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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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diagonal durch den Raum und an den Fenstern entlang standen die Geräte aus grauschwarzem Stahl. An einigen wanderten langsam Gewichte nach unten und oben - bedient von mehr oder weniger grimmig dreinschauenden Trainingskandidaten. Es war ziemlich voll - anscheinend verbanden viele den Besuch auf dem Markt mit körperlicher Ertüchtigung. Ich war erstaunt, wie spartanisch der Saal wirkte. Das hatte nichts zu tun mit den Schickimicki-Muckibuden, die man sonst zu sehen bekam. Es gab keine Bar, und es war auch keine Musik zu hören. Statt dessen hallte das schleifende Geräusch der auf- und abfahrenden Gewichte durch den Raum.
    Die Rezeption befand sich gleich am Eingang. Sie bestand aus einem Viereck von Theken, das sich an die Fensterfront schmiegte. Auf dem vorderen Teil der Theke lag ein flacher Kalender im Querformat. Ich sah eine Reihe von Bleistifteintragungen, die allerdings auf dem Kopf standen. Daneben lag ein Stapel Flugblätter mit der dicken Überschrift »Kostenloses Probetraining«.
    Aus der Tiefe des Raumes löste sich ein junger Mann in blauer Hose und weißem T-Shirt, der zielstrebig auf uns zukam.
    »Übernimm du den Kalender«, flüsterte Jutta. »Die Karteikarten sind hinten in der Theke.« Sie begann ein wenig umherzuschlendern, als wäre sie mit mir hierhergekommen und würde sich langweilen.
    »Guten Tag«, sagte der Mann, als er an der Theke angekommen war. »Ihre Karte bitte.«
    »Äh, ich bin noch nicht Mitglied«, sagte ich. »Aber mich würde das hier interessieren.« Ich tippte auf die Flugblätter.
    »Ein kostenloses Probetraining. Kein Problem. Wann haben Sie Zeit?« Er lächelte, und hinter ihm sah ich, wie Jutta scheinbar völlig absichtslos an der Theke vorbeiging.
    »Lassen Sie mich mal sehen«, sagte ich, zerstreut auf den Kalender blickend, der zwischen ihm und mir auf der Theke lag. Ich tippte darauf und versuchte, die handschriftlichen Eintragungen zu entziffern. »Welchen Tag haben wir heute?« überlegte ich, als sei ich Manager oder so was und hätte so viel zu tun, daß es mir nicht gelang, den Wochenverlauf im Auge zu behalten.
    »Samstag«, sagte der Mann freundlich, nahm den Kalender und schlug das Blatt um, bevor ich etwas erkennen konnte. »Heute und morgen klappt es sowieso nicht mehr. Erst wieder … hm, Dienstag zum Beispiel.«
    »Dienstag ist gut«, behauptete ich.
    »Vormittags, nachmittags?«
    Ich sah aus den Augenwinkeln Jutta, die genau an der Stelle stand, wo das Thekenviereck auf die Fensterbank traf. Sie machte sich dort zu schaffen, und ich hoffte das beste.
    »Sagen wir nachmittags. Oder vielleicht abends?«
    »Tja.« Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Das ist der erste Mai. Feiertag. Da haben wir nur bis achtzehn Uhr geöffnet. Sie können aber den letzten Termin haben. Sagen wir sechzehn Uhr dreißig?«
    »Gut. Wie lange haben Sie denn sonst geöffnet?«
    »Bis halb zehn«, sagte er und zückte einen Bleistift. »Wie ist Ihr Name?«
    »Rott«, sagte ich, und Jutta kam langsam wieder zurückspaziert. Der Mann schrieb etwas auf den Kalender und drehte sich zu Jutta.
    »Gehören Sie zusammen?« fragte er, und sein Lächeln wurde breiter -wahrscheinlich, weil sich selten jemand mit einem Blumenstrauß in der Hand hierher verirrte. »Möchten Sie vielleicht auch ein bißchen trainieren?«
    »Der Herr hier hat es am Rücken«, sagte Jutta grinsend. »Nicht ich.«
    Wir verabschiedeten uns und gingen zu Fuß das Treppenhaus hinunter. Wieder umspülte uns Musik von irgendwoher.
    »Die sehen mich nie wieder«, sagte ich. »Obwohl es da drin ja ganz nett zugeht - im Vergleich zum Sportunterricht, den ich in der Schule erlebt habe, meine ich. Und - was ist nun?«
    »Dasselbe könnte ich dich fragen. Konntest du in diesem Kalender was lesen?«
    »Der Typ hat ihn sofort zur nächsten Woche umgeschlagen, was hätte ich da tun sollen?«
    »Na, dann kannst du ja froh sein, daß du eine so tüchtige Assistentin hast«, sagte sie. Als wir über den Parkplatz gingen, zog sie etwas Gelbes hervor. Es war eine zusammengefaltete Karteikarte mit vorgedruckter Tabelle. Sie sah aus wie ein Stundenplan. Ganz oben war handschriftlich der Name Angelika Hommerich eingetragen. Darunter standen zwei Reihen mit Trainingsstunden; sie waren sauber mit Zahlen ausgefüllt - beginnend mit dem Datum.
    »Siebenundzwanzigster Vierter«, las ich. »Gestern. Dann habe ich hinter dem Fenster wohl tatsächlich einen Geist gesehen. Aber das kriege ich raus. Spätestens heute abend werden wir es

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