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Flammenopfer

Flammenopfer

Titel: Flammenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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gutes Erlebnis haben wird. In kurzer Zeit müssen sie hier so viel Sicherheit tanken, wie es geht.«
    Sternenberg fühlte sich unbehaglich. » Es ist großartig, was Sie hier machen. Ich war noch nie in einem Kinderheim.«
    » Wir sind ein bisschen anders als andere«, sagte sie.
    » Das glaube ich.«
    » Wir sind anders.«
    Sie standen vor einem Berg verkohlter Holzstreben. Ringsherum waren Eisenstangen eingeschlagen. Die Absperrbänder dazwischen waren abgenommen.
    » Wozu diente dieses Gartenhaus genau?«
    » Unser Ziel ist es, die Kinder vor Erreichen des neunten Lebensjahres in eine Familie zu geben. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass es außerhalb des Heimes eine Welt gibt, mit der sie sich auseinandersetzen müssen. Das Heim gibt ihnen Geborgenheit, aber sie müssen lernen, sich mit etwas Neuem, Fremdem auseinanderzusetzen. Deshalb haben wir das Gartenhaus. Die Kinder, die etwas länger bei uns sind, dürfen zu einem vorgeschriebenen Termin für eine bestimmte Zeit hierherkommen. Ohne Erzieherinnen. Hier haben sie … Hier hatten sie eine Alternativwelt. Die Tische und Stühle waren hier anders als im Haus. Hier gab es anderes Spielzeug und etwas andere Regeln. Und vor allem gab es Tiere. Die Kinder mussten hier mit anderen Lebewesen umgehen. Die Kleinen durften sie anfassen oder streicheln oder ab und zu füttern. Die Größeren konnten eine Patenschaft für ein Tier übernehmen. Das hat mit Projektion und Rollenspiel zu tun. Manche lassen an den Tieren die Aggressionen aus, die sie selbst erfahren haben. Da passen wir auf, das ist selten. Die meisten gehen mit den Tieren so liebevoll um, wie sie selbst behandelt werden möchten. Wir müssen aufpassen, dass sie es nicht übertreiben …«
    Sternenberg sah in den Haufen der schwarzen Ruine. » Das heißt, der Brand ist ein unglaublicher Verlust für die Kinder.«
    Die Frau starrte auf das ehemalige Gartenhaus und schwieg.
    » Wer tut Kindern so was an?«, fragte Kai Sternenberg.
    » Ich glaube, es ist jemand, der nicht versteht, was er anrichtet. Die meisten Menschen verstehen uns nicht. Warum soll uns ausgerechnet ein Brandstifter verstehen?«
    » Dürfen die Kinder jetzt noch hierherkommen und sich den Schaden ansehen?«
    » Wir sind einmal mit den Älteren hergekommen, um ihnen zu zeigen, was passiert ist. Wir mussten ihnen erklären, dass ihre Tiere tot sind. Seitdem haben sie Gartenverbot. Es will jetzt auch kein Kind mehr in den Garten. Das hat leider auch mit dem Anraunzer Ihres Kollegen zu tun.«
    » Wonach hat mein Kollege Ihrer Meinung nach gesucht, als er hier reingestürmt ist und den Zorn der Spurensicherung auf sich zog?«
    » Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich fürchte, mein Job ist mein Job und Ihr Job ist Ihr Job.«
    » Das fürchte ich auch.«
    Die Markiewicz holte Sprotte aus dem Schuppen, schaltete das Licht aus und schloss die Tür. Der Hund stand zwischen ihr und Sternenberg. Von dem Hauseingang kamen drei Kinder. Eines fragte die Erzieherin, ob es gehen dürfe, die beiden anderen hoppelten auf den Hund zu, der den Kopf senkte.
    » Andrea, nehmen Sie die Kinder zurück ins Haus. Der Hund ist nicht angeleint.«
    » Er bleibt stehen, wenn Kinder auf ihn zukommen«, sagte Sternenberg. » Sehen Sie. Und hat nie gebissen.«
    Sie war nicht zufrieden und beobachtete, wie ein Mädchen mit pinkfarbener Trainingshose und einem knappen Unterhemd die Hand nach dem Kopf des Tieres ausstreckte.
    » Sie kann sie ruhig streicheln«, sagte er zur Markiewicz.
    Das Kind wartete nicht, sondern legte seine Hand auf Sprottes Kopf. Der Hund stand wie eine Statue. Er wandte den Kopf erst, als er ein zweites Kind hinter sich hörte. Ein Mädchen mit einem Pagenschnitt, er schätzte sie auf sieben. Das dritte war ein Junge. Er kniete sich seitlich von Sprotte hin, reckte die Hand an ihr Fell und streichelte es so leicht, dass der Hund davon kaum etwas merkte. Sprotte hechelte. Es war auch im Schatten heiß.
    » Soll ich ihn hierlassen?«
    » Wie bitte?«
    Er wandte sich an die grauhaarige Frau und sprach leise. » Ich könnte den Hund hierlassen. Ausnahmsweise, meine ich.«
    » Was meinen Sie mit hierlassen? Soll ich ihn wieder in den Schuppen bringen?«
    » Die Kinder mögen ihn.«
    » Die Kinder mögen alles, was sie streicheln können.«
    » Ich weiß, dass Sie keine Hunde auf dem Grundstück haben wollten.«
    » Es geht nicht ums Prinzip. Es geht darum, dass die Kinder sehr unterschiedlich sind. Jedes einzelne braucht bestimmte Abläufe. Ein Hund bringt

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