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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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wahrnimmt. Man gewöhnt sich daran, aber wenn man derart überrascht wird, kann man sich nicht dagegen wehren. Der große Körper des Elchs liegt direkt am Gitter, aber sein Hals ist zwischen einem dicken Ast und einem abgebrochenen Ruder festgekeilt, und der Kopf wird in der starken Strömung heftig hin und her geworfen.
    »Ich habe einen Elch gefunden«, sagt er und zieht sich zurück, entfernt sich von dem toten Tier.
    »Dann hat der Hund darauf reagiert«, sagt Gunnarsson.
    »Soll ich hochkommen?«
    »Suchen Sie noch ein bisschen«, antwortet Joona.
    »Weiter unten oder eher seitlich?«
    »Was ist das da? Geradeaus?«, erkundigt sich Joona.
    »Das sieht wie Stoff aus«, antwortet Hasse Boman.
    »Können Sie dorthin gelangen?«
    Hasse Boman spürt die Milchsäure in Armen und Beinen. Er lässt den Blick langsam über alles schweifen, was sich am Gitter angesammelt hat, und versucht, hinter schwarze Tannenzweige und zwischen Äste zu schauen. Alles bebt. Er denkt, dass er mitdem Honorar für diesen Tauchgang die neue Playstation kaufen wird. Er wird seinen Sohn damit überraschen, wenn er aus dem Trainingscamp zurückkommt.
    »Ein Karton, das ist nur ein Karton …«
    Er versucht die aufgeweichte Wellpappe fortzuschieben. Der Karton reißt in der Mitte ganz sanft. Ein loser Fetzen wird von der Strömung erfasst und an das Gitter gesaugt.
    »Ich kann bald nicht mehr, ich komme jetzt hoch«, sagt er.
    »Was ist das Weiße da?«, fragt Joona.
    »Wo?«
    »Wo Sie jetzt hinsehen, da war etwas«, antwortet Joona. »Ich dachte, ich hätte da etwas zwischen den Blättern gesehen, am Gitter, etwas tiefer.«
    »Vielleicht eine Plastiktüte?«
    »Nein«, widerspricht Joona.
    »Kommen Sie jetzt hoch«, ruft Gunnarsson. »Wir haben einen Elch gefunden, das hat dieser Köter gerochen.«
    »Ein Spürhund kann von einem Kadaver gestört werden, aber nicht so«, sagt Joona. »Ich glaube, dass die Hündin auf etwas anderes reagiert hat.«
    Hasse Boman klettert weiter hinunter und zieht Blätter und kleine, ineinanderhängende Äste fort. Seine Muskeln zittern vor Anstrengung. Die starke Strömung schiebt ihn vor sich her. Er muss mit einem Arm dagegenhalten. Die Sicherheitsleine zittert unablässig.
    »Ich finde hier nichts«, keucht er.
    »Abbrechen«, ruft Gunnarsson.
    »Soll ich abbrechen?«, fragt Hasse Boman.
    »Wenn Sie müssen«, antwortet Joona.
    »Es ist nicht jeder wie Sie«, faucht Gunnarsson ihn an.
    »Was soll ich tun?«, fragt der Taucher. »Ich muss wissen, was ich tun …«
    »Bewegen Sie sich seitlich«, sagt Joona.
    Hasse Boman wird von einem Ast im Nacken getroffen, sucht aber weiter. Er zerrt alte Schilfrohre und Sumpfbinsen fort, von denen die untere Ecke des Gitters bedeckt ist. Es sammeln sich immer wieder neue. Er wühlt schneller und sieht plötzlich etwas Unerwartetes: eine Umhängetasche aus glänzendem, weißem Stoff.
    »Warten Sie! Rühren Sie die Tasche nicht an«, sagt Joona. »Gehen Sie näher heran, und beleuchten Sie sie.«
    »Sehen Sie die Tasche jetzt?«
    »Es könnte Vickys sein. Legen Sie die Tasche vorsichtig in eine Tüte.«

70
    DIE BLANKE OBERFLÄCHE DES FLUSSES bewegt sich schimmernd Richtung Damm. Ein Baumstamm treibt in der Strömung schnell heran. Ein abstehender Ast streift über die Wasseroberfläche. Gunnarsson gelingt es nicht mehr, die Sicherungsleine wegzuziehen, und man hört einen Knall, gefolgt von einem Klatschen, und die digitale Verbindung zum Taucher ist unterbrochen.
    »Wir haben den Kontakt zu ihm verloren«, sagt Joona.
    »Er muss hochkommen.«
    »Ziehen Sie drei Mal an der Leine.«
    »Er reagiert nicht«, sagt Gunnarsson und zieht.
    »Sie müssen ziemlich fest reißen«, sagt Joona.
    Gunnarsson zieht erneut drei Mal an der Leine und bekommt praktisch sofort eine Antwort.
    »Es hat mit zwei Rucken geantwortet«, sagt Gunnarsson.
    »Dann kommt er jetzt hoch.«
    »Die Leine wird schlaff – er ist unterwegs.«
    »Da kommen noch mehr Baumstämme«, ruft Gunnarsson.
    »Er muss schleunigst aus dem Wasser«, erwidert Joona.
    Etwa zehn Baumstämme treiben auf den Damm zu. Sie nähern sich schnell. Gunnarsson klettert über das Geländer, und Joona holt mit seinem gesunden Arm die Sicherungsleine ein.
    »Ich glaube, ich sehe ihn«, ruft Gunnarsson und zeigt auf eine Stelle im Wasser.
    Der blaue Taucheranzug schimmert unter der fließenden Wasseroberfläche wie eine Flagge im Wind.
    Joona reißt sich die Armbinde herunter, hebt den Bootshakenauf und sieht, dass der erste Stamm

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