenge von Fragen und aufeinander aufbauenden Fragen nach der so genannten Kälvestensmethode.
Sie erinnert sich bis heute an die Verblüffung der Sozialarbeiterin, als dieser klar wurde, wer Elin Frank war.
Danach dauerte es gerade einmal drei Tage, bis das Telefon klingelte. Die Frau vom Jugendamt erzählte, sie habe da ein Kind, das eine Zeitlang viel Geborgenheit und Ruhe benötige.
»Die Kleine ist sechs und … ich glaube, es könnte eine gute Idee sein … man muss sich natürlich vortasten, aber sobald sie sich eingelebt hat, können wir Ihnen einige Psychologen empfehlen«, erläuterte die Frau.
»Was ist mit ihr passiert?«
»Ihre Mutter ist obdachlos und psychisch krank … die Behörden haben eingegriffen, als man das Mädchen schlafend in einem U-Bahn-Wagen aufgegriffen hat.«
»Aber es geht ihr gut?«
»Sie ist ein bisschen ausgetrocknet, aber der Arzt meint, ansonsten sei sie gesund … Ich habe versucht, mit dem Mädchen zu reden … sie scheint lieb, aber etwas verschlossen zu sein.«
»Wissen Sie, wie sie heißt?«
»Ja … Vicky … sie heißt Vicky Bennet.«
Zum Ende hin erhöht Elin Frank die Geschwindigkeit, das Laufband surrt, ihre Atemzüge werden heftiger, sie verstärkt die Neigung, läuft aufwärts und bremst schließlich ab.
Hinterher macht sie Dehnübungen an der Ballettstange vor dem großen Spiegel, ohne ihrem eigenen Blick zu begegnen. Sie streift die Schuhe ab und verlässt den Raum mit schweren, kribbelnden Beinen. Vor dem Badezimmer zieht sie den schon kalten BH aus, wirft ihn auf den Boden, zieht Hose und Slip herab, steigt heraus und stellt sich unter die Dusche.
Als das heiße Wasser ihren Nacken herabläuft und sich die Muskeln entspannen, kehrt die Angst zurück. Es kommt ihr vor, als säße die Hysterie knapp unter der Oberfläche, direkt unter der Haut. Etwas in ihr will einfach nur laut losbrüllen und nicht mehr aufhören zu weinen. Aber sie sammelt sich und reguliert das Wasser so, dass es eiskalt wird. Sie zwingt sich, stehen zu bleiben und wendet das Gesicht dem Wasserstrahl zu, bis ihre Schläfen vor Kälte schmerzen. Dann erst dreht sie es ab, geht hinaus und trocknet sich ab.
51
ELIN FRANK verlässt ihren begehbaren Kleiderschrank in einem halblangen Samtrock und einem Nylonstringbody aus der letzten Kollektion von Wolford. Die Haut ihrer Arme und Schultern schimmert durch den schwarzen Stoff mit den kleinen, glitzernden Steinen. Das Material ist so filigran, dass sie spezielle Seidenhandschuhe tragen muss, wenn sie den Body anzieht.
Im Lesezimmer sitzt Robert in einem Lammfellsessel und geht Papiere durch, die er in verschiedene Ledermappen legt.
»Was ist das für ein Mädchen, nach dem die Polizei gefragt hat?«
»Niemand«, antwortet Elin.
»Gibt es etwas, worüber wir uns Sorgen machen müssen?«
»Nein.«
Robert Bianchi ist seit sechs Jahren ihr Ratgeber und Assistent. Er ist homosexuell, hat jedoch nie eine feste Beziehung gehabt. Elin glaubt, dass es ihm vor allem darum geht, mit schönen Männern gesehen zu werden. Jack fand, dass sie einen homosexuellen Assistenten einstellen sollte, damit er nicht eifersüchtig auf ihn sein musste. Sie erinnert sich, dass sie damals antwortete, ihr sei es gleich – wenn er nur nicht mit affektierter Stimme spreche.
Sie setzt sich in den zweiten Lesesessel neben ihm, streckt die Beine aus und zeigt ihm ihre hohen Lackschuhe.
»Sie sind wunderbar«, kommentiert er lächelnd.
»Ich habe den Terminplan für den Rest der Woche gesehen«, sagt sie.
»In einer Stunde gibst du den Empfang im Clarion Hotel Sign.«
Ein schwerer Bus auf dem Strandvägen unter ihnen lässt die großen Schiebetüren klappern. Unterschwellig spürt Elin seinen Blick, begegnet ihm jedoch nicht, schiebt nur das kleine Diamantkreuz, das sie an einer Kette trägt, aus der Halsgrube.
»Jack und
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