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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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Hella her. Als ein Schwarm Spatzen zwitschernd aus der Hecke aufflog, deutete sie einen Bocksprung an und schlenkerte übermütig den Kopf, blieb aber folgsam an Hellas Seite.
    „Danke, das genügt!“, rief Johansen und nickte zufrieden. „In einer Woche kann sie wieder geritten werden. Wie kommen Sie mit dem Lusitano zurecht?“
    Hella führte Melody zurück in den Auslauf. Als sie das Tor schloss, sagte sie: „Fadista fasst Vertrauen zu mir. Wenn er sich in die Enge gedrängt fühlt, verfällt er in Panik. Gestern wäre es meiner Stallhilfe beinahe schlecht ergangen, weil das Mädchen ihn zu sehr bedrängte.“
    „Wie verhält sich die Besitzerin?“
    „Swantje bewegt sich in seiner Nähe zu vage und zu planlos und gibt ihm keine Sicherheit. Das verstärkt sein Misstrauen. Trotzdem will sie ihn unbedingt reiten. Meiner Meinung nach sollte sie damit warten. Ich glaube, er hat ein Problem mit dem Rücken.“
    Ob er sich den Hengst ansehen dürfte, fragte Johansen und fügte lächelnd hinzu: „Kostenlos und unverbindlich. Aus rein privatem Interesse an einem prachtvollen Pferd.“
    „Ich wäre Ihnen sehr dankbar“, sagte Hella erfreut. Gemeinsam gingen sie zum Paddockstall hinüber. Johansen und der Hengst beäugten sich gegenseitig auf zehn Schritte Abstand: der Tierarzt mit prüfendem Kennerblick und der Lusitano aus der gewohnten Statuenhaltung heraus. Hella schilderte Johansen, was ihr in Portugal aufgefallen war.
    „Die Verspannungen, die Sie beschreiben, und die mangelnde Losgelassenheit, all das könnte auf Kissing Spines hindeuten“, meinte Johansen nachdenklich. „Dazu passt auch die Muskelbildung im Rücken, die gesamte Rückenlinie, so weit ich das aus dieser Entfernung beurteilen kann. Das ist natürlich nur ein Verdacht, der sich erst durch Röntgen klären ließe.“
    „Kissing Spines?“, wiederholte Hella erschrocken. „Sie meinen, in der Sattellage berühren sich die Spitzen der Wirbel? Küssen sich, sozusagen?“
    Johansen nickte. „Und quälen das Pferd mit Schmerzen. Aber das bedeutet nicht das Ende als Reitpferd. Es gibt im großen Dressursport nicht wenige Pferde, die trotz Kissing Spines Erfolge haben. Das Reiten kann dem Pferd sogar sehr gut tun, vorausgesetzt, die Wirbelsäule wölbt sich auf, und der Rücken entwickelt die nötige Muskulatur. Es erfordert allerdings eine Portion Sachverstand und reiterliches Geschick.“
    „Dann ist er bei Swantje in den richtigen Händen!“, sagte Hella ein wenig boshaft. „Was schlagen Sie vor?“
    „Für die genaue Diagnose müsste ich ihn ausführlich untersuchen“, erklärte Johansen. „Dafür sollte er psychisch stabiler sein. Geben wir ihm noch einige Tage Zeit, sich einzugewöhnen. Bitte halten Sie die Besitzerin vorerst von allen Reitversuchen ab. Tägliche Longenarbeit täte ihm gut, aber unbedingt mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl. Könnten Sie das übernehmen?“
    Hella stimmte zu. „Danke für Ihr Vertrauen. Ich werde es versuchen.“
    Blitz hatte sich eingefunden. Er rieb seine graue Schnauze an Hellas Knie und begleitete sie und Johansen zurück zum Hof.
    „Ihr Hund, der alte Herr?“, fragte Johansen, als sie seinen Wagen erreichten.
    „Wenn Sie so wollen, ein Erbstück, das ich mit dem Hof übernommen habe“, antwortete Hella.
    Er öffnete die Heckklappe und suchte eine Medikamentenschachtel aus einer Schublade heraus. „Geben Sie ihm davon. Es wird ihn nicht jünger machen, aber ein wenig unterstützen.“
    Hella bedankte sich. „Setzen Sie es auf die Rechnung für Melody.“
    Er winkte ab. „Kleines Gastgeschenk. Übrigens, die Tierärztliche Hochschule in Hannover veranstaltet am Mittwoch einen Informationsabend. Es geht um die Nachversorgung der Lahmheiten beim Pferd. Das müsste Sie interessieren!“
    Erwartungsvoll sah er sie an. Sie ertappte sich dabei, das tiefe Blau seiner Augen mit Philipps Augen zu vergleichen, die, wenn auch heller gefärbt, ebenso eindringlich geschaut hatten. Auch in Größe und Statur – schlank und hoch gewachsen – wären beide Männer sich ähnlich gewesen. Anstatt der Arroganz, hinter der Philipp sich verschanzt hatte, verströmte Johansen eine handfeste Bodenständigkeit.
    Ein Wagen schnurrte auf den Hof; ein lackschwarzer Daimler, der dicht neben Johansens Kombi zum Stehen kam. Der Fahrer drückte die Tür auf und schälte sich, seiner kräftigen und untersetzten Gestalt zum Trotz, mit einer geschmeidigen Drehung aus dem Wagen heraus. In dem steifen schwarzen Anzug

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