Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
ihr ins Gesicht. Plötzlich bleibt der Hund stehen und winselt, lehnt sich hinaus, leckt sich die Schnauze, wird unruhig, wendet sich um und dreht sich einmal ängstlich um sich selbst.
»Ist da unten jemand?«, fragt Sara Bengtsson fast lautlos und blickt in das schwarze Wasser hinab.
Der Hund will nicht stehen bleiben, geht weiter, schnüffelt an einem Verteilerschrank, kehrt jedoch winselnd zu der Stelle zurück.
»Was ist los?«, fragt Joona und nähert sich.
»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, sie hat nicht markiert, benimmt sich aber, als wäre …«
Die Hündin bellt, und die Frau geht neben ihr in die Hocke.
»Was ist denn los, Jackie?«, fragt sie zärtlich. »Was ist denn da so merkwürdig?«
Als Sara sie umarmt und sagt, dass sie ein tüchtiges Mädchen ist, wedelt die Hündin mit dem Schwanz. Jackie wimmert und legt sich hin, kratzt sich mit der Pfote hinter dem Ohr und leckt sich die Schnauze.
»Was machst du denn da?«, fragt Sara mit einem überraschten Lächeln.
67
ES VIBRIERT GROLLEND IM DAMM . Wasserdichte Leichensäcke liegen säuberlich zusammengefaltet auf der Plastikwanne mit Signalbojen, mit denen die Position eventueller Funde markiert werden sollen.
»Dann fange ich wohl am besten beim Kraftwerk an und suche den Bereich Planquadrat für Planquadrat ab«, sagt Hasse.
»Nein, wir gehen runter, wo der Hund reagiert hat«, sagt Joona.
»Haben hier jetzt die Damen das Wort?«, fragt Hasse beleidigt.
Tief unter der glatten, strömenden Wasseroberfläche befinden sich die Öffnungen der Überlauftore, und vor ihnen sitzen kräftige Eisengitter, die alles aufhalten, was im Fluss treibt.
Der Taucher testet die Sauerstoffzufuhr aus den Flaschen mit Nitrox 36 auf seinem Rücken. Er schließt das Kabel der Kamera an das Notebook an und setzt anschließend seine Tauchermaske auf. Joona sieht sich selbst auf dem Bildschirm.
»Winken Sie der Kamera zu«, meint Hasse und gleitet ins Wasser.
»Wenn die Strömung zu stark ist, brechen wir ab«, sagt Joona.
»Seien Sie vorsichtig«, ruft Gunnarsson.
»Ich bin daran gewöhnt, in fließenden Gewässern zu tauchen«, erklärt Hasse. »Falls ich aber doch nicht wieder hochkommen sollte, können Sie meinem Jungen ja ausrichten, dass ich wohl besser mitgefahren wäre.«
»Wenn wir hier fertig sind, trinken wir im Hotel Laxen ein Bier«, erwidert Gunnarsson und winkt.
Hasse Boman verschwindet im Wasser, die Oberfläche wallt kurz auf und glättet sich anschließend wieder. Gunnarsson lächelt und schnippt seinen Zigarettenstummel über den Rand. Die Bewegungen des Tauchers sind schemenhaft als eine dunkle, pulsierende Formation zu erkennen. Auf dem Computerbildschirm sieht man nur die raue Betonwand, die im Licht der Kameralampe vorübergleitet. Die schweren Atemzüge des Tauchers rauschen im Lautsprecher.
»Wie tief sind sie jetzt?«, erkundigt sich Joona.
»Erst neun Meter«, antwortet Hasse Boman.
»Ist die Strömung stark?«
»Es kommt mir vor, als würde jemand an meinen Beinen ziehen.«
Joona verfolgt den Abstieg des Tauchers auf dem Computerbildschirm. Die Betonwand gleitet aufwärts. Die Atemzüge klingen schwerer. Manchmal sieht man die Hände des Tauchers auf der Wand. Die blauen Handschuhe leuchten im Licht der Lampe.
»Da ist nichts«, sagt Gunnarsson ungeduldig und geht ein paar gestresste Schritte auf und ab.
»Die Hündin hat etwas gewittert …«
»Sie hat nicht markiert«, unterbricht Gunnarsson ihn mit erhobener Stimme.
»Stimmt, aber sie hat etwas gerochen«, entgegnet Joona hartnäckig.
Er denkt daran, wie die Leichen über den Grund taumelnd immer näher an die starke Strömung in der Flussmitte herangetrieben wurden.
»Siebzehn Meter … die Strömung ist jetzt wirklich verdammt stark«, meldet sich der Taucher blechern.
Gunnarsson lässt die Rettungsleine ins Wasser, die schnell über das Metallgeländer läuft und im Wasser verschwindet.
»Das geht zu schnell«, sagt Joona. »Füllen Sie die Tarierweste.«
Der Taucher beginnt, die Weste mit großen Mengen Luft aus den Flaschen zu füllen. Eigentlich tut er dies sonst nur zum Ausgleichen und beim Aufstieg, aber er weiß, dass Joona recht hat, wegen des vielen Treibguts im Wasser muss er das Tempo drosseln.
»Alles in Ordnung«, berichtet er nach einer Weile.
»Wenn möglich, würde ich Sie bitten, sich das Gitter anzuschauen«, erklärt Joona.
Hasse Boman bewegt sich eine Weile langsamer, ehe die Geschwindigkeit erneut zunimmt. Es kommt ihm vor, als
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