Flammenopfer

wollte seine Wohnung größer wirken lassen. Aber lassen wir das dahingestellt. Die Splitter um das Bett herum stammen nicht von Spiegeln, das waren gekrümmte Glasstücke wie von Flaschen. So viel erkenne ich. Und jetzt ist die Frage: Wer überschüttet sich mit Brandbeschleuniger und legt sich ruhig ins Bett? Es muss eine andere Person da gewesen sein, die ihn niedergeschlagen hat. Sie hat ihn überwältigt und vielleicht gefesselt, übergossen und angezündet. Das müsste die SpuSi rausfinden. Aber daran glaube ich nicht. Weißt du, was ich glaube? Er war ein Trunkenbold.«
    Sternenberg musste lachen.
    » Was denn?«
    » Trunkenbold klingt hübsch.«
    » Heißt das nicht so? Beberrão?«
    » Alkoholiker.«
    » Alcoólico? Nein, nein, ich meine nicht unbedingt süchtig. Siehst du, Leute in so feinen Wohnungen stellen doch nicht alle Flaschen um sich herum, ums Bett herum. Die machen das mit dem Alkoholismus dezenter, selbst wenn sie allein sind. Denk an die vielen Spiegel. Nein, er hat sich einfach betrunken. Vielleicht hat er das oft gemacht, vielleicht auch nicht. Und er hat geraucht oder eine Kerze angehabt. Auf jeden Fall ist es nicht Brandbeschleuniger gewesen, also war es kein Selbstmord und wahrscheinlich auch kein Mord. Allerdings kann es sein, dass Herr Traube so eine Theorie hat.«
    Sternenbergs Handy klingelte. Ohne zu hören, wer dran war, sagte er: » Ich sitze in einem Gartenlokal. Kann ich zurückrufen?«
    Ein Mann am Nebentisch sah ihn strafend über den Rand eines Weizenbiers an.
    » Hier Tarek. Chef, ich wollte dir nur den Stand von Traubes Ermittlungen geben. Oder hast du’s vergessen?«
    Er schaute zu Isabel hinüber, die mit dem Brot in der Essig-Öl-Tunke stippte. » Ja, ganz vergessen. Erzähl.«
    » Das Erste ist: Ich habe seinen Bericht gelesen. Er tappt im Dunkeln. Die einzige heiße Spur, wenn ich das in dem Zusammenhang sagen darf, sind ein paar Flaschen mit einer Substanz. Höchstwahrscheinlich Brandbeschleuniger. Also, würde ich sagen. Der Rest wird noch analysiert. Jarczynski ist Anwalt für Immobilien, das finde ich auch nicht uninteressant. Darüber gehen die Traube-Leute bisher hinweg. Obwohl da ’ne Menge drinsteckt, wenn einer so eine Wohnung hat und dann für Immobilien zuständig ist. Ich sehe mir das morgen näher an. Aber jetzt kommt’s. Bist du noch dran? Also – Traube ist vorhin noch mal zu der Wohnung gefahren.«
    » Und?«
    » Ich konnte nicht beobachten, was er macht. Er ist über ein Nachbarhaus reingegangen und hat sich oben umgesehen. Allein. Zu dem Zeitpunkt war keiner mehr am Tatort. Und sein Bericht war längst im Revier. Für einen, der sonst mit ganzem Gefolge anrauscht, ist das mehr als sonderbar. Er hat nicht den Eindruck gemacht, als würde er normal ermitteln. Hat sich umgesehen, als er wieder rauskam und so. Wenn du mich fragst …«
    » Sonst noch was?«
    » He, mehr kann man ja wohl nicht erwarten. Ich hab ihn zweieinhalb Stunden lang beschattet. Willst du wissen, wie ich an den Bericht rangekommen bin …?«
    » Nein. Wo ist er jetzt?«
    » Zu Hause.«
    » Sehr geheimnisvoll.«
    Tareks Protest schnarrte aus dem Handy. Der Mann am Nachbartisch stellte geräuschvoll sein Weizenbierglas ab und sah nach wie vor mit stechendem Blick herüber. » Du, Tarek, ich muss Schluss machen. Besten Dank. Trink ein kühles Bier, das entspannt!«
    Wieder protestierte das Handy.
    » Klasse Arbeit. Danke dir, Tarek.« Er schaltete ab und steckte das Handy in die Jacke.
    Isabel hatte inzwischen nicht nur ihren Teller mit Brot gereinigt, sondern auch eine weitere Erklärung begonnen. » In dem Haus gibt es Bewohner, die evakuiert werden mussten. Ich würde sie gern morgen befragen. Wenn ich noch einmal mit Brauer spreche, müsste es klappen, ohne dass die anderen etwas davon mitbekommen.«
    » Nein, das ist zu heikel. Die Anwohner kannst du nicht verpflichten, den ermittelnden Beamten nichts von deiner Befragung zu sagen.«
    » Kai, ich finde das übertrieben. Wir sind doch nicht beim Geheimdienst.«
    » Traube hat heimlich die Wohnung untersucht. Als du und Brauer nicht mehr da gewesen seid.«
    » Oh, also ermittelt er tatsächlich an der Polizei vorbei.«
    » Das wissen wir nicht.«
    » Was sollen wir machen?«
    Er sah zu dem Weizenbier hinüber und fragte sich, ob er auch eins bestellen sollte. Dann würde er sofort in den Tiefschlaf fallen. » Es hat keinen Sinn, wenn wir in diesem Fall weiter eigenständig ermitteln. Wir sehen uns aus einigem Abstand an, was Traube