Flammenpferd
gelang ein leichtes Lächeln. „Unsichtbar vielleicht, seit er das ganze Jahr über in Australien lebt. Trotzdem ist er für mich ständig präsent. Wenn es ums Geschäft geht, hat er wenig Verständnis für Sentimentalitäten.“
Jette schaltete herunter und fuhr dicht an den Straßenrand heran, um einen Polizeiwagen vorbei zu lassen, der mit Blaulicht und Sirenen heran jagte und die Autoschlange überholte. Nachdenklich fragte sie: „Fadista zu kaufen, das wäre eine solche Sentimentalität?“
Hella nickte. „Eine Sentimentalität ersten Ranges. Schade, dass Fadista keine Segeljacht ist. Damit hätte ich eher eine Chance.“ Betrübt schaute sie an Jettes roter Haarpracht vorbei auf die andere Straßenseite und betrachtete den Eingang zum Bürgergarten, Hamelns kleinem Stadtpark. Davor parkte eine Reihe auswärtiger Reisebusse.
Der Peugeot schnurrte wieder los. Sie schwiegen, bis sie die Stadtgrenze erreichten. Ein zweiter Polizeiwagen mit Blaulicht überholte auf dem Mittelstreifen. Dicht darauf folgte – mit Ohren betäubendem Lärm – ein Löschfahrzeug.
Sofort stand Hella der brennende Heuballen vor Augen. „Wo wollen die wohl hin?“
Jette spürte ihre Beunruhigung. „Das werden wir gleich wissen!“
Sie gab Gas und fuhr deutlich zügiger als die erlaubten siebzig Stundenkilometer, an die sie sich auch sonst nicht hielt, wie Hella vermutete. Trotzdem konnten sie gerade noch erkennen, wie der Feuerwehrwagen zum Schweineberg abbog. Jette ließ die Ausfahrt ins Hameltal unbeachtet und folgte dem Fahrzeug.
„Du findest doch erst Ruhe, wenn du weißt, was los ist“, erklärte sie und steuerte den Wagen in den geschotterten Feldweg, der zum Waldrand hinauf führte; derselbe Weg, den sie mit den Pferden nahmen, wenn sie zum Wald hinauf ritten. Dass er für den öffentlichen Verkehr gesperrt war, ließ Jette in diesem Augenblick unbeachtet. Die Besorgnis der Freundin verwunderte Hella nicht. Falls sich der Brandstifter noch in der Gegend herumtreiben sollte, könnte Jettes geliebter Jackson in Gefahr geraten. Nach der halben Strecke wurde der Weg schlechter. Langsam rumpelte der Peugeot über die ausgewaschenen Fahrrinnen. Von hier aus sah man weder einen Feuerschein, noch stieg Qualm aus dem Wald auf. Doch sie mussten am richtigen Ort sein. Ein Löschwagen kam ihnen entgegen. Jette nutzte die Auffahrt in einen Acker, um ihn passieren zu lassen.
„Vielleicht ein falscher Alarm?“, hoffte Hella.
„Möglich.“
Jette setzte den Wagen zurück auf den Weg und hielt weiter geradeaus auf den Waldrand zu. Hinter dem frühlingsgrünen Laub schimmerte etwas Rotes und im Näherkommen erkannten sie ein parkendes Feuerwehrauto. Jette lenkte den Peugeot an den Feldrand und stellte den Motor aus.
„Lass uns zu Fuß weiter gehen“, schlug sie vor.
Das Fahrzeug war nur wenige Meter in den Wald hinein gefahren worden. Von einem Feuer war auch von hier aus nichts zu entdecken. Ein junger Mann mit Feuerwehrhelm und in Uniform stellte sich Hella und Jette in den Weg.
„Hier können Sie nicht durch!“, erklärte er energisch. Unerwartet begann er zu lächeln. „Sie sind es, Frau Reincke! Erinnern Sie sich an mich? Ich war dabei, als es auf Ihrem Hof gebrannt hat. Das mit Ihrem Hund war so schlimm ... Ich hab einen jungen Schäferhund, wissen Sie.“
Hella gab das Lächeln gern zurück. Der junge Mann hatte tatsächlich sehr betroffen gewirkt, als er sie zu Blitz begleitet hatte, und sie trotz der Umstände zu der Frage bewegt, ob er der richtige Mann für die Feuerwehr war. Fünfzig Schritte weiter war das zweite Löschfahrzeug zu erkennen. Dicht dabei parkten mehrere Polizeiwagen und zivile Autos. Menschen in Uniformen oder Regenjacken eilten geschäftig umher. Hella fragte den Jungen, was dort im Wald geschehen wäre, und er gab bereitwillig Auskunft. Der Brand wäre schnell gelöscht gewesen, berichtete er und fügte einige fachliche Details an. Ein brennendes Auto, erklärte er sachlich. Stockend erzählte er weiter. Ein Mensch wäre in dem Wagen gewesen. Ein verbrannter Mensch. Ein Mann. Vielleicht. Hella bekam eine Ahnung, warum ihn die Kollegen abgestellt hatten, den Weg zu bewachen.
Jette schluckte. „Ein Unfall? Wie kann man hier so verunglücken, dass der Wagen in Brand gerät?“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Kein Unfall! Der Wagen steht mitten auf dem Weg. Keine Beule, nichts. Er stand einfach da und brannte.“
„War es Brandstiftung?“, fragte Hella erschrocken. „Was für ein
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